Matthias Zipf lebt und arbeitet für den biologischen Anbau
Mahlberg. Von nichts kommt nichts. Ob auf dem Acker, in der Anti-Atomkraft-Bewegung oder im
Familienbetrieb. „Seller Zipf“, wie sich Bio-Bauer Matthias Zipf aus
Mahlberg selbst gerne nennt, kann ein Lied davon singen – oder ab und an
auf dem Waldhorn intonieren.
In Zeiten veganer Food-Trends und einem scheinbar allgegenwärtigen Bio-Bewusstsein der Konsumenten müsste
sich der Bio-Gemüsebauer doch eine goldene Nase mit seinem grünen Daumen
verdienen? Noch dazu, wenn man seinen originellen
Biokisten-Lieferservice in Augenschein nimmt. „Ich mache das aus
Überzeugung“, sagt er energisch. Wenn man ohne Chemie Gemüse anbauen
will, wachsen die Bäume nicht in den Himmel.
„Es liegt uns wohl im Blut, das Gärtnern: Schon Großvater Daniel pflegte die Gärten des
Mahlberger Schlossherrn und baute zu Hause Gemüse, Blumen, Gehölze und
Obst an. Überschüsse wurden früher per Kopftrage und zu Fuß zum Lahrer
Wochenmarkt transportiert“, ist auf seiner Webseite zu lesen. 1945 übernahm Zipfs Mutter Emma den Betrieb – ihre beiden
Brüder kamen nicht zurück aus Hitlers Krieg. Schließlich stieg ihr Mann
Karl Zipf mit ein. 1958, dem Geburtsjahr von Matthias Zipf, entstand das
erste Gewächshaus. Schon Zipfs Vater beschritt in den 60er Jahren
eigene Wege. Als für die meisten „Bio“ noch nach Gülle roch und als
verrückt abgetan wurde, diskutierte Karl Zipf mit Gleichgesinnten aus
dem evangelischen Landvolk über Bio-Anbau, reiste mit ihnen in die
Schweiz, um sich Vorzeige-Bio-Betriebe anzuschauen und in Mahlberg mit
nachhaltigem Ackerbau umzusetzen.
Als sich der Sohn Matthias als 16-Jähriger aufmachte, um in Wyhl gegen das dort geplante Atomkraftwerk
zu demonstrieren, habe sein Vater das unterstützt. „Ich habe dort
gelernt, für meine Überzeugungen einzustehen. Wenn man mit der
Staatsmacht konfrontiert ist, die in Form von vermummten Beamten mit
Knüppeln auf ihre Schildern schlagend ihre Stärke demonstriert, steckt
man das nicht so einfach weg.“ Das seien wichtige Erfahrungen für den
jungen Gymnasiasten gewesen. „Du wirst dort mit deinen eigenen Ängsten
konfrontiert und musst erst lernen, wie man gewaltfrei standhalten
kann. Das haben wir dort geübt.“
Nach dem Abitur auf dem Lahrer Max-Planck-Gymnasium machte er eine Lehre als Zierpflanzengärtner in
Offenburg. 1975 hatten die Zipfs einen Blumenladen dem Gemüsebau
beigesellt. „Mich hat immer schon die Herstellung von Lebensmitteln mehr
interessiert als Blumen, aber die Lehre war eine gute Grundlage.“ Sein
Knowhow in punkto Biolandbau holte er sich auf seinen Reisen durch
Dänemark, die Niederlande, Belgien und Frankreich. Mit dem Fahrrad und
dem Zug ging er binnen zwei Jahren immer wieder auf Bio-„Walz“. Aus
Überzeugung haben schon Zipfs Eltern seit 1969 im Gemüseanbau nach
Bio-Richtlinien gearbeitet. „Mit unserem Schritt zu Bio waren wir im
südlichen Ortenaukreis weitaus die ersten.“
1985 wurden die Zipfs dann Bioland-Vertragsbetrieb. 1989 übernahm Matthias Zipf die
Geschäfte. Dass der Bio-Bauer mit Leidenschaft ans Werk geht, kann
jeder, der ihm schon begegnet ist, bestätigen. Mit Verve holt er die auf
dem auf 15 Hektar bemessenen Ackerland in und um Mahlberg gewachsenen
Gurken aus der Holzkiste und hält zum Vergleich eine Bio-Gurke aus
Spanien daneben. „Unsere ist kleiner und teurer, aber sie ist hier
gewachsen und besser für das Klima.“
Auch wenn es bei ihm ausschließlich Bio-Qualität zu kaufen gibt, weiß er um die Vorlieben
seiner Kunden. Daher hat man bei seiner innovativen Bio-Kiste zahlreiche
Kombinationsmöglichkeiten. „Ich bin schon stolz auf meine
,Regio-Kiste‘“, sagt Zipf. Diese stellt er nicht nur mit regionalen und
saisonalen Produkten zusammen, sondern achtet auch auf Farben und
Verpackung. „Bei uns gibt es Holzkisten und Papier und kein Plastik oder
Folie.“ Rezepte für die geschmackliche Zubereitung von Pastinaken,
Schwarzwurzeln oder Roter Bete stellt er online und gibt auch vor Ort
auf den Märkten in der Region nützliche Tipps: „Man kann Topinambur auch
einfach roh essen. Das tut nicht weh, das schmeckt.“ Als Motto für
Matthias Zipf könnte man Erich Kästner bemühen: „Es gibt nichts Gutes,
außer man tut es.“
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