Passanten befragt
Wie kann Innenstadt für Anwohner attraktiver werden?
Kehl (st). Mit einem auf Styropor geklebten Stadtplan und kleinen Fähnchen zum Hineinstecken stehen Tilman Berger, Leiter der Gemeinwesenarbeit in Kehl, und Emilie Schleich, Leiterin des künftigen Innenstadtbüros, auf dem Marktplatz. Neugierig nähern sich Besucher der Innenstadt – und werden prompt mit der Frage konfrontiert: „Wie kann die Innenstadt für Anwohnerinnen und Anwohner noch attraktiver werden?“
An Ideen und Vorschlägen mangelt es den Befragten nicht. Auch wenn einige Themen wiederkehrend sind, wie beispielsweise die Forderung nach weniger Müll, mehr Grün und weniger Autoverkehr im Innenstadtbereich. An einigen Stellen fordern die Befragten auch Gegensätzliches: Die einen wünschen sich einen belebteren Marktplatz, andere wiederum klagen über zu viel Lärm. „Wir möchten mit den Menschen ins Gespräch kommen und herausfinden, was an der Innenstadt gut ist und was verbessert werden kann“, berichtet Emilie Schleich. Der Stadtplan auf Styropor soll dabei helfen, sich die Innenstadt zu vergegenwärtigen. Zu jedem Vorschlag stecken die Befragten dann ein Fähnchen an die betreffende Stelle.
"Planning for real"
Eine Wochenmarktbesucherin wünscht sich mehr Bäume und weniger Versiegelung auf dem Marktplatz und steckt ein entsprechendes Fähnchen in die Blumenstraße zwischen Rhein- und Schulstraße. Diese Methode ist dem „Planning for real“ (zu Deutsch: wirkliche Planung) entlehnt. In den 1970er-Jahren von dem Briten Dr. Tony Gibson entwickelt, soll dieses gemeinwesenorientierte Planungsverfahren Menschen dazu mobilisieren, sich für ihre Nachbarschaft oder ihren Stadtteil aktiv einzubringen. In Kehl sollen die Ergebnisse bei sogenannten Innenstadttreffs mit den Anwohnern diskutiert werden.
Der Innenstadttreff kommt jeweils dienstags in der Zeit von 15 bis 17 Uhr in den städtischen Räumlichkeiten an der Schulstraße 36 unter Anleitung von Quartiersarbeiterin Emilie Schleich zusammen. Im September eröffnet an dieser Adresse offiziell das Innenstadtbüro unter dem Namen „Anker 36“. Die Initiative für das Innenstadtbüro - der Projekttitel lautet „Zentrum für Vielfalt“ - geht zurück auf eine Sozialraumbefragung aus dem Jahr 2019. Hierzu hatten die beiden Integrationsbeauftragten der Stadt sowie der Inklusionsbeauftragte Interviews mit Innenstadtbewohnern geführt, mit dem Ergebnis, dass in der Innenstadt wenig nachbarschaftliche Beziehungen gepflegt würden und die Menschen vielmehr unter sich blieben. „Unser Ziel ist es, Nachbarschaften zu stärken, Parallelgesellschaften aufzubrechen und die Bewohnerinnen und Bewohner der Innenstadt zu aktivieren“, sagt Emilie Schleich.
Empfangsbüro für Neu-Kehler
Gleichzeitig soll in den 84 Quadratmeter großen Räumlichkeiten des ehemaligen Kosmetikstudios ein Empfangsbüro eingerichtet werden, um Neu-Kehler nach ihrer Ankunft in der Rheinstadt dabei zu helfen, sich zu orientieren. Wo gibt es zusätzliche Sprachkurse? Was kann an Wochenenden in der Region unternommen werden? Wo werden welche Behördengänge erledigt? Diese Fragen beantworten Ehrenamtliche an zwei Öffnungstagen in der Woche. Die genauen Öffnungszeiten stehen bislang noch nicht fest; wer im Empfangsbüro sitzt, hingegen schon: „Auf einem Infoabend haben sich bereits Freiwillige gemeldet, die mithelfen möchten“, berichtet Emilie Schleich. Und es könnten noch mehr werden: Neben der Stadtkarte auf Styropor haben Tilman Berger und Emilie Schleich auch eine Namensliste ausgelegt. Im Laufe des Vormittags füllt sie sich mit den Namen derer, die sich ehrenamtlich engagieren oder als Impulsgeber zu einem Innenstadttreff kommen möchten. Darüber hinaus können sich Interessierte auch telefonisch unter 07851 88-2403 bei Emilie Schleich melden.
Gefördert wird das Projekt durch die Baden-Württemberg-Stiftung über dessen Programm „Vielfalt gefällt – Orte der Toleranz
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