Steuerberater Jürgen Fahrner
Werbekosten mit Überbrückungshilfe förderfähig
Ortenau. Der Bund unterstützt die Unternehmen während der Pandemie mit diversen Überbrückungshilfen. So bietet etwa das aktuelle Förderprogramm die Möglichkeit für Unternehmen und Betriebe, ihre Werbungs- und Marketingmaßnahmen über die Überbrückungshilfen III, die noch bis zum Sommer laufen, mit staatlicher Unterstützung zu schalten. Klar ist: Nur ein Experte kann hier eine individuelle Beratung vornehmen. Was die aktuelle Überbrückungshilfe II ausmacht und zu den Unterschieden der verschiedenen Programme, dazu befragte Rembert Graf Kerssenbrock den Steuerberater Jürgen Fahrner, Geschäftsführer und Partner der Lahrer Kanzlei Melzer & Kollegen.
Bis zu 90 Prozent der Kosten sind förderfähig
Was sind die Unterschiede zwischen den November-, Dezember- und den im Januar zugesagten Überbrückungshilfen III?
Die November- und Dezemberhilfe gab es speziell für Unternehmen, Selbstständige und Vereine, welche von den Schließungen ab 2. November betroffen waren. Für die Dauer der Schließung erhalten die Betroffenen einen Zuschuss von bis zu 75 Prozent ihres Vorjahresumsatzes. Bei der Überbrückungshilfe III wird lediglich ein umsatzabhängiger Zuschuss zu den Fixkosten bezahlt.
Wer kann die aktuellen Überbrückungshilfen III beantragen und in welchem Zeitraum werden sie bewilligt?
Grundsätzlich sind Unternehmen bis zu einem Umsatz von 750 Millionen Euro, Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der Freien Berufe für den Förderzeitraum bis Juni 2021 antragsberechtigt, die in einem Monat einen corona-bedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019 erlitten haben. Der Bewilligungszeitraum dauert insofern von November 2020 bis Juni 2021. Die Antragsfrist endet am 31. August 2021. Im Unterschied zu den November- und Dezemberhilfen muss das Unternehmen somit nicht von der Schließung betroffen sein, es genügt ein corona-bedingter Umsatzrückgang.
Wie hoch sind die Zuschüsse?
Die Überbrückungshilfe III ist dreigeteilt. Sie erstattet einen Anteil in Höhe von bis zu 90 Prozent der förderfähigen Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch von mehr als 70 Prozent, bis zu 60 Prozent der förderfähigen Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch zwischen 50 und bis zu 70 Prozent sowie bis zu 40 Prozent der förderfähigen Fixkosten bei einem Umsatzeinbruch zwischen 30 und 50 Prozent im Fördermonat im Vergleich zum entsprechenden Monat des Jahres 2019. Der maximale Förderbetrag beträgt 1,5 Millionen Euro pro Fördermonat unter Berücksichtigung beihilferechtlicher Obergrenzen.
Wie schnell kommen die Hilfen?
Leider kommen die Hilfen bislang nicht so schnell, wie es die betroffenen Unternehmen es sich vorstellen. November- und Dezemberhilfen, welche beispielsweise bereits im Dezember oder Januar beantragt wurden, sind zu einem großen Anteil bislang immer noch nicht in voller Höhe ausbezahlt. Wir haben jetzt März und Unternehmen warten teilweise immer noch auf Novemberhilfe. Ein Zustand, den viele Unternehmer nicht nachvollziehen können. Ob das mit den Überbrückungshilfen genauso schleppend läuft, können wir nur vermuten. Nach derzeitigem Informationsstand sollen auch hier wieder Abschläge von bis zu 50 Prozent der beantragten Hilfe im Voraus bezahlt werden.
Welche Kosten sind förderfähig?
Förderfähig sind fortlaufende, im Förderzeitraum anfallende vertraglich begründete betriebliche Netto-Fixkosten gemäß einer vordefinierten Liste. Sogenannte Kleinunternehmer dürfen damit auch die Vorsteuer als Kosten ansetzen. Zu den Kosten zählen beispielsweise: Miete und Pacht, Zinsen für betriebliche Kredite, Leasingraten, Ausgaben für Strom, Heizung, andere Nebenkosten, Reinigung, Grundsteuern, Versicherungen, Lizenzgebühren, die Kosten für den prüfenden Steuerberater, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer im Zusammenhang mit der Antragstellung für die Überbrückungshilfe. Auch gelten teilweise Personalaufwendungen, Kosten für Auszubildende sowie bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen bis zu 20.000 Euro pro Monat zur Umsetzung von Hygienekonzepten und Investitionen in Digitalisierung einmalig bis zu 20.000 Euro zu der Förderliste.
Können auch Werbe- und Marketingkosten erstattet werden?
Ja, auch diese können angesetzt werden. Und zwar maximal in Höhe der entsprechenden Ausgaben im Jahre 2019.
Ganz praktisch: Unternehmen, die eine Anzeige oder eine Kampagne beispielsweise in unseren Wochenzeitungen schalten, bekommen einen Großteil der Ausgaben erstattet?
Genau. Ein Beispiel: Wer in 2019 Werbekosten in Höhe von 2.000 Euro hatte, kann nach derzeit vorliegenden Informationen im Förderzeitraum auch bis zu 1.800 Euro an Werbekosten gefördert bekommen, wenn alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
Für welchen Zeitraum kann die Erstattung für Werbe- und Marketingkosten in Anspruch genommen werden?
Nach derzeitigem Stand der vorliegenden Informationen können die Marketingaufwendungen maximal in Höhe der Marketingaufwendungen aus 2019 beantragt werden, sofern diese im Förderzeitraum der Überbrückungshilfe III bis Juni 2021 auch anfallen.
Soloselbstständige haben oft geringere betriebliche Fixkosten. Wird das bei der Förderung berücksichtigt?
Soloselbstständige haben ein Wahlrecht. Sie können alternativ zur Überbrückungshilfe III einmalig die Neustarthilfe von bis zu 7.500 Euro beantragen. Die Förderhöhe beträgt 50 Prozent eines sechsmonatigen Referenzumsatzes, der auf Basis des Jahresumsatzes 2019 berechnet wird. Haben die Soloselbstständigen im Förderzeitraum Januar bis Juni 2021 Umsatzeinbußen von über 60 Prozent zu verzeichnen, dürfen sie die Neustarthilfe in voller Höhe behalten. Andernfalls ist die Neustarthilfe anteilig zurückzuzahlen.
Wie können solche Anträge gestellt werden?
Der Antrag ist zwingend durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt im Namen des Antragsstellenden über eine digitale Schnittstelle bei der Landesbank einzureichen. So sollen eine möglichst schnelle Antragsbewilligung ermöglicht und Missbrauchsfälle – wie sie bei der ersten Soforthilfe aufgetreten sind – ausgeschlossen werden.
Welche Nachweise müssen die Antragsteller erbringen?
Neben vielen allgemeinen Angaben müssen insbesondere Schätzungen zum voraussichtlichen Umsatz im Förderzeitraum sowie zu den voraussichtlichen betrieblichen Fixkosten vorgelegt werden, deren Erstattung beantragt wird. Auch sind für die Beantragung die Umsatzzahlen des Vergleichsmonats vorzulegen. Als Nachweis dienen insbesondere Umsatzsteuervoranmeldungen, letzte Jahresabschlüsse, Steuerbescheide und Bewilligungsbescheide aus vorherigen Hilfen.
Was können Antragsteller tun, deren Antrag abgelehnt wurde? Gibt es einen Rechtsweg?
Gegen einen Ablehnungsbescheid kann man schriftlich Widerspruch einlegen. Dieser ist an die im Bescheid angegebene Anschrift zu richten. Hier sollten die Fristen in der Rechtsbehelfsbelehrung im Ablehnungsbescheid beachtet werden.
Wie wirkt sich das steuerlich auf künftige Steuererklärungen aus?
Die Zuschüsse unterliegen bislang zwar alle nicht der Umsatzsteuer, sie sind jedoch bei der Einkommens- oder Körperschafts- sowie Gewerbesteuer als Einkünfte zu erfassen. Je nach Steuersatz sind von den Zuschüssen daher nach Erstellung einer Steuererklärungen wieder bis zu 45 Prozent an das Finanzamt zurückzubezahlen.
Links zum Thema
Weitere Informationen zum Thema gibt es beim Bundeswirtschaftsministerium
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