Interview mit Kreisinnungsmeister Bernd Wölfle
Lage ist dramatisch

Bernd Wölfle | Foto: Kreishandwerkerschaft

Das Handwerk mit seinen 130 Berufen, den mehr als 15.600 Betrieben und rund 100.000 Beschäftigten am Oberrhein stand am Samstag beim bundesweiten Tag des Handwerks in Offenburg im Mittelpunkt. Rembert Graf Kerssenbrock sprach mit Kreishandwerksmeister Bernd Wölfle über die aktuellen Probleme der Innungsbetriebe.

Probleme ziehen sich durch alle Baugewerke

Wie ist die aktuelle Situation im regionalen Handwerk?
In vielen Gewerken herrscht weiterhin ein Mangel an Produkten und Material. Das hat deutlich verlängerte Lieferzeiten und damit die verzögerte Fertigstellung von Projekten zur Folge. So dauert es bei uns etwa in der Heizungstechnik bis zu einem Jahr, um Wärmepumpen installieren zu können. So warten Handwerker etwa auf Ziegel, weil sich deren Herstellung aufgrund der Energiepreise verzögert. Diese Probleme ziehen sich nahezu durch alle Baugewerke.

Stichwort Energiepreise: Wie wirken diese sich auf das Handwerk aus?
Es besteht breite Unsicherheit bei den Preiskalkulationen. Für uns steigen die Ausgaben derzeit massiv und wir müssen ja auch unsere Kosten weitergeben. Es gibt Betriebe, deren Gasversorger existiert plötzlich nicht mehr. Bei einem neuen Versorger gibt es aber nur Tarife mit vervielfachten monatlichen Abschlägen. So sind beispielsweise Bäcker auf Energie für die Herstellung ihrer Produkte angewiesen. Von dieser Schnelligkeit der Entwicklung und den massiven Auswirkungen sind viele sehr überrascht worden. Insgesamt ist die Lage viel massiver und folgenreicher als in Coronazeiten. Jetzt haben wir nicht nur die Lieferverzögerungen, sondern eben auch die explodierenden Energiekosten. Dadurch sind Betriebe, die energieintensiv produzieren oder auf solche Waren angewiesen sind, doppelt betroffen.

Welche Konsequenzen fürchten Sie?
In vielen Fällen ist die Zukunft nicht klar. Was passiert, wenn bestimmte Gewerke keine Waren nicht mehr bekommen? Diese Firmen können ja nicht ewig warten. Sie haben ja ihre laufenden Kosten, müssen Löhne und anderes zahlen. Da befürchte ich auch die Schließung von Betrieben.

Welche Maßnahmen fordern Sie von der Politik?
Die Deckelung der Energiepreise muss kommen. Momentan sehe ich aber noch nicht, dass die Politik sie umsetzen kann oder wird. Die Übergewinnsteuer wäre auch sinnvoll. Grundsätzlich fehlt der Eingriff der Politik in die augenblickliche Entwicklung.

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