Gemeinderat setzt auf Vertrauensschutz
Keine Sozialwohnungen für Altenberg und Hosenmatten
Lahr (ds). "Bewegend" war für Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller die aktuelle Diskussion im Gemeinderat zum Thema Sozialwohnungen. Erneut befasste sich das Gremium am Montag mit den Baugebieten Altenberg und Hosenmatten II und der Frage, ob hier die im Juli vergangenen Jahres beschlossene Sozialwohnungsquote zum Tragen kommt oder nicht. Schon im Vorfeld der Sitzung hatte die Bürgerinitiative (BI) Altenberg komplette Akteneinsicht gefordert und mit einer Klage gedroht, weil sie die Rechtsgültigkeit des zu erwartenden Gemeinderats-Beschlusses anzweifelte. So war es nicht weiter verwunderlich, dass die Redebeiträge der Fraktionen teils sehr emotional ausfielen und mit Kritik an der Stadtverwaltung nicht geizten. Letztendlich folgte das Gremium jedoch der Vorlage und beschloss mit sechs Gegenstimmen, in diesen beiden Einzelfällen insbesondere aus Gründen des Vertrauensschutzes gegenüber dem Investor die Sozialwohnungsquote nicht anzuwenden.
Die Begründung ist simpel: Als im Juli 2017 die Einführung einer Sozialwohnungsquote beschlossen wurde, waren die Beschlüsse zu Altenberg und Hosenmatten im Gemeinderat bereits gefasst. Daran konnte auch der Bürgerentscheid Ende März nichts mehr ändern, der die Altenberg-Bebauung kippen sollte, jedoch scheiterte. Bürgermeister Guido Schöneboom räumte am Montag zwar ein, dass man während der Vorberatungen zur Sozialwohnungsquote auf die Besonderheiten der beiden Bebauungen hätte hinweisen müssen, man sei aber schlicht davon ausgegangen, dass "beide Sachen aneinander vorbei fahren würden". Bürgermeister Tilman Petters verwies auf die weiteren Wohnbau-Vorhaben AKAD, frühere Ölfabrik, Lotzbeck-/Lammstraße und Tramplerstraße, wo die Quote zum Tragen kommt und insgesamt rund 60 Sozialwohnungen entstehen werden.
Roland Hirsch, Fraktionsvorsitzender der SPD, betonte, dass es für den Investor abschreckend und für die Stadt Lahr schädlich, sei, würde man auf der Zielgeraden umschwenken und eine Sozialwohnungsquote fordern. "Außerdem hat der Investor zugesagt, an anderer Stelle Sozialwohnungen zu bauen. Das ist ihm ein Anliegen, rechtlich ist er nicht verpflichtet", so Hirsch.
Die CDU-Fraktionsvorsitzende Ilona Rompel erklärte, dass es unangebracht wäre, nachdem man die ursprüngliche Planung des Altenberg-Investors Stück für Stück abgespeckt habe, mit der Quote "noch eins drauf zu setzen". "Daran könnte das Projekt noch scheitern", gab sie zu bedenken und sprach sich ebenfalls für den Vertrauensschutz aus. In Richtung BI bemerkte sie, eine Klage für schlicht unverschämt zu halten. "Der Gesprächsfaden ist für mich hier abgerissen", so Rompel. Sie schlug vor, dass die Stadt sich eine Art Vorratshaltung an für Sozialwohnungen geeigneten Grundstücken anlege, die man Investoren anbieten könne.
Eberhard Roth, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, war sich sicher, dass man zum gleichen Ergebnis gekommen wäre, wenn die Sozialquote schon zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zur Altenberg-Bebauung thematisiert worden wäre.
Grünen-Fraktionsvorsitzender Claus Vollmer nannte den Vertrauensschutz einen "ominösen Begriff" und warf der Verwaltung vor, keine rechtliche Begründung für die beiden Einzelfälle zu haben. "Das wirft uns in Sachen sozialer Wohnungsbau zurück", betonte er. Vera Böhmer mutmaßte für die Linke, dass angesichts dieser Wohnungspolitik die Obdachlosenzahl in Lahr nun steigen werde. Die FDP-Fraktion sah den Vertrauensschutz als gegeben und stimmte der Verwaltungsvorlage zu.
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