Herausforderndes Jahr
E-Werk zieht positive Bilanz

Matthias Böhmann, Technischer Geschäftsführer Überlandwerk Mittelbaden (v. l.), Bernhard Palm, Vorstand E-Werk Mittelbaden, Markus Ibert, Oberbürgermeister der Stadt Lahr und Aufsichtsratsvorsitzender E-Werk Mittelbaden, Martin Wenz, Leiter Erzeugung und Finanzen E-Werk Mittelbaden, und Dr. Ole Wittko, Kaufmännischer Geschäftsführer Überlandwerk Mittelbaden | Foto: E-Werk Mittelbaden
  • Matthias Böhmann, Technischer Geschäftsführer Überlandwerk Mittelbaden (v. l.), Bernhard Palm, Vorstand E-Werk Mittelbaden, Markus Ibert, Oberbürgermeister der Stadt Lahr und Aufsichtsratsvorsitzender E-Werk Mittelbaden, Martin Wenz, Leiter Erzeugung und Finanzen E-Werk Mittelbaden, und Dr. Ole Wittko, Kaufmännischer Geschäftsführer Überlandwerk Mittelbaden
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Lahr (st) Das E-Werk Mittelbaden schloss das Geschäftsjahr 2023 mit einem Konzernumsatz von rund 507 Millionen Euro ab. Er liegt damit über dem Vorjahresniveau in Höhe von rund 469 Millionen Euro, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Ausschüttung für die Gesellschafter beträgt 9,8 Millionen Euro auf Basis des Ergebnisses der Elektrizitätswerk Mittelbaden AG & Co. KG in Höhe von rund 13 Millionen Euro. Die Gesellschafter stellen dem Unternehmen drei Millionen Euro für den Ausbau der regenerativen Energieerzeugung zur Verfügung. Zusätzlich fließen 10,5 Millionen Euro Konzessionsabgabe und 2,3 Millionen Euro Gewerbesteuer direkt zur Finanzierung kommunaler Aufgaben in die Gemeindehaushalte.

Für Energieversorger war das Jahr 2023 herausfordernd. Die Preise an den Energiebörsen sanken gegenüber dem Vorjahr, was insbesondere Internetstrom- und -gashändler begünstigte, die keine langfristige Beschaffungsstrategie verfolgen. Die hohen Preise für Kunden wurden mit der Einführung der Preisbremen durch die Bundesregierung abgemildert. Praktisch ohne Vorlaufzeit mussten die Energieversorger die Abrechnung der Preisbremsen gemeinsam mit den Entwicklern der Abrechnungssoftware umsetzen und damit einen hohen bürokratischen Mehraufwand meistern. Die Strompreisbremse lief zum Jahresende 2023 aus.

PV-Boom

Das Jahr 2023 führte zu einem Boom an neuen PV-Anlagen: Bundesweit wurden PV-Anlagen mit 14,1 Gigawatt Erzeugungsleistung zugebaut. Das übertraf deutlich die Zielvorgaben der Bundesregierung. Sie alle ans Netz anzuschließen, stellte Netzbetreiber vor eine außergewöhnliche Herausforderung. Im Versorgungsgebiet des Überlandwerks Mittelbaden ist der Zubau von rund 6.000 PV-Anlagen ebenfalls ein Rekordwert. Die Konsequenz dieses Anstiegs ist, dass es temporär zu massiven Überangeboten an Strom –
insbesondere an Wochenenden – kam. Das Resultat waren negative Strompreise an der Börse an sonnigen Wochenendtagen. Tendenz steigend. Für das E-Werk Mittelbaden war 2023 ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Die neuen Erzeugungsprojekte
kamen planmäßig voran.

In den Segmenten „Erneuerbare Energien“ sowie der „Strom- und Wärmeerzeugung aus Kraft-Wärme- Kopplung“ baut das E-Werk Mittelbaden seine Kapazitäten kontinuierlich aus.

Ausbau Windkraft

Die Erzeugungsmengen der Windenergieanlagen in der Region lagen im Berichtszeitraum mit 86,4 Millionen Kilowattstunden regenerativ erzeugtem Strom 38 Prozent über Plan und erreichten damit einen neuen Rekordwert. In den kommenden Jahren wird das E-Werk Mittelbaden weitere Windenergie- und PV-Anlagen an geeigneten Standorten errichten und verfolgt das Ziel, die regionale Energiewende komplett mit regionalen Partnern zu stemmen. Kommunen, Bürgern sowie Wirtschaftsunternehmen aus der Region soll eine Beteiligung ermöglicht werden. Entsprechende Genehmigungsverfahren sind eingeleitet, die erforderlichen Pachtverträge geschlossen. Zum Jahresbeginn 2024 erteilte das Landratsamt Ortenaukreis die Genehmigung für den Bau von zwei Windenergieanlagen auf dem Nill- und Steigleskopf in der Region Brandenkopf.

Mit dem Ausbau der Fernwärmenetze in Offenburg leistet die Wärmeversorgung Offenburg (WVO) – ein kommunales Unternehmen der Stadt Offenburg (51%) und des E-Werks Mittelbaden (49%) – einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz. Mit seinen beiden Blockheizkraftwerken (BHKW) speist das E-Werk Mittelbaden am Standort Freiburger Straße thermische Energie in das Fernwärmenetz der WVO und elektrische Energie in das öffentliche Stromnetz ein.

Heutige Blockheizkraftwerke nutzen das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung und schonen durch geringeren Schadstoffausstoß Klima und Umwelt. Zusammen erzeugten beide Blockheizkraftwerke 2023 rund 7,2 Mio. Kilowattstunden (kWh) thermische Energie und 4,4 Mio. kWh elektrische Energie, mit der etwa 650 Haushalte und mehrere Großverbraucher mit Wärme und rund 1.500 Haushalte mit Strom versorgt werden konnten.

Wärmenetze

Im nächsten Schritt werden zwei große Wärmenetze zu einem noch leistungsfähigeren Netz miteinander verbunden. Dafür wird auf einer Gesamtlänge von 120 Metern die Kinzig unterquert. In einem quaderförmigen wasserdichten aus Flüssigboden hergestellten Geoponton befindet sich die Baugrube, in der die Verlegung der Fernwärmerohre erfolgt. Beim Flüssigbodenverfahren fallen keine Entsorgungskosten an, weil der Aushub wiederverwendet wird. Durch die so gelebte Kreislaufwirtschaft reduziert sich die notwendige Energie zur Herstellung von Ersatzbaustoffen und spart C02. Außerdem verkürzt sich die Bauzeit durch die Reduzierung von Arbeitsschritten im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren. Am Standort von BurdaDruck in Bahnhofsnähe bezieht die WVO seit Dezember 2023 unvermeidbare industrielle Abwärme für rund 1.200 Bürger. Im Jahr 2023 ist bei der WVO insgesamt eine Anschlusswärmeleistung von rund 3.700 Kilowatt (kW) dazugekommen. Die Anschlussleistung aller drei Fernwärmenetze – Innenstadt, Kreuzschlag und Paul- Gerhardt-Werk – in Offenburg erhöht sich hiermit auf 27.000 kW. Das Offenburger Fernwärmenetz hat aktuell eine Gesamtlänge von circa 20 Kilometern. Darüber hinaus baut die WVO derzeit ihre eigenen Erzeugungskapazitäten im ehemaligen Farbtanklager der stillgelegten Druckerei auf dem Gelände von Hubert Burda Media in der Hauptstraße und im Heizkraftwerk im Offenburger Kreuzschlag deutlich aus.

Im Berichtszeitraum hat sich auch der Sektor Dienstleistungen positiv entwickelt. Innerhalb des zurückliegenden Jahrs hat das E-Werk Mittelbaden 1.982 Leuchten in LED umgebaut, von denen 706 Leuchten in der Stadt Kehl betroffen waren. In diesem Zusammenhang wurden zwölf sogenannte Großflächenleuchten in LED umgebaut für die Ausleuchtung von Kreisverkehren und großen Kreuzungen, was sich sehr positiv auf die Energiebilanz auswirkt. In Unterentersbach installierte das E-Werk Mittelbaden eine intelligente Beleuchtung an einem neuen Geh- und Fahrradweg. Die LEDs sind in der Dunkelheit auf 20 Prozent Leistung gedimmt und schalten hoch auf 100 Prozent (24 Watt), sobald sich ein Fußgänger oder Radfahrer nähert. Möglich ist das durch Bewegungssensoren. Aktuell wartet das Unternehmen 49.541 Leuchten innerhalb des Versorgungsgebiets.

E-Mobilität

In Offenburg betreibt das E-Werk Mittelbaden seit dem vergangenen Jahr eine zweite Schnellladestation in der Freiburger Straße 23a. An diesem Standort finden E-Mobilisten zwei Schnellladestationen mit insgesamt vier Ladepunkten sowie eine Normalladestation mit zwei Ladepunkten. Weitere öffentliche Ladestationen sind 2023 in Appenweier, Mühlenbach und Seebach hinzugekommen. Auch im Achertal wächst die Anzahl an Schnellladesäulen, beispielsweise in Kappelrodeck vor dem Autohaus Frascoia. Mehr und mehr entstehen in Tiefgaragen von Mehrfamilienhäusern sowie in Unternehmen ganze E-Ladeparks mit mehreren Lademöglichen zeitgleich – sowohl Wallboxen als auch Schnellladestationen.

Von der Lieferung und Installation bis zur Vermarktung der PV-Überschussmenge sowie der technischen und kaufmännischen Betriebsführung von Ladestationen, PV-Anlagen, Batteriespeichern und Wärmepumpen reicht das Dienstleistungsangebot des E-Werks Mittelbaden. Den Service aus der Hand des Energiedienstleisters haben beispielsweise das Autohaus Frascoia, WeberHaus sowie Herrenknecht bei ihren PV-Projekten im Jahr 2023 erfolgreich umgesetzt. CO2-Emission einzusparen und klimaneutral zu werden stehen für Kunden und Energiedienstleister gleichermaßen hierbei im Fokus.

Bei Wohnungsbaugesellschaften, Bauträgern sowie Baugenossenschaften im Versorgungsgebiet des E-Werks Mittelbaden ist das Interesse an Mieterstromangeboten für Mehrfamilienhäusern groß. Im Berichtszeitraum verzeichnete das E-Werk Mittelbaden eine um 100 Prozent gestiegene Nachfrage.

Im Jahr 2023 hat der Wettbewerb bei den Haushaltskunden nach der Strompreisbremse wieder deutlich zugenommen. Durch eine vorausschauende Beschaffungsstrategie und innovative Produktlösungen konnte das E-Werk Mittelbaden seine Position am Markt behaupten. Die Dienstleistung des E-Werks Mittelbaden zur Vermarktung von Strom aus PV-Anlagen ist weiterhin ein bedeutendes Wachstumssegment mit anhaltendem Interesse. Für die langfristige Vermarktung von Strom aus Windenergieanlagen außerhalb des Erneuerbaren Energien Gesetzes konnten erste Abschlüsse erzielt werden.

Investitionen

Das Investitionsvolumen des Konzerns lag im zurückliegenden Geschäftsjahr 2023 mit 34,3 Millionen Euro über dem Vorjahreswert von 30,6 Millionen Euro. Neben Investitionen in die regenerative Energieerzeugung lag der Investitionsschwerpunkt auf dem Ausbau des intelligenten Stromverteilnetzes der Netztochter Überlandwerk Mittelbaden. Die Energie-, Wärme- und Mobilitätswende erfordern einen massiven Netzausbau verbunden mit digitaler Steuerung der Netze. Voraussetzung für die Versorgungssicherheit von Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen und Gewerbetreibenden in der Region ist ein leistungsstarkes, sicheres, digitales und nachhaltiges Netz. Daher investiert das Überlandwerk Mittelbaden vorausschauend in den Netzausbau, um so den Anstieg dezentraler Energieerzeugungsanlagen im Versorgungsgebiet reibungslos an das Stromnetz anschließen zu können. Knapp 6.000 neue Energieerzeugungsanlagen konnten im Berichtszeitraum 2023 an das Netz angeschlossen werden. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Verdreifachung. Für das Jahr 2024 wird ein weiterer hoher Anstieg von circa 4.500 Anlagen erwartet.

Das Überlandwerk Mittelbaden schafft die Grundlage, damit der Einstieg in die strombasierte Wärmewende und die strombasierte E-Mobilität funktioniert. Im April 2023 nahm das Überlandwerk Mittelbaden eine vollautomatisierte Schaltstation in Kappelrodeck in Betrieb und erhöhte damit die Betriebssicherheit im Netz. Zum Jahresbeginn 2024 ging in Oberkirch eine weitere moderne Schaltstation ans Netz, mit der ein weiterer wichtiger Grundstein für das digitale Stromnetz von Morgen geschaffen ist. Das Überlandwerk Mittelbaden ist dadurch bestens auf künftige Bedarfe beim Ausbau erneuerbarer Energieerzeugungsanlagen und der Deckung aktueller Bedarfsanforderungen hinsichtlich Leistung und Redundanz von Kunden aufgestellt.

Darüber hinaus dient die turnusmäßige Befliegung der Hoch- und Mittelspannungs-Freileitungen per Helikopter der Netzkontrolle, um frühzeitig mögliche Schäden feststellen und beheben zu können. Zur Qualitätssicherung nimmt das Überlandwerk Mittelbaden regelmäßig an Überprüfungen statt. So wurde beispielsweise im September 2023 das Zertifikat zum Informationssicherheits-Managementsystem für den Geltungsbereich Netzleittechnik für die Sparte Strom ausgestellt. Im Dezember 2023 erhielt das Überlandwerk Mittelbaden zum vierten Mal in Folge das Zertifikat Technisches Sicherheitsmanagement (TSM) in der Sparte Strom.

Das Überlandwerk Mittelbaden forcierte die Digitalisierung seiner Serviceangebote für Netzkunden. Neben der digitalen Anmeldung von Erzeugungsanlagen wurden im Laufe des Jahrs 2023 weitere Anmeldestrecken ergänzt. So können mittlerweile auch Stecker-fertige PV-Anlagen und steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen oder Wallboxen nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) §14a über die Website rund um die Uhr angemeldet werden.

Zählertausch

Im Rahmen des Roll-out von modernen Messeinrichtungen konnten im Berichtszeitraum weitere rund 8.000 Zähler eingebaut werden. In Summe sind im Versorgungsgebiet des Überlandwerks Mittelbaden rund 73.000 moderne Messeinrichtungen eingebaut. Der Einbau Intelligenter Messsysteme wurde weiter fortgeführt und wird mit der vollständigen Umsetzung der zugrundeliegenden IT-Systeme Anfang 2025 deutlich an Fahrt aufnehmen.

Die Auslastung der BadenCloud liegt weiterhin über Plan. Regionale Unternehmen haben bisher das Angebot im Rechenzentrum Appenweier sehr positiv angenommen. Durch veränderte Rahmenbedingungen kam es zu Verzögerungen beim Baubeginn des zweiten Rechenzentrums in Lahr, der nun für das Jahr 2025 vorgesehen ist. Das Joint Venture hält am Vorhaben eines baugleiches Rechenzentrums Lahr fest. Insbesondere im kommunalen Umfeld ergeben sich durch die fortschreitende Digitalisierung effektive Marktchancen. Nach wie vor legt das Joint Venture LEITWERK Rechenzentren Appenweier/Lahr GmbH sein Augenmerk auf die ressourcenschonende Verwendung der Strom- und Kühlnutzung sowie auf eine positive CO2-Bilanz beim Rechenzentrumsbetrieb. So konnte im Berichtszeitraum die Energieeffizienz beim Betrieb der IT- Systeme deutlich verbessert werden. Gegenüber einem Eigenbetrieb sparen Kunden bis zu 50 Prozent beim Stromverbrauch und beim CO2-Ausstoß.

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