Pfarrermangel
Nachwuchssorgen in den großen christlichen Kirchen

Im Dekanat Kehl sind alle Pfarrstellen besetzt. | Foto: gro

Kehl/Lahr (gro/ds). Die katholische Kirche klagt schon länger über einen Priestermangel. Immer weniger Männer sind bereit, das Amt zu übernehmen.  Um dem entgegenzuwirken wurden Pfarreien zu größeren Seelsorgeeinheiten zusammengefasst. Dadurch wurden neue Kirchengemeinden gebildet, die mehr als eine Pfarrei umfassen. "Der Vorteil: die kirchenrechtlichen Pfarreien bleiben erhalten, die Verwaltung kann hingegen fusioniert werden", stellt Martin Wichmann, Pastoralreferent im Dekanat Lahr, fest.

Um Pfarrer, also Leiter einer Seelsorgeeinheit zu werden, müsse man Priester sein. Auf der anderen Seite sei nicht jeder Priester auch ein Pfarrer. "Das Dekanat Lahr leidet unter Priestermangel wie die ganze katholische Kirche", so Wichmann. "Immer weniger Männer lassen sich auf diesen Weg ein."

Im Vergleich zu außereuropäischen Ländern gebe es in Deutschland jedoch noch sehr viele Priester und Pfarrer, wenngleich nur wenige junge. "Die Priesterzahlen sinken bundes- und europaweit seit Jahrzehnten, demographisch wird sich das in den nächsten Jahrzehnten weiter verschärfen. Der eigentliche Mangel besteht bei den Pfarrern, also Priestern, die eine Seelsorgeeinheit leiten können", betont Wichmann.

Im Dekanat Lahr gebe es fünf Seelsorgeeinheiten. "Alle Pfarreien haben einen leitenden Pfarrer oder einen Pfarradministrator", erklärt Wichmann die augenblickliche Lage. Beide würden durch den Bischof benannt. "Manchmal werden die zu besetzenden Stellen im Amtsblatt ausgeschrieben, dann können sich interessierte Priester melden", beschreibt Wichmann das Prozedere. Wenn sich kein geeigneter Kandidat finde, stehe dem Bischof frei, eine Pfarrstelle über längere Zeit vakant zu lassen. In diesem Fall werde interimsweise ein Pfarradministrator benannt. In Einzelfällen könne dies schon mal bis zu einem Jahr oder auch länger dauern.

Auch in der evangelischen Kirche wird es nicht leichter, Nachwuchs zu finden. "Im Moment können wir noch alle Stellen besetzen", sagt Günther Ihle, Dekan in Kehl. "Wir haben aus verschiedenen Gründen immer eine größere Zahl von Vakanzen in der gesamten Landeskirche, die dadurch auch eine gewisse Bewegung bei der Stellenbesetzung ermöglichen. Ab 2020 rechnen wir mit der zunehmenden Zahl derjenigen, vor allem aus den geburtenstarken Jahrgängen, die in Ruhestand gehen. Die hohe Zahl der Ruheständler übersteigt deutlich die Zahl der möglichen Studienabsolventen. Es werden nicht mehr alle Stellen besetzt werden können."

Im Evangelischen Dekanat Kehl seien derzeit alle Pfarrstellen besetzt, eine durch eine Pfarrerin im Probedienst auf zwei Jahre. Eine freie Stelle werde im sogenannten Gesetzes- und Verordnungsblatt der Landeskirche ausgeschrieben. "Es erscheint monatlich und wird in alle Gemeinden beziehungsweise an alle Hauptamtlichen verschickt", so Ihle. Wenn sich daraufhin kein Pfarrer für eine freie Stelle finde, beginne die Vakanzverwaltung durch einen Nachbarpfarrer. "Die Versorgung der Gottesdienste, Kasualien und des kirchlichen Unterrichts erfolgt durch Kollegen, Prädikanten oder Ruheständler", beschreibt Ihle das System.

Die Organisation erfolge durch das Dekanat. "Eine vakante Pfarrstelle kann bis zu zweimal ausgeschrieben werden. Der Kirchengemeinderat kann aber auch auf sein Wahlrecht verzichten und um eine Besetzung durch das Personalreferat des Evangelischen Oberkirchenrats bitten." Es könne ein Jahr oder mehr verstreichen, bis die offene Stelle besetzt werden könne. "In den Großstädten ist es tendenziell einfacher, eine Pfarrstelle zu besetzen, da auch die Berufssituation des Ehepartner zu beachten ist. Pfarrstellen auf dem Land werden nicht grundsätzlich als unattraktiv empfunden, aber die Rahmenbedingungen sind nicht immer einfach." Mehrere Bewerbungen auf eine Pfarrstelle seien eher selten.

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