Obermeister Heinrich Schulz
Stets den Blick über den Tellerrand gewagt
Mahlberg Ein Jahreswechsel ohne Neujahrbrezeln ist für viele Menschen in der Ortenau einfach undenkbar: Heinrich Schulz, Bäckermeister aus Mahlberg und seit 2012 Obermeister der Bäckerinnung Ortenau, hat über viele Jahre hinweg Sonderschichten für das begehrte Gebäck in der Backstube eingelegt. "Früher haben wir mit sechs bis acht Personen die ganze Nacht Brezeln produziert", erzählt er. Heute mit 63 Jahren überlegt er, ob er diesen Service anbietet. Zum einen spürt er, wie viele seiner Kollegen, den Facharbeitermangel, zum anderen verweist er auf sein Alter.
Ganz ohne Neujahrsbrezel wird es aber 2023 auch bei ihm nicht gehen. Denn als Obermeister und damit Vertreter des Bäckerhandwerks in der Ortenau überreicht er seit Jahren die große Brezel im Rahmen des Neujahrsempfangs des Ortenaukreises an den Landrat. Die wird dann nach dem offiziellen Teil gemeinsam angeschnitten.
Die Liebe brachte ihn zum Bäckerhandwerk
Bäcker war nicht sein Traumberuf, aber Heinrich Schulz stellt fest: "Beruflich und familiär ist mein Leben sehr gut verlaufen." Geboren wurde er in Ettenheim, dort besuchte er die Schule und machte auf dem städtischen Gymnasium Abitur. "Mein Vater hatte eine mechanische Werkstatt für Räder, Mofas und Nähmaschinen", erzählt Schulz aus der Vergangenheit. Noch während seiner Schulzeit erkrankte der Vater und so entschied sich Heinrich Schulz, als ältestes von vier Kindern, eine Mechanikerlehre zu machen. "Ich wollte noch Maschinenbau studieren, doch dann starb mein Vater", berichtet er. Also sprang der Sohn ein und führte zunächst den Betrieb weiter.
Als er seine spätere Frau kennen- und liebenlernte stand er vor einer Entscheidung: "Ihr Vater war Bäcker in Mahlberg. Er hatte vier Töchter, aber keinen Nachfolger", so Schulz. Der junge Mann überdachte seine Optionen und entschied sich für eine weitere Ausbildung. "Meine Frau ist Konditormeisterin und ich Bäckermeister", so Schulz, für den das Beste an seinem Beruf die Selbstständigkeit ist. "Ich habe noch den Betriebswirt draufgesattelt. Schließlich sollte man Ahnung haben, wenn man ein Unternehmen führt. Heute ist das im Meister enthalten, aber als ich jung war, wurden die betriebswirtschaftlichen Aspekte in der Ausbildung oft vernachlässigt."
Mit Leidenschaft in der Innung aktiv
1989 übernahm das Ehepaar Schulz, das mittlerweile zwei Söhne hat, den Betrieb. Den Trend zur Filialisierung in den 1990er- und 2000er-Jahren machte der Bäckermeister nicht mit. Er übernahm den Betrieb eines Handwerkskollegen in Orschweier, doch heute gibt es nur noch das Stammgeschäft in Mahlberg. Dafür engagierte sich Schulz in der Innung: "Ich habe schon immer gerne über den Tellerrand hinausgeblickt", sagt er. 15 Jahre war er Mitglied des Prüfungsausschusses, bis er 2012 nach der Fusion der Ortenauer Bäckerinnungen zum Obermeister gewählt wurde: "Über die Innung und die Handwerkskammer können wir politischen Einfluss nehmen. Die Bäko, wo ich im Aufsichtsrat bin, ist der wirtschaftliche Zweig der Innungen."
Die Leidenschaft fürs Motorradfahren begleitet ihn sein ganzes Leben. "Durch das Geschäft meines Vaters hatte ich schon als Jugendlicher ein Mofa", stellt Heinrich Schulz fest und grinst beim Gedanken an seine Jugend. Heute hält er sich zusätzlich durchs Fahrradfahren fit: "Man braucht einen Ausgleich."
Heinrich Schulz' persönliche Tipps
3 Brotsorten
- Basler Landbrot
- klassisches Vollkornbrot mit Weizen- und Roggenmehl
- Körnerbrot, am liebsten Sechskornbrot
3 Motorradtouren
- von Mahlberg über den Streitberg nach Sexau
- der Feldberg über den Notschrei
- der Grand Ballon im Elsass
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