„Perspektive 50plus“: Eveline Hugs Weg in Arbeit

Lahr. Eveline Hug ist gelernte Einzelhandelskauffrau. „Der Kontakt zu Menschen ist mir bei der
Arbeit sehr wichtig“, erzählt sie. Obwohl ihr der Beruf viel Freude
bereitet, kann sie ihn heute nicht mehr ausüben. Eine Nierenkrankheit
führte dazu, dass sie schwerbehindert wurde, 2001 musste die zierliche
Frau ihre Arbeit dann endgültig aufgeben.

Mitte 40 und gesundheitlich schwer angeschlagen – Hug wurde bewusst, dass sie auf dem
Arbeitsmarkt keine guten Chancen haben würde. Es folgten Bewerbungen,
Gespräche mit der Arbeitsagentur und schließlich eine Umschulung bei der
IHK zur Dienstleistungsassistentin. „Die Umschulung war mit einem
Praktikum verbunden“, erinnert sich die heute 58-Jährige. „Dafür einen
Platz zu bekommen, war unglaublich schwer. Ich habe unzählige
Bewerbungen geschrieben.“ Letztlich waren es persönliche Kontakte, die
ihr zu einem Praktikum bei der Gemeinde Oberharmersbach verhalfen. So
wie Hug geht es vielen.

Christian Klemp von der Kommunalen Arbeitsförderung Ortenaukreis (KOA) erklärt: „Derzeit sind 27 Prozent
aller Langzeitarbeitslosen im Ortenaukreis 50 Jahre oder älter.“ Das
entspricht  2972 Personen, 1080 von ihnen sind bei der KOA-Dienstelle in
Lahr gemeldet. Um diese, oder zumindest einen Teil von ihnen, wieder in
Arbeit zu bringen, startete das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales vor zehn Jahren die „Perspektive 50plus“, ebenso lange gibt es
das Projekt im Ortenaukreis. 2008 wurde es von der KOA übernommen. Es
spricht Langzeitarbeitslose an, die älter als 50 Jahre sind. Kreisweit
nehmen derzeit 1942 Menschen teil. „Wir würden gerne alle 2972 Personen
betreuen“, erklärt Klemp, der das Projekt leitet. „Aber dazu haben wir
nicht die finanziellen Mittel.“

Seit 2011 fließen jährlich bundesweit 350 Millionen Euro in die „Perspektive 50plus“, der
Ortenaukreis erhält in diesem Jahr Mittel in Höhe von 2,5 Millionen
Euro. „Das Projekt läuft noch bis Ende 2015“, erklärt Klemp. „Dann wird
die Zielgruppenarbeit beendet und von der Bundesregierung in dieser Form
nicht mehr weiter gefördert.“ Klemp hofft, dass seine Klienten dann
nicht in das Regelgeschäft zurückfallen, sondern dass die
Zielgruppenbetreuung durch neue Programme fortgesetzt werden kann.

Seit 2008 sind durch das Projekt über 3000 Personen vermittelt worden. „2012
und 2013 haben wir evaluiert, wie nachhaltig das Angebot ist. 70
Prozent der Teilnehmer sind weiterhin in einer Anstellung“, berichtet
Klemp. Sicherlich trägt auch der demographische Wandel zu diesen Zahlen
bei, erklärt er. Mittel- und langfristig sieht er die Arbeitslosigkeit
auch als gesellschaftliches Problem: „Um ihm gegenüberzutreten, sollte
man sich überlegen, wie man die soziale Teilhabe durch eine sinnvolle
Arbeit sichern kann.“

Auch bei Eveline Hug griff das Bundeprogramm. Seit Oktober 2014 ist sie beim Projekt Rührwerk der
Zeitgeist-Stiftung in Lahr beschäftigt, im Januar diesen Jahres wurde
sie in eine 50-Prozent-Stelle übernommen. Heute ist sie für Büroarbeiten
zuständig und im Bereich der Verwaltung tätig. „Unser Ziel ist es,
Menschen in einer schwierigen Lebenssituation durch Praktika und
Festanstellung wieder in Arbeit zu bekommen“, erklärt Rüdiger Preuss,
Stiftungsmanager der Zeitgeist-Stiftung. „Im Frühsommer 2014 sind wir in
Kontakt zur ‚Perspektive 50plus‘ gekommen, im Oktober haben wir dann
einen Koch eingestellt und nun auch Frau Hug übernommen.“ Es sind gerade
die Erfahrung und der Umgang mit Problemsituationen, die die Teilnehmer
der „Perspektive 50plus“ für die Zeitgeiststiftung attraktiv machen.
„Demnächst werden wir einen weiteren Praktikanten erhalten“, verrät
Geschäftsführer Johannes Behrmann. „Er ist seit 2009 ohne Tätigkeit und
wird Frau Hug bei der Büroarbeit unterstützten.“

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.