Porträt: Pfarrerin Henriette Gilbert
Mit Seelsorge nah bei den Menschen
Kehl-Kork. Für Henriette Gilbert ist es klar, dass es "Zufälle von oben" gibt. Als Seelsorgerin der Diakonie Kork suchen die Menschen nicht nur den Kontakt zur ihr, sie sucht natürlich ihn auch zu den Bewohnern. Wenn sie nach der inneren Eingebung eine Zimmertür öffnet, weiß sie nach dem Gespräch: "Es war wichtig, in dieses Zimmer zu gehen." Henriette Gilbert ist seit September Pfarrerin und Seelsorgerin für die Bewohner, Patienten und Mitarbeitende der Diakonie Kork.
Die 57-jährige Gilbert ist bis zum Abitur in Karlsruhe aufgewachsen. Für ihre Ausbildung zur Krankenschwester zog es sie nach Berlin, im Anschluss in die Schweiz nach Zürich. Bis sie ihren "Urwunsch" realisierte, nah bei den Menschen zu sein und das Studium der evangelischen Theologie begann. Die Erfahrungen an der kirchlichen Augustana-Hochschule im fränkischen Neuendettelsau wurden prägend für sie.
"Ich fühle mich bereits angekommen", erzählt sie und bedauert gleichzeitig, dass derzeit leider nicht alles möglich ist, was ihre Berufung ausmacht. "Die Seelsorge im direkten Gespräch ist möglich, aber Berührungen und Nähe, die ebenso wichtig sind, sind leider schwierig", erklärt sie die Situation. "Wir müssen andere Wegen gehen, um Nähe zu zeigen. Für solche neuen Formen bin ich aber selber auch auf der Suche nach verschiedenen Variationen." Da sind auch ihre Erfahrungen auf dem Campus während des Studiums hilfreich. "Wir haben mehr als eine reine Wissensvermittlung erhalten, sondern gelehrt bekommen, den Menschen in der Theologie zu sehen und zu begreifen", profitiert Gilbert bei ihren bisherigen Stationen von diesen vermittelten Ansichten.
Nach einer pastoralen Station im fränkischen Wertheim wechselte die gebürtige Karlsruherin in die Ortenau nach Kippenheim. Neben den Aufgaben innerhalb der Gemeinde bot Henriette Gilbert ihre Möglichkeiten der pastoralen und psychologischen Seelsorge im Ortenau Klinikum in Lahr an. "Dabei kommt mir natürlich meine vorherige Ausbildung als Krankenschwester zu Gute", so Gilbert, für die das Umfeld eines Krankenhauses sowie die Sorgen und Probleme der Patienten daher nicht neu sind. Sie versteht es, sich darauf einzulassen.
Mit der Hirtenhütte auf der Landesgartenschau
Für die Zeit der Landesgartenschau in Lahr im Jahr 2018 organisierte sie dort eine Hirtenhütte als Anlaufstelle und Ruhepol auf dem Gelände. Zentrale Botschaft war der Psalm 23: "Der Herr ist mein Hirte". "Mit verschiedensten Angeboten und der Anwesenheit von sechs Schafen wollten wir einen Ort schaffen, wo Menschen ihre Ruhe finden können", so Gilbert. Dabei hat sie festgestellt, dass sich die Schafe oft Menschen gesucht haben, die offensichtlich die tierische Nähe benötigten. "Da lief eine Art der Kommunikation, die wir nicht erfassen können", zeigt sich Gilbert auch im Nachhinein noch tief beeindruckt und angerührt von der Erfahrungen auf der Landesgartenschau.
Danach hat sie sich gefragt, welchen Wirkungskreis sie in Zukunft haben möchte, ob noch mal etwas Neues sie vor dem Ruhestand reizt? Den Ausschlag für die Diakonie Kork gab auch, dass sie ihre beiden erlernten Berufe vereinen kann. "Jetzt bin ich schon einige Wochen hier und habe noch kein einziges Formular ausgefüllt", freut sie sich darüber, dass sie weniger Verwaltungstätigkeiten wahrnehmen muss, dafür der Mensch viel mehr im Mittelpunkt steht.
Grundsätzlich sind die verschiedenen Säulen des menschlichen Lebens für Henriette Gilbert gleichberechtigt nebeneinander. Daher: "Jeder braucht auch Nahrung für die Seele", ist sie überzeugt, und bedauert sehr, dass die derzeitige Situation so massiv auf die Säule der Seelsorge, der menschlichen Nähe und Fürsorge eingreift. "Die Stunde der Seelsorge wird wieder kommen", versucht sie in dieser Zeit dennoch die Menschen der Diakonie weiterhin zu erreichen. Denn der Sprachlosigkeit der Menschen entgegenzuwirken, dass will Gilbert durch ihre Nähe und Anwesenheit erreichen.
Bisher wohnte Gilbert als Pfarrerin direkt neben der Kirche und hatte immer auch eine offene Gartentür für die Anliegen der Gemeinde. Jetzt kommt sie selber auch zur Ruhe, dadurch, dass sie etwas räumlichen Abstand hat.
Rembert Graf Kerssenbrock
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