Stadtverwaltung und Bürger im Austausch
Mobilität im ländlichen Raum

Eindrücklich wurden die unterschiedlichen Bremswege beim Nachhaltigkeitstag 2021 verdeutlicht. Die Reduzierung der Fahrzeuggeschwindigkeit von 50 auf 30 Stundenkilometer führt zu einer deutlichen Reduzierung des Bremswegs und damit zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit.  | Foto: privat
  • Eindrücklich wurden die unterschiedlichen Bremswege beim Nachhaltigkeitstag 2021 verdeutlicht. Die Reduzierung der Fahrzeuggeschwindigkeit von 50 auf 30 Stundenkilometer führt zu einer deutlichen Reduzierung des Bremswegs und damit zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit.
  • Foto: privat
  • hochgeladen von Matthias Kerber

Oberkirch (st). Stadt im Gespräch mit lokalen Akteuren. Virtueller Austausch über Ergebnisse der Wunschzettelaktion am Nachhaltigkeitstag 2021. Ergebnisse finden Eingang in „Oberkircher Mobilitätsgespräche“ und das künftige kommunale Mobilitätskonzept.

„Ich möchte mich bei allen beteiligten Akteuren des Nachhaltigkeitstags für ihr Engagement bedanken“, hob Bürgermeister Christoph Lipps zu Beginn des digitalen Dialogs hervor. Zu dem virtuellen Austausch hatten sich Meinrad Heinrich, BUND-Renchtal; Udo Woelki und Dorothee Eggert, beide PAuLA e. V. sowie Christian Jakob von „Oberkirch mobil“ gemeinsam mit Bürgermeister Lipps und Matthias Kaufhold, Leiter des Sachgebiets „Bauverwaltung/Stadtplanung“, zusammengefunden. Der Mitte September stattgefundene Nachhaltigkeitstag war ein voller Erfolg. Das abwechslungsreiche Programm und Informationsstände rund um das Thema Mobilitätswende habe großen Anklang gefunden. Im Rahmen des Nachhaltigkeitstags fand an den Informationsständen von PAuLA e. V., BUND-Renchtal und „Oberkirch mobil“ auch eine sogenannte Wunschzettelaktion statt. Bürger konnten dabei ihre Anregungen und Anliegen an Stadtverwaltung und Kommunalpolitik formulieren. 129 Personen nutzten die Gelegenheit und nahmen an der Wunschzettelaktion teil. „Die dabei geäußerten Meinungsbilder werden von Seiten der Stadtverwaltung ernstgenommen und werden auf ihre Umsetzbarkeit hin geprüft“, betonte Bürgermeister Lipps in der Runde. Aber er bat um Verständnis für eine differenzierte Betrachtungsweise. „Bei welchen Anregungen bestehen Gestaltungsspielräume und bei welchen kann eine Umsetzung unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht erfolgen?“ Er versicherte aber den Teilnehmern des virtuellen Austausches, dass die auf den Wunschzetteln genannten Punkte Eingang in die Oberkircher Mobilitätsgespräche finden sollen und zusammen mit den Ergebnissen dieser Gespräche in den politischen Gremien der Stadt beraten werden. „Dabei wird es auch um eine Priorisierung der Maßnahmen für das Mobilitätskonzept der Stadt Oberkirch in zeitlicher, finanzieller und personeller Hinsicht gehen.“

Ergebnisse im Detail

Im Mittelpunkt der Wunschzettelaktion standen Fragen nach guten Bedingungen für Fahrradfahrer im Stadtbereich und nach einem Tempolimit auch in den Straßen im Stadtgebiet, auf denen bisher noch nicht Tempo 30 gilt beziehungsweise keine streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzung angeordnet ist.

Eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 wünschen sich 91 Personen (70 Prozent der Umfrageteilnehmer). Die Einrichtung von freiwilligen Tempo 40-Zonen wird von 17 Personen (13 Prozent) favorisiert. „Die flächendeckende Einrichtung von Tempo 30 ist aufgrund der aktuell geltenden Rechtslage noch nicht möglich“, erläuterte der Bürgermeister den rechtlichen Kontext. Die von der Verwaltung organisierte Verkehrsschau mit Experten der Verwaltung und der Polizei befasst sich regelmäßig mit dem Thema Geschwindigkeitsreduzierungen. „Dort, wo es rechtlich möglich ist, wurde Tempo 30 bereits in der Gesamtstadt von der Straßenverkehrsbehörde umgesetzt“, unterstrich Lipps. Er gab auch den Hinweis auf die aktuelle bundesweite Gesetzesinitiative zur Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen zur Einführung von Tempo 30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit für die Kommunen in den Bereichen, wo es für notwendig und sinnvoll erachtet wird. Damit könnte für ganze Straßenzüge oder gar auch stadtweit Tempo 30 eingeführt werden. „Die Einführung von freiwillig Tempo 40 haben wir auf der Agenda“, berichtete der Bürgermeister den Organisatoren der Umfrage. Die Verkehrsschau habe vergangenes Jahr die Prüfung zur Einführung im Stadtgebiet angeregt. „Dazu werden Erfahrungen aus anderen Städten nun abgefragt und eine entsprechende Konzeption erstellt.“

Stadt nimmt Wünsche auf

Breitere, deutlich farbig markierte Radwege im Bereich von einmündenden Straßen wünschen sich 105 Personen (81 Prozent). Ebenfalls hohe Priorität genießt die Sicherheit von Radfahrern bei der Stadtverwaltung. „Die verkehrssichere Führung von Radfahrern wird unterstützt“, erläuterte eingehend Bürgermeister Lipps. Markierungen und Beschilderungen sind jedoch als verkehrsrechtliche Anordnungen stets für den jeweiligen Standort einzeln zu prüfen. Eine allgemeine Regelung sei nicht möglich. „Konkrete Stellen können dazu in den regelmäßig stattfindenden Radverkehrsschauen behandelt werden.“

Ein weiteres Ergebnis der Befragung ist, dass für Fahrräder mehr sichere Abstellmöglichkeiten gewünscht werden. Abschließbare Radboxen am Bahnhof in Oberkirch, die Einrichtung von wettergeschützten Fahrradabstellplätzen an allen Schulen und weitere Fahrradbügel im Bereich der Fußgängerzone stehen dabei weit oben auf der Wunschliste. „Im Doppelhaushalt 2022/23 stehen jährlich 20.000 Euro für den Bau von Radabstellanlagen aller Art bereit“, verdeutlicht Matthias Kaufhold. Wo und welche Abstellmöglichkeiten geschaffen werden, soll im Austausch mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern geschehen, sicherte Kaufhold zu.

Weitere Anregungen der Teilnehmer bezogen sich auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Mehr Zug- und Busverbindungen, eine Ringbus-Fahrkarte für einen Euro oder barrierefreie Zugänge für Bus und Bahn wurden beispielsweise genannt. „Auch die Verbesserung des ÖPNV-Angebots wird von der Stadtverwaltung angestrebt.“ Das Angebot im Regionalverkehr wird durch den stetig fortgeschriebenen Nahverkehrsplan des Landkreises als Aufgabenträger weiterentwickelt. „Die Stadt Oberkirch beteiligt sich aktiv an dieser Fortschreibung.“ Das Angebot auf den Ringbuslinien wird von der Stadt Oberkirch konzipiert. „Die Einführung eines sogenannten "Einer-Tickets" ist seit August 2021 tarifrechtlich möglich, jedoch müssen für Oberkirch der damit verbundene Nutzen und die zusätzlichen Kosten noch ermittelt werden.“ Der barrierefreie Umbau von Bushaltestellen wird bereits kontinuierlich umgesetzt. Die Bahnhaltestellen liegen aber außerhalb der Zuständigkeit der Stadt.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Mit Tempo 30 Zonen in fast allen Wohngebieten, der Einrichtung der Fußgängerzone in der Kernstadt, dem neuen Carsharing-Angebot und dem Ringbus-Netz liegen aus Sicht der Teilnehmer der Wunschzettelaktion bereits viele richtige Ansätze für eine lokale Mobilitätswende in Oberkirch vor. Wichtig sei den Befragten eine künftige Verkehrs- und Stadtentwicklung in der Großen Kreisstadt, bei der die Menschen und nicht das Auto im Fokus stehe. Sie wünschen sich daher weniger Autos und mehr Platz für Menschen, mehr Lebensqualität durch ein Tempolimit in der gesamten Stadt, weniger Straßenlärm, sicherere Radwege für sich und ihre Kinder, mehr Abstellplätze für ihre Räder sowie einen bezahlbaren öffentlichen Verkehr, mit dem man auch auf dem Land überall hinkomme.

Mobilitätsgespräche starten am 20. Januar digital

Die Stadt Oberkirch und die Initiative „Oberkirch mobil“ laden für Donnerstag, 20. Januar, um 19 Uhr zu einem ersten Informations- und Diskussionsabend zur Mobilitätsentwicklung in Oberkirch und in der Region ein. Pandemiebedingt findet die Veranstaltung rein digital statt. Eine Einwahl ist ohne vorherige Anmeldung ab 18.45 Uhr und bis zum Ende der Veranstaltung gegen 21 Uhr möglich. Der Veranstaltung kann unter dem Link beigetreten werden.

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.