Menschen mit Behinderung
Erfahrungsberichte aus dem Leben in der Pandemie
Lahr (st). Unter dem Titel „Wir schreiben Zeitgeschichte. Unser Corona-Alltag.“ hat der Lahrer Beirat für Belange von Menschen mit Behinderung dazu aufgerufen, Erfahrungsberichte aus dem Leben in der Pandemie einzureichen. Vier Beiträge sind nun auf der Website der Stadt Lahr veröffentlicht.
„Lange Zeit hatte ich das Gefühl, dass Menschen mit Behinderung, deren pflegende Angehörige und auch diejenigen, die die Menschen mit Behinderung in Einrichtungen betreuen, von der Politik, den Medienschaffenden und der Mehrheit unserer Leistungsgesellschaft schlichtweg vergessen wurden“, schreibt die Mutter eines Sohns mit schwerer Behinderung in ihrem Beitrag. Mit dieser Einschätzung steht die Autorin nicht alleine, berichtet Juliane Luz von der Geschäftsstelle für die Belange von Menschen mit Behinderung der Stadt Lahr, der in den vergangenen Monaten immer wieder ähnliche Erfahrungen zugetragen wurden. In die gleiche Richtung geht auch das Fazit der Eltern einer behinderten Tochter, die in einem Wohnheim zehn Tage in Quarantäne verbringen musste und ihre Isolation als sehr belastend empfand: „Dass behinderte Menschen in der Prioritätenliste erst Ende März mit dem Impfen an der Reihe waren, ist für uns nicht nachvollziehbar.“
Aus der Pandemie lernen
Doch auch in dieser schwierigen Zeit gab es positive Erfahrungen. So schreibt der Vater zweier Söhne mit Behinderung, die in einem Wohnheim leben: „Wir alle – Angehörige, Betreuer und Bewohner – haben erfahren, dass das Skypen eine neue Welt der Kommunikation erschließt. Digitale Angebote waren bisher in den Einrichtungen für die Bewohner nicht selbstverständlich. Für uns habe ich die Hoffnung, dass durch besondere Maßnahmen, die die Corona-Krise hervorbrachte, ein weiterer Schritt in Richtung Digitale Teilhabe gemacht wird.“ In seinem zweiten Bericht erzählt er von einer Begebenheit in einem Eiscafé: Dort hat das Abstandsgebot zwischen den Besuchern dazu geführt, dass die Tische weit genug auseinander standen, um auch seinen beiden Söhnen mit ihren Rollstühlen ausreichend Platz bieten zu können. In vorherigen Sommern dagegen war es der Familie aufgrund der engen Bestuhlung kaum möglich gewesen, einen Platz in einem Eiscafé zu ergattern.
„Wir sollten aus der Pandemie lernen, die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung auch in solch außergewöhnlichen Krisenzeiten von Anfang an mitzudenken“, bilanziert Juliane Luz. Der Beirat für Belange von Menschen mit Behinderung wird das Thema weiter verfolgen: Seine nächste öffentliche Sitzung findet am Mittwoch, 21. Juli, ab 17.30 Uhr in der Mehrzweckhalle im Bürgerpark statt. Die Erfahrungen seiner Mitglieder aus der Corona-Pandemie sind dann als Thema auf der Tagesordnung vorgesehen.
Die Erfahrungsberichte sind unter lahr.de/erfahrungsberichte.145957.htm zu finden.
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