Sonntagsporträt: Marcus Christek
Exot lebt seine Kreativität aus
Baden-Baden/Kehl. Vom Einzelhandelskaufmann über ein eigenes Mode-Label bis in die Musik-Charts mit eigenen Songs: Marcus Christek hat seine kreative Ader auf die verschiedensten Weisen ausgelebt. Gestartet ist er beruflich dagegen eher klassisch: Geboren in Freudenstadt, wuchs der heute 47-jährige Christek in Gengenbach auf und absolvierte nach der Schule eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in Offenburg.
"Das ist nichts für mich", hat Marcus Christek nach seiner Ausbildung festgestellt. Er saß in der Küchenabteilung eines damaligen Offenburger Möbelhauses und musste auf Kunden warten, die beraten werden wollten. Seinen Zivildienst im Epilepsiezentrum der Diakonie Kork erlebte er als eine "schwierige emotionale Zeit, weil ich die Kinder und deren Sorgen zu nah an mich rankommen ließ. Dann habe ich einen Schlussstrich gezogen", berichtet Christek, warum er seinen Zivildienst beim Roten Kreuz beendete.
Doch was jetzt tun? Er ging für zwei Wochen nach England. Danach, war er sich sicher, werde er wissen, was er wolle. Während seines London-Aufenthalts landete er im Stadtviertel Camden Town. "Dort gab es Bekleidungsgeschäfte, die alles andere als Mainstream waren", stellt er fest. Schnell hatte er das Gefühl, diese Mode könnte eine Nische in Deutschland füllen. "Ich investierte mein restliches Geld in diese Klamotten." Zurück in der Ortenau verkaufte er die Sachen an Freunde und Bekannte. Es funktionierte. Mit einem Laden in Hannover und kleinen englischen Labels, zuerst im Untergrund des Hauptbahnhofs, später in der Fußgängerzone, startete der stationäre Verkauf. Es entstanden eigene Designs, die ersten Produktionsstätten waren in den damals fünf neuen Bundesländern, wanderten aber über Polen und die Türkei immer weiter gen Osten bis China.
Der Wandel über Prinz M. zu Marc Crown
"Ich hatte eine visuelle Vorstellungskraft meiner Mode und die Erfahrung, was meine Kunden wollten", erzählt Christek, wie er seine aufreibenden Wochenende in den Produktionsstätten verbrachte, um dort seine Ideen realisieren zu lassen. "Meine Kunden kamen aus der Elektro-, Techno- und Party-Szene. Allerdings habe ich mich in Hannover nie zu Hause gefühlt." Durch den Aufbau eines Online-Shops war er örtlich ungebunden. So zog es ihn wieder in die Ortenau. Erst von Rheinau aus, ab 2009 dann auch wieder mit einem Geschäft in der Kehler Fußgängerzone, versorgte Christek seine jüngeren Kunden mit zu meist eigenen Entwürfen. "Ich war sicher in Kehl der Exot", weiß Christek über sein Angebot an Mode. Auf eine misslungenen unternehmerischen Ausflug an den Balneario in Mallorca folgte ein Versuch, mit hochpreisiger Mode in der Kurstadt Baden-Baden. Auch das klappte nicht dauerhaft.
Am Standort Baden-Baden erfolgte 2015 der nächste Umbruch, um seine kreative Ader ausleben zu können. Aus der Gestaltung und Einrichtung von Zimmern sind inzwischen bis heute Ferienappartements geworden. "Neben dem Ein- und Auschecken der Gäste sowie der Zimmerreinigung gibt aber sehr viel Leerlauf", erlebt Christek die neuen Freiheiten.
Musik wird sein neues Steckenpferd: "Ich habe es nicht gelernt, aber ich versuche es mal", ist seine fast schon grundsätzliche Herangehensweise. Als Prinz M. covert er das Lied "Obsession", das in der Musikwelt als hypnotisierend beschrieben wird und landet in den "iTunes"-Verkaufslisten. Mit etwas Hard- und Software setzt er wieder seine eigenen Ideen um. Durch ein Tonstudio und Sänger in Los Angeles wird es durch technische Bearbeitung marktgerecht produziert. "Mit Technik lässt sich viel beim Gesang ausgleichen." Aus Prinz M. ist inzwischen Marc Crown geworden und so brachte er im Frühjahr den Titel "Gasoline" auf den Markt. Ganz dem Publikum seiner Mode entsprechend ist es im Elektro- und Techno-Stil. Obwohl die Clubs seither geschlossen sind, steht es auf der Spotify-Hitliste und wurde inzwischen 600.000 mal gestreamt.
Ruhe in seiner kreativen Unruhe holt sich Christek durch Yoga und in der Ortenau, wo er fast täglich Familie und Freunde besucht. Die Schublade des Exoten wird Marcus Christek auch als Marc Crown mit Sicherheit so schnell nicht los.
Rembert Graf Kerssenbrock
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