Gudrun Stapenhorst fördert Fähigkeiten von Grundschülern
Lesen ist die Grundlage allen weiteren Lernens
Kehl. Der Rucksack ist wieder ausgepackt. Gudrun Stapenhorst genoss die vergangenen Tage auf der Insel Martinique und vermisst bereits jetzt schon Sonne, Wasser und Wärme. Nach Kehl kam die gebürtige Westfälin vor drei Jahren über Stationen in Tübingen und Reutlingen. Hier hat sie maßgeblich den Verein Mentor Leselernhelfer Kehl/Hanauerland mit aufgebaut. Ehrenamtliche betreuen Kinder im Grundschulalter durch individuelle Förderung von Leselernfähigkeiten und -verständnis.
Für die Entwicklung der Jüngsten hat sich Gudrun Stapenhorst bereits frühzeitig interessiert und nach einer Lehre zur Bankkauffrau neu orientiert. Nach dem Studium zur Sport- und Gymnastiklehrerin ist sie für ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin Ende der 1970er-Jahre im Schwäbischen gelandet. "Ich habe einen Strich auf der Landkarte gezogen, in welcher Region man schnell in den Bergen ist, um skizufahren", nennt sie ihre persönlichen Gründe für den Umzug in den Süden Deutschlands.
In Tübingen konzentrierte sie sich auf die Frühförderung von Säuglingen und Kindern auch im Bereich der Sonderpädagogik. "In den ersten zwei Lebensjahren werden die Grundlagen für die weitere Entwicklung aller Sinnesreize gelegt", macht sie ihre Arbeit in diesem Bereich deutlich. In Reutlingen baute sie sich eine eigene Praxis auf, in der sie 25 Jahre lang Kinder betreute und behandelte. Schon während dieser Zeit nahm sie sich regelmäßig längere Auszeiten, um ihrer Leidenschaft, dem Reisen nachgehen zu können. Vor rund sechs Jahren hat sie ihre Praxis verkauft.
Fantasie und eigene Meinung entwickeln
"Leselernförderung für Grundschulkinder ist auch eine Art Frühförderung", erklärt Stapenhorst, die diese Unterstützung durch Ehrenamtliche in Reutlingen kennengelernt hatte. Sie ist davon überzeugt, dass "das Lesen als die Fähigkeit, Texte und Bilder erlesen zu können und zu verstehen die Grundlage allen Lernens ist. Ein Kin, das gerne liest, lernt leichter in der Schule." Sie selbst ist in ihrem Elternhaus ans Lesen herangeführt worden und hat als Kind und Jugendliche die Schulbibliothek geplündert. "So kann sich Fantasie entwickeln, man kann eigene Meinungen bilden und es stärkt die Persönlichkeit", setzt sie sich für die Lektüre von Büchern jeglicher Art ein.
Vielleicht hat sie durch ihre Neugier zu gedruckten Werken auch ihre Reiselust entdeckt. Großeltern und andere Teile ihrer Familie waren ausgewandert. "Ich habe früh eine Familienrundreise gemacht und so Guatemala und Brasilien entdeckt", erinnert sich Stapenhorst. Statt Skifahren hat sie dann die Leidenschaft fürs Tauchen entdeckt. "Vom Seepferdchen bis zum Walhai habe ich inzwischen vieles unter der Wasseroberfläche gesehen. Ich wollte es nicht nur aus Fernsehen oder Büchern kennen, sondern live erleben", so Stapenhorst.
"Jetzt steht der Verein mit den Leselernhelfern auf stabilen Füßen, so kann ich mich wieder etwas mehr um mich kümmern", freut sich Stapenhorst. Vor drei Jahren hat sie mit anderen Ehrenamtlichen den Verein im Hanauerland gegründet. Sie ist somit erste Vorsitzende des südlichsten Vereins unter dem Mentor-Bundesverband-Dach, dass ein Konzept für Referentenschulungen sowie die Aus- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen bietet.
Inzwischen kümmern sich 40 dieser Leselernhelfer um rund 80 Kinder in Kehl, Rheinau und Willstätt. "Wir geben keine Nachhilfe, sind keine Hausaufgabenbetreuung, sondern greifen die Interessen der Kinder auf", betont Stapenhorst. Aus Rückmeldungen weiß sie, dass "Lehrer den Nutzen für den Unterricht durch unsere Arbeit erfahren". Längst nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund werden durch den Verein ans Lesen herangeführt. Der Bedarf ist groß. "An jeder Schule gibt es eine Warteliste", weiß die erste Vorsitzende des Vereins und wirbt um Unterstützung.
Die Kinder im Grundschulalter und ihre Leselernhelfer treffen sich einmal pro Woche. Geübt werden so Lesefluss, Stimmmelodie und Leseverständnis. "Kinder lernen ein neues Selbstwertgefühl für die Schule und das ganze spätere Leben", ist sie von der Notwendigkeit und Wichtigkeit des Projekts überzeugt.
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