Grenzüberschreitendes Projekt
Calorie Kehl-Strasbourg plant Wärmenetz
Kehl (st) Das Team von Calorie Kehl-Strasbourg hat neue Mitglieder bekommen: Nachdem der Verwaltungsrat am 3. Mai den Auftrag zur Planung der rheindurchquerenden Wärmeleitung an die Firma Egis und ihre Partner in diesem Projekt – das deutsche Ingenieurbüro GEF und das französische Architekturbüro Thales Architecture – vergeben hat, konnte die Generaldirektorin der Calorie, Sabine Schimetschek, bei einem Ortstermin bei den Badischen Stahlwerken alle an der Umsetzung des ehrgeizigen Projekts Beteiligten begrüßen. Hauptziel des Treffens war es, einen einheitlichen Kenntnisstand über die Wärmeauskopplung im Stahlwerk zu erreichen und so die Basis für eine effiziente und reibungslose Zusammenarbeit zu schaffen.
Der Planungsauftrag war von der Straßburger Entwicklungsgesellschaft SERS, welcher Calorie im Juli 2023 die Bauherrenvertretung für das grenzüberschreitende Abwärmeprojekt übertragen hatte, europaweit ausgeschrieben worden. Auch die Auftragsvergabe im Verwaltungsrat war von der SERS vorbereitet worden.
Abwärme wird abgesaugt
Anhand eines Modells erläuterten Reiner Hagemann und Dominique Fonné von den Badischen Stahlwerken den Prozess der Stahlproduktion sowie den geplanten Prozess der Wärmeauskopplung: Auf mehr als 1.600 Grad steigt die Temperatur, wenn in den Elektro-Lichtbogenöfen Stahlschrott eingeschmolzen wird, um neuen Stahl entstehen zu lassen. Diese im Stahlproduktionsprozess unvermeidbar entstehende Abwärme, welche direkt aus den Öfen abgesaugt wird, muss zunächst abgekühlt werden, bevor sie ausgekoppelt werden kann. Um sie in das grenzüberschreitende Wärmeleitungsnetz einspeisen zu können – dessen Verlauf es nun zu planen gilt – sind im Stahlwerk erhebliche Umbauarbeiten notwendig. Vom Stahlwerk aus wird dann 160 Grad heißes Wasser in das noch zu bauende Rohrleitungsnetz eingeleitet. Diese hohe Wassertemperatur, auf die das Leitungsnetz angepasst werden muss, stellt – zusammen mit der Rheinquerung – eine der Herausforderungen des Projekts dar.
Die Besichtigung der für das Vorhaben relevanten Bereiche des Stahlwerks war bewusst auf einen Tag gelegt worden, an dem die Elektrolichtbogenöfen aufgrund von Wartungsarbeiten abgeschaltet waren. Dies ermöglichte es den Ingenieuren, die Anlage aus der Nähe betrachten zu können. Mit dabei waren auch der Generaldirektor Eric Hartweg von der Straßburger Entwicklungsgesellschaft SERS und die Projektingenieurin Claire Bardet.
Dass sich durch die Kooperation der französischen und deutschen Ingenieur- und Architekturbüros die entscheidenden Kompetenzen bündeln, ist aus Sicht von Sabine Schimetscheck „ein Glücksfall für unser Projekt“: Während Egis sein Wissen im Hinblick auf die französische Genehmigungsplanung und technischen Regeln einbringt, kennt sich GEF mit den deutschen Verfahren aus. Beide Büros verfügen sowohl im Bereich der Planung von Wärmetrassen als auch in der thermischen Planung über umfangreiche Erfahrung.
Hintergrund
Sechs deutsche und französische Partner planen ein in Europa einzigartiges Projekt: Die bei den Badischen Stahlwerken im Produktionsprozess im Kehler Hafen unvermeidbar entstehende Abwärme soll grenzüberschreitend genutzt werden, um Wohngebäude, öffentliche Einrichtungen und Unternehmen auf beiden Rheinseiten mit Heizenergie zu versorgen. Mit diesem Energiewendeprojekt können bereits in der ersten Phase jährlich 19.600 Tonnen des klimaschädlichen CO2 vermieden werden.
Die zur Realisierung des ehrgeizigen Vorhabens gegründete grenzüberschreitende Wärmegesellschaft Calorie Kehl-Strasbourg wird aus dem INTERREG-VI-Programm der Europäischen Union mit zwei Millionen Euro gefördert. Für die Planung und den Bau des grenzüberschreitenden Wärmenetzes stellen die französische ADEME und das deutsche BAFA eine Unterstützung in Höhe von insgesamt 14 Millionen Euro in Aussicht. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird darüber hinaus die 11,5 Millionen Euro teuren Umbaumaßnahmen bei den Badischen Stahlwerken mit 3,45 Millionen Euro subventionieren. Calorie Kehl-Strasbourg rechnet derzeit mit Herstellungskosten für die grenzüberschreitende Wärmeleitung von 41 Millionen Euro.
Die Anteilseigner von Calorie Kehl-Strasbourg sind die Eurométropole de Strasbourg (46,75 Prozent), das Land Baden-Württemberg, die Région Grand Est und die Stadt Kehl (jeweils 12,75 Prozent) sowie die Banque des Territoires (15 Prozent). Die Badischen Stahlwerke halten symbolisch eine Aktie.
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