Michael Paul hält Vorträge in Lahr und Kaliningrad
Romane beschäftigen sich mit NS-Zeit
Lahr (ds). Seine Romane fußen auf wahren Begebenheiten, Recherche ist für ihn das A und O. Besonders aufregend sind für Michael Paul dabei die Reisen, die das Schreiben und die Beschäftigung mit der NS-Zeit mit sich bringen. Erst im Mai war der Lahrer Schriftsteller fünf Tage lang in Auschwitz. Von der Reise, die nach eigenen Aussagen sein Leben verändert hat, berichtet der Autor am kommenden Dienstag, 25. September, um 19 Uhr im Vortragsraum der Volkshochschule Lahr. "Ich wünsche mir, dass jeder einmal im Leben Auschwitz besucht. Aber das kann nicht jeder oder traut sich nicht", erklärt Paul, warum ihm dieser Reisebericht so wichtig ist.
Der Geschichte sehr nahe kam Michael Paul schon bei früheren Recherche-Reisen. So spielt sein erster Roman "Wimmerholz" in Schweden, wo er sich 15 Tage lang auf die Spuren der Vergangenheit begab und Zeitzeugen traf. Für "Das Haus der Bücher", seinen aktuellen Roman, war Paul beispielsweise eine Woche lang in Kaliningrad, dem damaligen ostpreußischen Königsberg. "Details und Orte müssen einfach stimmen. Auch historische Präzision ist wichtig. Man übernimmt eine besondere Verantwortung gegenüber den Zeitzeugen, mit denen ich oft noch sprechen kann. Da kann man die Realität nicht verbiegen, nur weil es besser zur Geschichte passen würde", so der 55-Jährige. Warum ihn gerade die NS-Zeit so sehr fesselt, erklärt er so: "Die aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland beobachte ich mit großer Sorge und hätte das nie für möglich gehalten. Aber mich hat diese Zeit des Nationalsozialismus schon als kleiner Junge irgendwie interessiert. Ich erinnere mich, immer Bildbände zum Krieg angeschaut zu haben. Dabei war der Krieg daheim nie ein Thema. Mein Großvater war einfacher Soldat und geriet in Königsberg in russische Gefangenschaft. Er war ein großer Musiker und dies hat ihm wohl in der Gefangenschaft das Leben gerettet. Und natürlich bietet Krieg immer auch eine dramaturgisch gute Kulisse für einen Schriftsteller. Auch nach vielen Gesprächen mit Zeitzeugen und meiner fünftägigen Reise im Mai nach Auschwitz habe ich die entscheidende Frage 'Warum?' im Kopf." Eine Antwort habe er aber immer noch keine gefunden.
Im November wird dem Lahrer Autor eine ganz besondere Ehre zuteil: Auf Einladung des Goethe-Instituts hält er am 9. November, dem Gedenktag zur Reichspogromnacht, in der historischen Bibliothek im wiederaufgebauten Königsberger Dom in Kaliningrad eine Lesung mit Vortrag zum "echten" Haus der Bücher, der einst größten Buchhandlung Europas, die 1944 dem Bombenhagel zum Opfer fiel. "Das wird meine erste Lesung im Ausland, mit Simultanübersetzung, also sicher ein beeindruckendes Erlebnis, auf das ich mich sehr freue", so Michael Paul. "Das fühlt sich ein bisschen so an, als sei ich für den Oscar nominiert worden", ergänzt er. Am Tag zuvor ist Paul außerdem als Gastredner eingeladen zur Einweihungsfeier der unweit des Doms wieder neu aufgebauten Königsberger Synagoge. "Das ist natürlich ebenfalls eine besondere große Ehre, bei diesem wirklich bedeutenden historischen Ereignis dabei sein zu können und etwas Offizielles sagen zu dürfen. Immerhin war Königsberg damals nach Berlin und Breslau die drittgrößte jüdische Gemeinde im Deutschland. Der Wiederaufbau ist daher ein tolles Symbol, gerade in der heutigen Zeit und in einer Stadt, in der wie an keinem anderen Ort deutsche und russische Geschichte aufeinandertreffen", betont er.
Im Frühjahr soll sein neuestes Werk erscheinen. Dieses Mal unternimmt Michael Paul einen Ausflug ins Krimi-Genre. Die Geschichte spielt in der heutigen Zeit. "Es gibt, wie könnte es bei mir anderes sein, einen historischen, erschreckenden Bezug zur NS-Zeit, aber auch zu einem damit bis heute währenden unglaublichen, realen Umweltskandal", verrät er. Die Protagonistin ist blind und so soll der Krimi im Sommer auch speziell für Blinde als Hörbuch erscheinen. Hierfür arbeitet Michael Paul mit der Blindenstudienanstalt in Marburg zusammen.
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