Bilanz für 2022 der Badischen Stahlwerke
Trotz großer Herausforderungen gut durchs Jahr gekommen
Kehl(st) Das vergangene Jahr war geprägt von Krisen. Deren Auswirkungen haben auch die Badischen Stahlwerke (BSW) zu spüren bekommen. Dennoch ist das Familienunternehmen aus Kehl gut durch 2022 gekommen und blickt vorsichtig optimistisch in die Zukunft.
Die Badische Stahlwerke GmbH mit Sitz in Kehl ist eines der größten und technologisch modernsten Elektrostahlwerke in Deutschland. Hier wird Betonstahl für die Bauindustrie ressourcenschonend nicht aus Eisenerz und Koks hergestellt, sondern aus Stahlschrott recycelt. Mit rund 850 Beschäftigten ist das Familienunternehmen einer der größten Arbeitgeber in der Region. Steigende Energie- und Rohstoffpreise, eine temporäre Rohstoffknappheit, Niedrigwasser im Rhein und fehlende Schiffs- und Bahnkapazitäten haben die BSW im Jahr 2022 vor große Herausforderungen gestellt.
Ein forderndes Jahr mit vielen Krisen
„Das Jahr 2022 mit seinen Krisen war für uns extrem fordernd“, sagt Markus Menges, BSW-Geschäftsführer. Zu kämpfen hatte das Unternehmen nicht nur mit den rasant steigenden Energiepreisen. Da sowohl Russland als auch die Ukraine als Lieferanten von Stahlschrott ausfielen, kam es zu einer Knappheit dieses wertvollen Rohstoffs auf dem Weltmarkt – verbunden mit einem drastischen Preisanstieg. Hinzu kamen Probleme bei der Logistik: „Der Stahlschrott erreicht uns überwiegend auf dem Schiffsweg“, erklärt Menges. „Infolge der Ukrainekrise und der daraus resultierenden Energiesituation sind manche Schiffsunternehmen in andere Bereiche wie den Getreide- oder den Kohle-Transport abgewandert, so dass wir große Anstrengungen unternehmen mussten, um bestehende Schiffskapazitäten zu halten und neue auf dem Markt zu finden. Zusätzlich verschärft wurde die Situation dann im Sommer durch das Niedrigwasser im Rhein. Aufgrund des Wasserstandes waren wir zwischenzeitlich nicht in der Lage, den gekauften Stahlschrott aus den Lagern unserer Lieferanten in Richtung Kehl zu transportieren und mussten unsere Produktion entsprechend drosseln, denn auch die Waggonverfügbarkeit war stark eingeschränkt.“ Die Folge: Im Vergleich zum Vorjahr haben die Badischen Stahlwerke 2022 etwa zehn Prozent weniger Stahl produziert, der Absatz ist sogar um etwa 20 Prozent zurückgegangen.
Bilanz unterm Strich positiv
„Dennoch sind wir unterm Strich gut durchs Jahr 2022 gekommen“, zieht Menges Bilanz. „Wir haben Strategien entwickelt, um uns auf die veränderten Marktbedingungen einzustellen: So haben wir beispielsweise unsere Produktion optimiert und verstärkt an energiegünstigen Tagen gefertigt. Um einer möglichen Gasmangellage vorzubeugen, haben wir Bestände aufgebaut. Durch das Anpassen unserer Preise ist es uns zudem gelungen, die gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe in Teilen aufzufangen. Insgesamt können wir daher trotz aller Widrigkeiten zufrieden sein.“
Ohne Kurzarbeit durchs Jahr gekommen
Besonders stolz ist Menges darauf, dass die Badischen Stahlwerke 2022 die Zahl der Beschäftigten trotz zeitweiser Drosselung der Produktion stabil halten konnten und auch keine Kurzarbeit anmelden mussten: „Wir möchten für unsere Mitarbeiter ein zuverlässiger Arbeitgeber sein. Deswegen setzen wir alles daran, unsere Beschäftigten zu halten und Kurzarbeit in Zeiten verminderter Produktion nach Möglichkeit zu vermeiden. Das hat im vergangenen Jahr gut geklappt und das ist auch unser Ziel für dieses Jahr.“ Eine gute Nachricht für die Belegschaft ist ebenfalls, dass mit Inkrafttreten des neuen Tarifvertrags zum 1. November alle Tariflöhne bei den Badischen Stahlwerken kräftig angehoben wurden.
Für die Herausforderungen 2023 gut gewappnet
Die Aufgaben, so Menges, dürften im Jahr 2023 nicht kleiner werden. „Wir stehen am Beginn eines Jahres mit erneut großen Herausforderungen und vielen Unsicherheiten. Ob und wann es zu einer Gasmangellage kommt, ist nicht absehbar. Unabhängig davon werden die Energiepreise trotz der Gas- und Strompreisbremse weiterhin hoch sein. Außerdem müssen wir uns auf eine konjunkturelle Delle einstellen, denn es kommt eine Rezession auf uns zu, die auch den Immobilienmarkt betrifft.“
Schon Ende 2022 sei zu beobachten gewesen, dass die Genehmigungszahlen besonders im Einfamilienhausbau deutlich zurückgehen. Das hat auch Auswirkungen auf die Badischen Stahlwerke: „Es ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach Bau- und Bewehrungsstahl in diesem Jahr zurückgeht.“
Dennoch blickt Menges vorsichtig optimistisch in die Zukunft: „Die Badischen Stahlwerke stehen wirtschaftlich auf gesunden Füßen. Dass wir zudem in der Lage sind, auf Veränderungen von außen mit neuen Strategien schnell zu reagieren, haben wir im vergangenen Jahr bewiesen. Somit fühlen wir uns auch für die kommenden Herausforderungen gut gewappnet. Für 2023 haben wir uns vorgenommen, bei der Produktion und beim Absatz wieder an die Größenordnungen der Jahre vor 2022 heranzukommen.“
Ziel: 2045 klimaneutrale BSW
Bei allen akuten Krisen wollen die Badischen Stahlwerke das Thema Nachhaltigkeit auch 2023 nicht aus dem Blick verlieren. Durch die ressourcenschonende Stahlproduktion aus Stahlschrott erzeugt das Elektrostahlwerk bereits heute rund 80 Prozent weniger CO2 pro Tonne produziertem Stahl als klassische Stahlwerke mit Hochofen. Ziel ist es, bis 2045 klimaneutral zu sein. Voraussetzung dafür ist jedoch die ausreichende Verfügbarkeit von grünem Strom: „Solange der Strom in Deutschland nicht ausschließlich aus regenerativen Energien bezogen werden kann, können auch wir als Stahlwerk nicht komplett grün werden“, erklärt Menges. „Hier ist die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen für Ökostrom zu wettbewerbsfähigen Preisen zu ermöglichen.“
Auch in anderen Bereichen setzen sich die BSW für mehr Nachhaltigkeit ein. So geht ab diesem Jahr ein Fernwärmeprojekt in die Umsetzung, das Haushalte in Kehl und Straßburg mit Abwärme aus der Stahlproduktion versorgen soll. „In den nächsten Jahren wird ein etwa fünf Kilometer langes Rohrnetz verlegt, das unter anderem den Rhein durchqueren soll“, so Menges. „Dadurch können wir voraussichtlich ab 2027 etwa 7.000 Haushalte mit Abwärme aus unserem Werk versorgen. So lassen sich künftig bis zu 20.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.“
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