Schüler reinigen Stolpersteine
Broschüre über Familie Boss vorgestellt
Oberkirch (st) Seit Mai 2023 erinnern in der Stadtgartenstraße drei Stolpersteine an die in der NS-Zeit verfolgte Familie Boss. Die Schülerinnen und Schüler der 9c der Realschule Oberkirch haben nun die Stolpersteine zum wiederholten Mal geputzt. „Vielen Dank, dass ihr heute dieses bedeutende Projekt fortsetzt, welches die Neuntklässler vor euch im letzten Jahr begonnen haben“, bedankt sich Stadtarchivarin Dr. Irmgard Schwanke bei den Jugendlichen. Im Vorfeld haben sie sich gemeinsam mit ihrer Geschichtslehrerin Sarah Hohwieler mit dem Schicksal von Clara Boss, ihrem Ehemann Dr. Siegfried Boss und der Tochter Erna Boss, verheiratete Magener, auseinandergesetzt. Nun erhielt die Klasse zur Vertiefung die vom Stadtarchiv Oberkirch herausgegebene und von der Stadt Oberkirch finanzierte Broschüre „Familie Boss aus Oberkirch“. Die Broschüre liegt künftig für alle Interessierten im Heimat- und Grimmelshausenmuseum sowie in der Mediathek aus und soll auch nach Ende der Museums-Ausstellung über die Geschichte der Familie informieren.
In Gedenken an das Schicksal der Familie Boss
Clara Boss und ihr Ehemann, der Arzt Dr. Siegfried Boss, stammten beide aus jüdischen Familien in Schlesien. Sie ließen sich im damals deutschen Elsass nieder, heirateten 1891 und bekamen mehrere Kinder. Die Familie entschied sich, zum Protestantismus zu konvertieren. Tochter Erna Boss heiratete den evangelischen Lehrer Adolf Magener und zog mit ihm nach Hamburg. 1919 mussten Clara und Siegfried Boss als sogenannte Reichsdeutsche das nun wieder französische Elsass verlassen. Sie kamen nach Oberkirch und engagierten sich hier über viele Jahre ehrenamtlich. Siegfried Boss war als niedergelassener Arzt tätig.
Da die Nationalsozialisten die Zugehörigkeit zum Judentum nicht religiös, sondern aufgrund ihres Rassenwahns definierten, war die Familie Boss ab 1933 trotz ihrer Konversion Repressalien und Verfolgung ausgesetzt. Siegfried Boss soll sich laut einem Zeitzeugen deshalb 1938 das Leben genommen haben. Clara Boss wurde im August 1942 in das Lager Theresienstadt deportiert. Dies kam einem Todesurteil gleich. Sie starb dort im Januar 1943. Tochter Erna Magener genoss dank ihrer Ehe mit einem „Arier“ zunächst einen gewissen Schutz. Doch im Januar 1945 wurde auch sie nach Theresienstadt deportiert. Sie hat die NS-Zeit überlebt. Das Haus der Familie Boss in der Stadtgartenstraße blieb noch weit über das Kriegsende hinaus im Besitz der beiden Töchter von Erna Magener. Clara Boss hatte es ihnen 1939 überschrieben, als Juden in Deutschland keinen Haus- und Grundbesitz mehr haben durften.
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