Synagoge in Kippenheim
Zeitzeuge für jüdisches Leben
Kippenheim (gr). Klezmer, was ist das nochmal? Etwas Wunderbares für die Ohren! Die Konzertbesucher des „Duo Adafina“ konnten vor wenigen Tagen in der Kippenheimer Synagoge ein Gefühl bekommen für die Besonderheiten der jiddischen Volksmusik.
Mit Kulturangeboten wie diesem will der Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e. V. den Dialog und die Toleranz fördern. „Die Synagoge soll auch als Ort der Begegnung und Kommunikation verstanden werden“, sagt Jürgen Stude, erster Vorsitzender und Mitbegründer. Im Januar 1996 wurde der Verein ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die ehemalige Synagoge angemessen instand zu setzen. Eine kulturhistorische Stätte, die zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft vermitteln kann. „Die Gesellschaft braucht das Erinnern“, ist Stude der Überzeugung – und sieht neben der politischen Bedeutung den geschichtlichen Fokus: „Natürlich wollen wir Wissen vermitteln über jüdisches Leben und jüdische Religion. Darüber hinaus ist uns wichtig, dass die Leute mehr erfahren über das Landjudentum in der Ortenau, über dessen spezielle Kultur und Geschichte“.
Landjudensynagoge
Die Synagoge in Kippenheim ist eine typische Landjudensynagoge im neuromanischen Stil. 1852 wurde sie eingeweiht, nicht einmal 90 Jahre danach während der Novemberpogrome 1938 verwüstet und geschändet. Nach 1945 diente das Gebäude unter anderem als Lager der örtlichen Raiffeisen-Genossenschaft. Erst Mitte der 1960er-Jahre besann man sich wieder darauf, dass eine Synagoge angemessen zu nutzen sei. Die Gemeinde Kippenheim übernahm das Gebäude und restaurierte die Außenfassade. Um auch den Betsaal vor dem drohenden Verfall zu retten, gründete sich der Förderverein. Warum Jürgen Stude mit dabei war? „Ich hatte ein großes geschichtliches Interesse, außerdem gehöre ich zu der Generation, die die Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich suchte“, erklärt er sein Engagement.
Zuschussgelder
Konzept und Ziele des Fördervereins überzeugten zahlreiche Zuschussgeber – von der Gemeinde bis zum Landesdenkmalamt. 2003 begann die Innenrenovierung, bei der auch ein Ritualbad (Mikwe) entdeckt wurde. 2010 folgte die Dauerausstellung auf den Emporen zu jüdischem Brauchtum und Religion sowie zur Geschichte der Ortenauer Landjuden. „Historisch bezeugt die ehemalige Synagoge das einstige jüdische Leben in der Ortenau. Zeitgeschichtlich bezeugt sie die Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus durch ihre Entweihung am 10. November 1938. In ihrem jetzigen Zustand ist sie ein Beispiel des Umgangs heute mit dem jüdischen Erbe“, beschreibt Stude den Symbolwert.
Projekte
135 Mitglieder hat der Förderverein derzeit, die Buchveröffentlichung „Jüdisches Leben in der Ortenau“ war 2018 ein großes Projekt. Für die Zukunft wünschen sich die Mitglieder eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Ortenauer Schulen, doch: „Leider ist die schlechte Infrastruktur für viele Schulklassen ein Hindernis. Sie können weder in angemessener Zeit zu uns gelangen noch wieder zurück“, bedauert Stude. Umso mehr, als der neue Antisemitismus dringend ein Erinnern bräuchte, und die Führungen die ideale Plattform zum Lernen ohne Betroffenheitspädagogik seien. Das gelte auch für die Veranstaltungen. Die müssen übrigens nicht unbedingt die jüdische Kultur zum Thema haben, aber immer „dem Haus angemessen“ sein. Wie die Vernissage „Das Antlitz des Anderen“, am Sonntag, 7. Juli um 11 Uhr.
Weitere Infos wie Öffnungszeiten der Synagoge, Themen der Führungen und Kontaktadresse gibt es unter www.ehemalige-synagoge-kippenheim.de.
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