Jochen Heil war Schulleiter und Erster Bürgermeister in Lahr
"Man muss nur wissen, woher der Wind weht"
Lahr (ds). Sein verschmitztes Lächeln ist ebenso sympathisch wie stadtbekannt und auch beim Besuch in der Lahrer Guller-Redaktion kommt bei Jochen Heil das Spitzbübische zum Vorschein. Der 84-Jährige steht schon lange nicht mehr im Berufsleben, sein Name wird aber immer mit der Geschichte der Großen Kreisstadt verbunden bleiben. Denn Jochen Heil war nicht nur Lehrer und 13 Jahre lang Rektor der Otto-Hahn-Realschule, sondern 16 Jahre lang auch Erster Bürgermeister der Stadt Lahr. Als aktiver Liberaler, Kreistagsmitglied und Träger zahlreicher Ehrenämter hat er weitere Spuren hinterlassen.
Jochen Heil stammt aus Hüfingen. Nachdem sein Vater im Krieg gefallen war, musste der damals Zehnjährige schon früh Verantwortung übernehmen. Dennoch legte er die Abitur-Prüfung ab und wurde Lehrer. Nach einer ersten Stelle in Furtwangen wurde Heil 1960 nach Lahr versetzt, um dort einen Mittelschulzug aufzubauen. Zuvor musste er jedoch noch die Zulassung für die Mittelschule erwerben. "Meine Arbeit schrieb ich über Ernst Jünger und für die Lehrprobe habe ich mir eine Mädchenschule ausgesucht und extra einen neuen Anzug gekauft", erzählt der Charmeur alter Schule augenzwinkernd. Fortan ging er ganz in seinem Beruf auf. 1969 wurde Jochen Heil Rektor der aus der Mittelschule entstandenen Otto-Hahn-Realschule und war in diesem Amt der Jüngste in Baden-Württemberg. "Meine Zeit im Internat in den ersten harten Nachkriegsjahren mit guten Lehrern, die Leistung verlangten, prägte mich so, dass ich später im Lebensabschnitt als Lehrer selbst engagiert auf strukturierten Unterricht und eine Schule drängte, die Schülern echtes Lernen und damit Zukunftschancen sicherte", blickt Jochen Heil zurück. Sein Engagement aber ging weit über die Schule hinaus: So baute Heil als Geschäftsführer und Vorsitzender die für Lahr zentrale Einrichtung "Jugendprisma" auf, organisierte Fahrten, Kurse und Bälle. "Hieraus ist durch Namensumwandlung die heutige Volkshochschule entstanden", erläutert Heil nicht ohne Stolz.
Doch damit nicht genug: Heil war außerdem in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an vorderster Front tätig und auch politisch nicht uninteressiert. "Mir hat damals die Bildungspolitik der ersten schwarz-roten Koalition in Stuttgart nicht gefallen, das Nicht-Dogmatische der FDP dagegen sehr und so wurde ich 1972 Parteimitglied." Auch dem Ruf in den Gemeinderat folgte er und war zudem 25 Jahre lang, von 1979 bis 2004, Kreisrat für die FDP-Fraktion. Schnell hatte sich Heil als Rektor – man nannte die Schule schon "Heil-Anstalt" – und durch sein ehrenamtliches Engagement bekannt gemacht und einen guten Ruf erarbeitet. 1982 kandidierte er als Erster Bürgermeister. An der Seite von Oberbürgermeister Werner Dietz war er verantwortlich für Schulen, Sport, Kultur und Soziales. "Mein Lehrer-Job hat mir bald nicht mehr gefehlt. Meine Erfahrungen aber haben mir geholfen", so der Quereinsteiger. Mit vielen Amtsleitern habe er vertrauensvoll zusammengearbeitet: "Schließlich waren einige ehemalige Schüler von mir", erzählt er.
Konnte Jochen Heil als junger Mann Aufbauarbeit leisten, so war er nun der Erfahrene, der gestaltete. "Man muss nur wissen, woher der Wind weht, um nicht Schiffbruch zu erleiden", so der leidenschaftliche Segler. Auch im Rathaus musste das jeweilige Ziel stets möglichst ohne Havarie erreicht werden. Gelungen ist dem Bürgermeister, dass Lahr vor Beginn der Konversion und vor allen anderen Städten im Kreis für jedes Kind den geforderten Kindergartenplatz geschaffen hat. Die Sanierung des Terrassenbads, der Bau des Pflugsaals, die Umbauten mehrerer Schulen und die Ausweitung des Kulturprogramms fallen ebenfalls mit unter seine Ägide. Auch die Ansiedlung der AKAD, der Hochschule für Berufstätige, hat Jochen Heil für Lahr verantwortlich mit ausgehandelt. Mancher Beschluss wurde bei einem guten Tröpfchen in Heils Amtszimmer gefasst. "Da hätte ich viele Geschichten zu erzählen. Die sind aber alle nichts für die Zeitung", bekräftigt Jochen Heil lachend. Heute reist der Senior sehr viel, stets begleitet von seiner Frau Mechthild. Und auch das Segeln will Heil noch immer nicht lassen.
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