Schenkung Ingrid Baumann-Ebner
Stadt Oberkirch um neun Werke reicher
Oberkirch (st) Das Stadtarchiv sammelt Kunstwerke, vorwiegend von heimischen Künstlern. Es gibt bereits einen beachtlichen und wertvollen Bestand. Vor wenigen Tagen wurde diese Sammlung um neun Werke reicher. Im Beisein von Oberbürgermeister Gregor Bühler, Stadtarchivarin Dr. Irmgard Schwanke und Hermann Josef Müller schenkte die in Oberkirch aufgewachsene Ingrid Baumann-Ebner der Stadt acht Werke des Oberkircher Künstlers Leo Kohle und eines von Toni Bach. Ingrid Ebner war eines von vier Kindern des Arztes Dr. Otto Ebner, der bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in der Renchener Straße 1 seine Praxis hatte. Mit der großzügigen Schenkung leistet sie einen wertvollen Beitrag zum Erhalt des künstlerischen Erbes Oberkirchs.
Verbundenheit zur Heimatstadt
"Ich freue mich sehr, dass die Werke in Oberkirch bleiben", sagte Ingrid Baumann-Ebner erfreut, als sie gemeinsam mit ihrem Stiefsohn Christian Baumann zur Unterzeichnung des Schenkungsvertrages in das Oberkircher Rathaus kam. Der gebürtigen Oberkircherin liegt sehr daran, ihre Verbundenheit zu ihrer Heimatstadt mit der Schenkung zum Ausdruck zu bringen. Ihre Kindheit verbrachte sie in Oberkirch. Nach dem Besuch der Realschule in Oberkirch wechselte sie auf das Mädchengymnasium des Klosters Unserer Lieben Frau nach Offenburg. Ihr Vater fiel leider im Krieg. Die Familie gab ihre Wohnung in Oberkirch auf und zog zu den Großeltern nach Appenweier. Im Beisein von Oberbürgermeister Gregor Bühler, Stadtarchivarin Dr. Irmgard Schwanke und Hermann Josef Müller erzählte Frau Baumann-Ebner, dass die Werke von Leo Kohle und Toni Bach von ihrem Mann erworben wurden. Der Laubholzfachmann und Sägewerksbesitzer Klaus Baumann hatte als 18-jähriger Soldat die Schrecken des Zweiten Weltkrieges und dessen Ende in der Normandie erlebt. Zu den Werken Leo Kohles, von denen viele den herben Zauber der Normandie zeigen, fühlte sich Baumann hingezogen. Er kaufte Normandie-Bilder und etliche Werke von Oberkirch und der Umgebung.
Zwei Ölgemälde, ein Aquarell und ein Öltempera gingen nun direkt in den Besitz der Stadt Oberkirch über. Nach dem Tod von Ingrid Baumann-Ebner werden vier weitere Werke Kohles sowie ein Gemälde des Künstlers Toni Bach an die Stadt Oberkirch übergeben. Im Namen der Stadt Oberkirch bedankte sich Oberbürgermeister Bühler herzlich bei Frau Baumann-Ebner für die großzügige Schenkung. Sein ganz besonderer Dank galt dem früheren Hauptamtsleiter der Stadt Oberkirch Hermann Josef Müller, der den Kontakt zu Frau Baumann herstellte, sowie dem Oberkircher Künstler Manfred Grommelt für die unterstützende Begleitung.
„Schaffenden Künstler im Renchtal“
„Die Gemälde sind von großem ideellem Wert für Oberkirch“, betont Stadtarchivarin Dr. Irmgard Schwanke. Sowohl Leo Kohle als auch Toni Bach waren im Februar 1946 Gründungsmitglieder der Vereinigung „Schaffende Künstler im Renchtal“, eine der ersten organisierten Künstlergruppen im Nachkriegsdeutschland. Gemeinsam mit Albert Jogerst, Georg A. Mathéy, Paul Siebert und Franz Huber machten sie es sich zur Aufgabe als „eine Gruppe von Malern und Bildhauern, die das gleiche künstlerische Ideal vor Augen hatten“ zur Aufgabe, zu zeigen, dass ihre „Kunst trotz der Fesseln des Nationalsozialismus immer lebendig geblieben ist“. Das 75-jährige Jubiläum der „Schaffenden Künstler im Renchtal” wurde 2021 mit einer Ausstellung im Alten Rathaus gewürdigt.
Hintergrund Leo Kohle
Leo Kohle wurde 1904 in Karlsruhe in eine religiös-konservative Familie geboren. Er absolvierte das Lehrerseminar und studierte an der Badischen Landeskunstschule - der heutigen Staatlichen Akademie der Künste Karlsruhe - bei Ernst Würtenberger und Hans Adolf Bühler. Ende der 1920er Jahre stellte er bei ersten Gruppenausstellungen im Badischen Kunstverein und in der Mannheimer Kunsthalle aus. 1931 kam Leo Kohle als Lehrer an die Oberkircher Volksschule und lernte Magdalena Rösch kennen, deren Eltern die gegenüber der Schule liegende Stuhlfabrik gehörte. 1933 heirateten die beiden. Im Jahr darauf wechselte Leo Kohle an die Oberkircher Realschule, aus der später das Progymnasium und heutige Hans-Furler-Gymnasium hervorging. Dort war er - unterbrochen durch den Krieg - bis zu seiner Pensionierung als Kunsterzieher tätig. 1942 wurde Leo Kohle zur Wehrmacht eingezogen. Bei Kriegsende geriet Leo Kohle zunächst in amerikanische Gefangenschaft und landete schließlich in einem der berüchtigten französischen Rheinwiesenlager. Zurück in Oberkirch engagierte er sich nicht nur als Pädagoge und Künstler, sondern er war auch Obmann für die katholische Baugenossenschaft "Neue Heimat" und betätigte sich im katholischen Stiftungsrat. Leo Kohle starb 1994 kurz nach seinem 90. Geburtstag.
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