Werner Ewers gestaltet Kunst aus Pappelholz und Schiefer
Ist das Atelier leer, ist der Kopf nicht kreativ
Neuried/Kehl (rek). Noch ist für Werner Ewers die seit über einem Jahr andauernde schaffenslose Zeit nicht beendet. Doch der Kehler Künstler hat ein Ende dieser Zeit vor Augen: Derzeit entsteht sein neues Atelier beim Europäischen Forum am Rhein. Das ursprünglich als kreatives Zentrum geplante oberste Geschoss in diesem Neubau direkt am Rhein und damit am Übergang nach Straßburg wird zum Lager seiner Skulpturen. Derzeit läuft im Forum am Rhein gemeinsam mit dem elsässischen Maler Piere Gangloff eine Ausstellung. "Ihn kenne ich seit 40 Jahren, damals von einer Kunstmesse in Sélestat. Wir haben bereits mehrere Ausstellungen zusammen gemacht", so Ewers.
Sonntagsporträt
Werner Ewers wurde 1941 in Kehl geboren. Nach der Schule absolvierte Ewers eine kaufmännische Ausbildung in Offenburg. "Eine Katastrophe war das für mich", erinnert sich Ewers an den Wunsch der Eltern, etwas Solides zum Beruf zu machen. Er wechselte zur Kunst, besuchte Anfang der 1960er-Jahre die Ecole municipale des art décoratifs in Straßburg, später die Staatliche Akademie der bildenden Künste in Stuttgart.
So beschäftigten ihn bis in die 1980er-Jahre die Bereiche Grafik und Malerei. "Manchmal habe ich halbe Nächte für die Werke durchgemacht – und am nächsten Morgen haben sie mir nicht mehr gefallen", erinnert sich Ewers. Sie waren in seinen Augen nicht perfekt und daher wären sie auch für Ausstellungen geeignet gewesen.
Über die Entdeckung von dreidimensionalen Bildern entwickelte er die erste Skulptur aus Pappelholz und Schiefer. "Pappelholz findet man in der Region ausreichend, zudem hat es den Vorteil, dass es weich und ohne Astlöcher ist", beschreibt Ewers die Entwicklung. Für den Schiefer suchte er anfangs sogar in den Lagern von Baumärkten nach dem passenden Stück für seine Pappel-Werke. Die Kontraste des Holzes und des Schiefers sind es, die Ewers faszinieren: hell und dunkel, warm und kalt, hart und weich, rund und eckig.
"Das ist eine Art Meditation für mich"
Die Bearbeitung des Schiefers erfolgt mit Diamantfräsern. "Das ist so eine Art von Meditation für mich. Dann bin ich glücklich", erklärt Ewers, der grundsätzlich alles im Stehen fertigt und erledigt. "Dann bin ich zufällig auf die japanische Zen-Kultur gestoßen."
Das ist für ihn ein Grundsatz: nicht suchen, sondern einfach finden. Lange habe er nach einem neuen Atelier und einem Lagerraum für seine Skulpturen gesucht. Bis der Architekt und Investor Jürgen Grossmann auf ihn zukam und ihm das Angebot im Europäischen Forum am Rhein machte.
In der Zwischenzeit muss es doch in den Fingern gekribbelt haben? "Ist das Atelier leer, ist es auch der Kopf", nimmt Ewers es als selbstverständlich hin, dass er sofort wieder kreativ sein wird, wenn er sein neues Atelier bezogen haben wird. Allerdings die Ideen kommen ihm in seinen Schaffensphasen nicht in seiner Werkstatt. Für die sitzt er oft nachts in seinem Wohnzimmer, hört mit Kopfhörern Musik und fertigt Zettel mit Skizzen. "Da müsste man mal einen Psychologen fragen, woran es liegt", sinniert Ewers über das beschriebene Phänomen, dass Atelier und kreative Ideen bei ihm aufs Engste miteinander verknüpft sind.
Seine Werke hat Ewers in drei Themen eingeteilt: Steinelandschaften, Körperlandschaften sowie konstruierte Landschaften. "Ich bin nie einer künstlerischen Mode hinterher gelaufen", sieht Ewers darin auch eine Ehrlichkeit seiner Werke. Nicht aufgrund mangelnder Kreativität, sondern auch wegen eines Grundsatzes haben seine Skulpturen keine Namen: "Den braucht es nicht. Wichtig sind einfache Formen, klare Linien und nichts Verschnörkeltes."
"Was ich sicher genossen hätte bei der kreativen Arbeit, wäre die Aussicht über den Rhein und die Auen", so Ewers, dass der schönere Raum sein Lager wird. Doch hier hat seine Kunst nun ihr Zuhause gefunden, ist Ewers, der im kommenden Jahr seinen 80. Geburtstag feiert, froh. Sein gesamtes künstlerisches Oeuvre hat er der Grossmann-Stiftung vermacht und auch notariell besiegelt. So werden die Allianzen aus Pappelholz und Schiefer dauerhaft im Europäischen Forum ihre Heimat haben – ohne, dass er jemals nach solch einer Idee gesucht hätte. Rembert Graf Kerssenbrock
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