Ehrung mit Verdienstorden
Ilse Teipelke: „Ich finde das so geil“
Kehl (st). Ministerpräsident Winfried Kretschmann höchst selbst hat die Künstlerin und Frauenrechtlerin Ilse Teipelke für ihr Lebenswerk mit dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Weil die Verleihung der höchsten Auszeichnung, die das Land zu vergeben hat, in Stuttgart aufgrund der Corona-Lage nur im kleinsten Kreis stattfinden konnte, hat die Stadt Kehl Ilse Teipelke am Freitag mit einem kleinen Empfang im Kulturhaus geehrt.
Orden mit Stolz präsentiert
Die 75-Jährige präsentierte den Orden mit großem Stolz und freute sich über die kurze Feier, die ehrenden Worte von Kehls Erstem Beigeordneten Thomas Wuttke und über die Töne, die Julia Ströbel-Bänsch im Treppenhaus des Kulturhauses dem Alphorn entlockte.
Die Musikerin hatte Ilse Teipelke selber engagiert – „ich liebe Alphorn über alles“, erklärte sie den 20 Gästen, die sie coronakonform hatte einladen können. „Normalerweise wären wir mit dem Bus nach Stuttgart gekommen, dann hätten wir dort den Bär tanzen lassen“, bedauerte sie, dass Freundinnen, Freunde und Weggefährten sie nicht hatten in die Landeshauptstadt begleiten können. Ihrer Freude über den Orden tut das jedoch keinen Abbruch: Im Saal des Kulturhauses nimmt sie mit schwungvoller Geste den Schal ab und präsentiert ihn ihren Gästen mit einigen Schritten zwischen die Stuhlreihen tanzend. Sie werde den Orden (den es auch noch in „einer Miniausgabe gibt für ein dünnes Kleid“ gibt) bei jeder Gelegenheit tragen, versichert sie: „Ich find‘ das so geil.“
Ilse Teipelke bedankte sich bei allen, die dazu beigetragen hatten, dass sie diese Auszeichnung erhalten hat und schloss in diesen Dank auch ihre Eltern mit ein, „die mich mit diesen renitenten Genen ausgestattet haben“. Sie bedauerte, dass ihr Mann, Hans-Christoph Bechtold, ihre Auszeichnung nicht mehr erleben durfte: „Er wäre so stolz gewesen. Er hat mich immer unterstützt.“
Sie erinnerte in ihrer kurzen Rede daran, wie sie das Kulturhaus 2013, als es noch ein verlassenes Schulgebäude war, in das „Hotel Sehnsucht“ verwandelt hatte, indem der heutige Kultursaal der Raum der Sehnsucht nach Frieden und Glück war. Und sie erinnerte daran, dass der afghanische Bombenteppich im Hotel Sehnsucht ausgestellt war. Die Bürgerstiftung hatte das Kunstwerk erworben und der Stadt 2019 als Leihgabe für das Kulturhaus überlassen. Durch die Eroberung Afghanistans durch die Taliban habe der Bombenteppich, ein Kunstwerk aus Nägeln und Draht, die Panzer und Hubschrauber formen, „traurige Aktualität“ erhalten, bedauerte sie und rief ihre Gäste zu Spenden für Medica Mondiale auf, eine Organisation, die sich weltweit um Mädchen kümmert, die von sexualisierter Kriegsgewalt betroffen sind. Die Organisation versuche, afghanische Juristinnen, die sie in den vergangenen Jahren beraten haben und die deshalb nun in Todesgefahr schweben, aus dem Land zu holen.
Die Aktualität des Bombenteppichs, zu dem afghanische Weberinnen Ilse Teipelke inspiriert hatten, die anstelle von Blumenmustern Panzer und Helikopter in die Teppiche webten, sprach auch Thomas Wuttke in seiner Laudatio an. Er habe das Kulturhaus erst in seiner fertigen Form kennen gelernt, erklärte er, und sei froh, dass es Ilse Teipelke in ihrer zielstrebigen Beharrlichkeit gelungen sei, die Verantwortlichen der Stadtverwaltung zu überzeugen, das Experiment mit dem Hotel Sehnsucht zu wagen. Mit ihrer Ausstellung habe die Künstlerin Kehlern vor Augen geführt, welches Potential in dem Haus stecke.
"Glücksfall für Kehl"
Er pries es als Glücksfall für Kehl, dass Ilse Teipelke von Offenburg nach Kehl gezogen sei: „Längst nicht jede Stadt kann von sich behaupten, eine Künstlerin zu ihren Einwohnnerinnen zählen du dürfen, die bei der Documenta in Kassel ausgestellt hat.“ Von ihrem Ideenreichtum habe Kehl schon häufig profitiert – sei es, wenn sie mit Grundschülerinnen und -schülern selber gestaltete Bücher gedruckt oder mit Jugendlichen aus Abfall Plastikmonster erschaffen habe. Als kämpferisch „und ein bisschen wild“ beschrieb er die Verdienstordensträgerin, als Feministin und als politisch: „Wer Rassismus und Sexismus zum Thema macht, kann nicht unpolitisch sein.“ Alles in allem, fasste er zusammen, verwundere es nicht, warum das Land Ilse Teipelke mit der höchsten Auszeichnung bedacht habe: „Sie haben sich den Verdienstorden wahrlich verdient.“
Mit zur Auszeichnung beigetragen hat auch, dass sich Ilse Teipelke in der Bürgerstiftung engagiert. Dort gibt es seit 2015 auch die Ilse-Teipelke-Stiftung, deren Zweck mit der Kulturförderung fest umrissen ist.
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