Ehemalige Synagoge Kippenheim
Förderverein schafft Ort der Begegnung

1986 und 1987 ließ die Gemeinde Kippenheim die Außenfassade wiederherstellen. | Foto: Manfred Sickmann
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  • 1986 und 1987 ließ die Gemeinde Kippenheim die Außenfassade wiederherstellen.
  • Foto: Manfred Sickmann
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Kippenheim (djä). In der Ortenau gibt es zahlreiche kunst- und kulturhistorische Stätten. Wer sorgt für die Erhaltung und dafür, dass Besucher diese Schätze besichtigen können? Wir stellen in unserer Serie historische Orte in der Ortenau vor, die es ohne das ehrenamtliche Engagement von Bürgern so heute nicht gäbe.

"Dies ist nichts anderes als das Haus Gottes", das Zitat aus dem ersten Buch Mose stand einst auf Hebräisch auf dem Portal des markanten Gebäudes in Kippenheim. Bereits im frühen 18. Jahrhundert gab es im Ort eine jüdische Gemeinde. Als diese auf mittlerweile 35 Familien angewachsene Gemeinschaft mehr Platz benötigte, wurde 1852 eine neue Synagoge im neuromanischen Stil eingeweiht.

Dann kam die dunkle Zeit des Nationalsozialismus. Während der Novemberpogrome 1938 wurde die Synagoge geschändet und im Inneren verwüstet. Ein Teil der Gemeindemitglieder war da bereits ausgewandert oder weggezogen. Die letzten 31 jüdischen Einwohner wurden 1940 ins Lager Gurs deportiert. 1945 wurde das Gebäude beschlagnahmt und der jüdischen Vermögensverwaltung JRSO übergeben. Damit begann eine Zeit der profanen Nutzung. Da es keine jüdische Gemeinde mehr gab, verkaufte die JRSO das Gebäude. Zuletzt wurde es als Lager der örtlichen Raiffeisen-Genossenschaft genutzt. Mitte der 1960er-Jahre setzte ein Umdenken im Umgang mit dem geschichtsträchtigen Sakralbau ein. Stimmen wurden laut, die sich für eine angemessene und würdevolle Nutzung stark machten. Die Gemeinde Kippenheim übernahm das Gebäude und restaurierte die Außenfassade. Um auch die Innenräume vor dem Verfall zu retten und instand zu setzen, gründete sich im Januar 1996 der "Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V.". Dem Verein gelang es, die Gemeinde, den Landkreis sowie das Landesdenkmalamt, aber auch Vereine und Kirchen als Zuschussgeber zu gewinnen. Und er nahm selber einen Kredit in Höhe von 20.000 Euro auf. 2003 konnte die Innenrenovierung in Angriff genommen werden.

Die Mitglieder des Vereins haben sich zum Ziel gesetzt, die ehemalige Synagoge zu einer Gedenk-, Lern- und Begegnungsstätte für ganz Mittelbaden zu machen. Hier, an diesem authentischen Ort, soll besonders jungen Menschen Wissen über jüdische Religion und jüdisches Leben in Vergangenheit und Gegenwart vermittelt werden. Die Spuren, welche die Pogromnacht 1938 und die Verwendung als Lagerhalle hinterließen, fordern zum Nachdenken auf. "Viele Menschen wissen nicht, dass es mit dem sogenannten Landjudentum seit Jahrhunderten jüdisches Leben in der Region gab und dass manche Synagogen die Pogrome überlebt haben", sagt Jürgen Stude, der Vorsitzende. Rund 150 Mitglieder hat der Verein heute, unter ihnen auch Nachfahren von Überlebenden. Historisch versierte Vereinsmitglieder vermitteln Besuchern ihr umfangreiches Hintergrundwissen. Ihnen ist wichtig, keine "Betroffenheitspädagogik" zu praktizieren. Es geht ihnen vielmehr um die Weitergabe historischer Fakten, um Aufklärung. Deshalb soll die Synagoge als Ort der Begegnung und der Kommunikation verstanden werden. Erinnern und Lernen können zur Auseinandersetzung mit aktuellen Phänomenen der Fremdenfeindlichkeit und der Ausgrenzung von Minderheiten beitragen. "Es geht darum zu verstehen, was Demokratie bedeutet, aus der Geschichte zu lernen", so Stude. Mit der Herausgabe von Büchern und einem anspruchsvollen Vortragsprogramm unterstützt der Verein seine Ziele. So spricht am 13. Juli um 19 Uhr Prof. Dr. Klaus Müller, von der evangelischen Landeskirche für das christlich-jüdische Gespräch betraut, über "Martin Luther und die Juden".

Die Zeit des Nationalsozialismus ist, an Jahren betrachtet, ein eher kurzer Zeitabschnitt des jüdischen Lebens in Deutschland. Das wird beim Betrachten des "Zeitstrahls" im ehemaligen Betsaal deutlich. Das neun Meter lange Band dokumentiert mit vielen Fotos die Geschichte der Synagogen. Der Zeitstrahl wurde ergänzt mit Daten und Informationen der allgemeinen politischen Situation. Auf den Emporen informiert eine Ausstellung über Kultur und Bräuche der mittelbadischen Landjuden. Die ehemalige Synagoge ist von Mai bis September sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

1986 und 1987 ließ die Gemeinde Kippenheim die Außenfassade wiederherstellen. | Foto: Manfred Sickmann
Theateraufführung des Max-Plank-Gymnasiums Lahr im Innenraum der ehemaligen Synagoge
 | Foto: Förderverein

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