Alljährliche ALMI-Umfrage
Mittelstand zufrieden mit dem Jahr 2022
Lahr (st) An der diesjährigen Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Lahrer Mittelständischer Industrieunternehmen (ALMI) haben sich insgesamt 23 Mitgliedsunternehmen beteiligt. Diese, den unterschiedlichsten Branchen angehörenden Betriebe, beschäftigen rund 3.000 Mitarbeiter in Lahr.
Wirtschaftliche Lage
Wie in den vergangenen Jahren, so hatte auch die nun vorliegende Umfrage zu Beginn dieses Jahres das Ziel, Erkenntnisse über die wirtschaftliche Lage der Lahrer Industrie im abgelaufenen Jahr 2022 zu erlangen und die für das neue Jahr 2023 formulierten Erwartungen abzufragen.
Nach zwei Jahren Corona-Pandemie stellte sich die Frage, ob die Unternehmen nun im Jahre 2022 wieder zu einer gewissen Normalität zurückfinden konnten oder ob der im Februar begonnene Krieg in der Ukraine die Betriebe gleich wieder vor neue Herausforderungen stellte.
Mit dem Verlauf des Jahres 2022 ist der Großteil der befragten Unternehmen der ALMI zufrieden, doch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine haben die Betriebe vor Herausforderungen gestellt, mit denen sie in den vergangenen Jahren in diesem Maße nicht mehr konfrontiert wurden und die sie mit großer Sorge in die Zukunft blicken lassen.
Nach Auswertung aller eingegangenen Fragebögen kann man rückblickend festhalten, dass im Vergleich zum Vorjahr die allgemeine Geschäftslage in 2022 nochmals positiver beurteilt wurde. Denn lediglich zwei Unternehmen waren mit dieser unzufrieden, wohingegen knapp zwei Drittel der Befragten eine gute Entwicklung in Ihrem eigenen Hause verzeichnen konnten.
Beim Blick auf zwei wichtige wirtschaftliche Kennzahlen, nämlich die Umsatzentwicklung und die Ertragssituation, kann man jedoch bereits sehr deutlich erkennen, wie sich der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Konsequenzen unmittelbar auf die Unternehmen ausgewirkt haben.
Entwicklung des Umsatzes
Hinsichtlich der Umsatzentwicklung gibt es im Vergleich zum Vorjahr nochmals einen Aufwärtstrend. Während knapp ein Viertel der Betriebe unveränderte Umsatzzahlen vermelden, konnten knapp 70 Prozent ihre Verkäufe im abgelaufenen Jahr sogar noch steigern. Und auch die Anzahl derer, die mit Rückgängen zu kämpfen hatten, konnte im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert werden. Somit liegt dieses Gesamtbild sogar über den bereits sehr optimistischen Prognosen zu Beginn des Jahres.
Doch die Umsatzzuwächse beruhen vor allem auf Preiserhöhungen und weniger auf zusätzlichem Geschäft. Denn schon ab der Jahresmitte 2022 konnte man erkennen, dass die Auftragseingänge spürbar zurückgingen. So zumindest in vielen Branchen.
Und der Blick auf die Ertragslage unterstreicht die soeben angesprochene Problematik. Denn hier berichten 40 Prozent der Befragten, dass sich ihre Erträge in 2022 verschlechtert haben und dies trotz zum Teil steigender Umsätze. Ein solch schlechter Wert wurde nicht einmal in den beiden Corona-Jahren 2020/2021 erreicht. Die Übrigen konnten - zu gleichen Teilen - ihre Ertragssituation doch noch auf einem stabilen Niveau halten oder sogar verbessern.
Es ist mehr als deutlich, dass die Preisexplosionen, nicht nur auf dem Energiesektor, sondern auch bei Rohstoffen und Vormaterialien, der Hauptgrund dafür sind, dass die Erträge in 2022 bei weitem nicht mit den guten Umsatzzahlen Schritt halten konnten. Corona hingegen spielte bei der Beurteilung keine Rolle mehr, wobei man die durch Lieferengpässe ausgelösten Preissteigerungen bei den Rohstoffen und Vorprodukten durchaus noch der Pandemiezeit zurechnen kann und muss.
Auch der Mehrjahresvergleich der Jahre 2020 bis 2022 macht abschließend nochmals deutlich, wie sehr sich solch einschneidende Ereignisse, welche uns seit dem Frühjahr 2020 beschäftigen, auf die Ergebnissituation der jeweiligen Unternehmen auswirken können. Atmete die Wirtschaft nach zwei Jahren Corona langsam wieder durch, schon kam mit dem Ukraine-Krieg und dessen Folgen die nächste Herausforderung, die es nun gemeinsam zu meistern gilt.
Wo liegen die Risiken?
Neben dem Dauerthema Fachkräftemangel, der die Unternehmen seit vielen Jahren umtreibt, belegen in diesem Jahr die Preise für Energie und Rohstoffe sowie die Arbeitskosten die nachfolgenden Plätze.
Keine Beruhigung scheint es beim Kampf um die Fachkräfte zu geben. Denn seit vielen Jahren nimmt diese Thematik die Top-Platzierung ein, wenn es für die Firmen darum geht, die Risiken für die eigene wirtschaftliche Entwicklung einzuschätzen. Es hat vielmehr den Anschein, dass sich die Situation von Jahr zu Jahr noch verschärft und in den kommenden Jahren ein noch größerer Teil der Unternehmen mit der Problematik fehlender Fachkräfte konfrontiert sein wird.
Auch wenn zu Jahresbeginn 2023 eine leichte Entspannung bei den Energie- und Rohstoffpreisen festzustellen ist, so ist es mit rund 65 Prozent der überwiegende Teil der befragten Unternehmen, die sich Sorgen über die aktuell sehr hohen Energie- und Rohstoffpreise machen. Im Zuge der stark gestiegenen Verbraucherpreise in den vergangenen Monaten fordern nun nahezu alle Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen deutlich höhere Löhne und Gehälter von den Arbeitgebern. Entsprechend hat sich die Zahl derer, die befürchten, dass die Arbeitskosten für sie zum Problem werden könnten, im Vergleich zur letzten Befragung mehr als verdoppelt.
Ähnlich sieht es bei der Inlandsnachfrage und der weltpolitischen Entwicklung aus. Auch hier verwundert es nicht, wenn die Werte im Vergleich zum Vorjahr auf einem doppelt so hohen Niveau liegen. Hingegen scheinen die Lieferprobleme bei Rohstoffen und Vorprodukten, von denen wohl ohne Ausnahme alle Unternehmen in 2022 betroffen waren, derzeit nicht mehr ganz so dramatisch zu sein. Zumindest hat sich der Wert auf unter 40 Prozent und somit deutlich reduziert.
Wie bereits an anderer Stelle berichtet, scheint zumindest in der Einschätzung der Unternehmer die Corona-Pandemie im Ausblick kein größeres Risiko mehr darzustellen. Hier kann man nur hoffen, dass dies zukünftig auch so bleiben wird.
Wie konkret sind die ALMI-Unternehmen von den steigenden Energie- und Rohstoffkosten betroffen und welche Möglichkeiten gibt es, diese Kosten entsprechend an die Kunden weiterzugeben ? Wie nicht anders zu erwarten, zeigt die Auswertung, dass nahezu alle Unternehmen der ALMI von den in den vergangenen Wochen und Monaten dramatisch gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten betroffen sind. Die jeweilige Ausprägung beziehungsweise die Höhe der Steigerung ist von Unternehmen zu Unternehmen jedoch recht unterschiedlich.
Die Bandbreite der Preiserhöhung reicht von bis zu zehn Prozent und endet bei über 40 Prozent. Während bei den Rohstoffen und Vormaterialien eine gewisse Gleichverteilung zu erkennen ist, gibt es bei der Energie, also bei Strom und Gas, schon eine viel signifikantere Spreizung. Entsprechend stark sind die Bemühungen, Energie zu sparen oder durch Investitionen in Energieeffizienz die eigenen Energiekosten zu senken. Da dies jedoch nicht über Nacht geschehen kann, bleibt den meisten Unternehmen nichts anderes übrig, als zu versuchen, die gestiegenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Erfreulicherweise gaben über 80 Prozent der Befragten zur Antwort, dass ihnen diese Weitergabe, wenn auch in unterschiedlichem Maße, geglückt ist.
Energie und Rohstoffe
Gefragt nach Ihrer eigenen Einschätzung, wie sich die Preise für Energie und Rohstoffe im laufenden Jahr 2023 entwickeln werden, zeigen sich die Unternehmer doch eher skeptisch. Über die Hälfte geht davon aus, dass die aktuell hohen Preise noch eine ganze Weile unverändert am Markt Bestand haben werden. Und rund 25 Prozent befürchten sogar, dass die Rohstoff- und Energiepreise in den kommenden Wochen und Monaten noch weiter ansteigen werden. Wahrlich kein erfreulicher Ausblick, insbesondere für die Unternehmen, die einen hohen Energiebedarf für ihre Fertigung haben.
Ausblick 2023
In Anbetracht der großen Herausforderungen, die ja von den unterschiedlichsten Seiten auch auf die Lahrer Industrie einwirken, ist eine Prognose für 2023 nicht ganz so einfach. Einerseits die sehr ungewisse und hinsichtlich der Preise nur schwer planbare Versorgungslage, und zwar für die Energie, Rohstoffe und Vorprodukte gleichermaßen. Und auf der anderen Seite eine doch sehr kritische weltpolitische Entwicklung, was schlussendlich zu einem im Vergleich zum Vorjahr doch pessimistischeren Ausblick der ALMI-Unternehmen für das laufende Jahr 2023 führt.
Gerade bei der Umsatzerwartung und der Entwicklung der erwarteten Beschäftigung weichen die Zahlen zum Vorjahr nicht unerheblich ab. Immerhin rechnen vier Unternehmen damit, dass sie ihre Umsatzzahlen aus 2022 in diesem Jahr nicht erreichen werden können. Und auch die Zahl derer, die im laufenden Jahr mit entsprechenden Steigerungen planen, ist deutlich zurückgegangen. Lediglich zwei Betriebe möchten ihre Beschäftigtenzahlen bis Jahresende erhöhen. Auch hier im Vorjahresvergleich ein spürbarer Rückgang, denn im Vorjahreszeitraum waren noch über ein Viertel der Befragten überzeugt davon, ihre Anzahl an Mitarbeitern ausweiten zu können oder zu müssen.
Nicht ganz so eklatant sind die Unterschiede in Bezug auf die Investitionsabsichten der Lahrer ALMI-Betriebe. Denn trotz der wie gesagt unsicheren Zeiten zeigen sich viele Unternehmen positiv gestimmt. Nach wir vor werden über die Hälfte ihre bisherige Investitionstätigkeit beibehalten und ein weiteres Drittel möchte diese sogar erhöhen. Hauptmotiv der Investitionen bleibt nach wie vor der Ersatzbedarf, gefolgt von Rationalisierungsmaßnahmen und der Digitalisierung. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle.
Abschließend kann man festhalten, dass nach den beiden wahrlich nicht einfachen Corona-Jahren das Jahr 2022 maßgeblich durch die Auswirkungen des Angriffs Russlands auf die Ukraine geprägt war. Auch die Lahrer Industrie musste sich in den vergangenen zwölf Monaten und voraussichtlich auch in den verbleibenden Monaten dieses Jahres mit Themen wie beispielsweise Liefer- und Versorgungsengpässe, explodierende Preise für Energie und Rohstoffe und nicht zuletzt mit einer mehr als unsicheren weltpolitischen Lage befassen. Alles Themen, die die Unternehmer in den vergangenen Jahren in dieser Ausprägung so nicht mehr auf ihrer Tagesagenda stehen hatten.
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