OB Vetrano zu Familienschicksal
„Abschiebung gefährdet das Wohl der Kinder“

Familie Suleman | Foto: Stadt Kehl

Kehl (st). „Die Kinder dürfen nicht erneut entwurzelt werden!“ Mit deutlichen Worten wendet sich Kehls Oberbürgermeister Toni Vetrano gehen die drohende Abschiebung der seit fünf Jahren in Kehl lebenden fünfköpfigen syrischen Familie Suleman.

Familie ist völlig integriert

Vater Hossein geht einer Vollzeitbeschäftigung in einem Steinmetzbetrieb nach und die drei Kinder, Berivan, Ahmed und Beritan, gehen in Kehl zur Schule, sprechen akzentfreies Deutsch und sind voll integriert. Auch wenn die Familie bereits einen Aufenthaltstitel in Spanien gehabt habe und eine Abschiebung daher geltendem Recht entspreche, „kann man nicht nach fünf Jahren damit kommen“, erklärt der OB und kündigt an, sich „auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass die über ihre Fluchterfahrung hinaus schwer vom Schicksal gebeutelte Familie ein Bleiberecht in Kehl kommen kann“.

OB zweifelt Urteil nicht an

Er zweifle das mehrere Seiten umfassende Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, das er gelesen habe, in keiner Weise an, stellt Toni Vetrano klar. „Und dennoch bin ich der Überzeugung, dass der Vollzug für die Familie eine ganz besondere Härte darstellt - mit schweren Auswirkungen auf die psychische und psychosoziale Verfassung jedes einzelnen Familienmitglieds.“ Mit den sehr guten Sprachkenntnissen der Kinder und dem Arbeitsplatz des Vaters erfülle die Familie „die wichtigsten Integrationsindikatoren, die sich eine Gesellschaft überhaupt wünschen kann“. Der Arbeitgeber sei sehr zufrieden mit seinem Mitarbeiter; die Ausbildungsprognosen für die Kinder seien durchweg positiv. „Es geht hier nicht um Gnade vor Recht, sondern um Vernunft vor Recht“, findet Toni Vetrano deutliche Worte.

"Kindeswohlgefährdung"

Berivan, Ahmed und Beritan sind in Kehl aufgewachsen „und kennen nichts anderes“, sagt Toni Vetrano. Ein Abschiebung der Kinder käme für ihn einer Kindeswohlgefährdung gleich. „Die Kinder dürfen nicht dafür bestraft werden, dass die Eltern entschieden haben, nicht in Spanien zu bleiben.“ Die versuchte Abschiebung der Familie in der Nacht vom 20. auf den 21. März haben die Kinder in große Panik versetzt und bei der hochschwangeren Mutter deutliche medizinische Komplikationen ausgelöst. Sie wird engmaschig ärztlich überwacht und darf laut Angaben des behandelnden Gynäkologen nicht länger als eine Stunde in einem Fahrzeug unterwegs sein. Die Familie hat bereits zwei Kinder im Säuglingsalter verloren.

Vom Libanon über die Türkei und Spanien nach Deutschland

Dass die Familie, die über den Libanon in die Türkei und von dort nach Spanien gekommen ist, dort nicht geblieben ist, hat mit der Erkrankung des Sohnes zu tun, der an Kinderlähmung litt und dort nicht entsprechend behandelt wurde. In Deutschland ist es gelungen, die Lähmung zu therapieren, die Schmerzen sind dem kleinen Jungen jedoch geblieben, wie Svenja Gerbendorf und Fares Mousa vom städtischen Team Integrationsmanagement Toni Vetrano berichtet haben. Die älteste Tochter Berivan, die sich anfangs in der Schule schwer tat, konnte vor allem durch die Unterstützung des ehrenamtlichen Familienpaten Thomas Mlynarczyk ihre Leistungen stark verbessern. Die drohende Abschiebung hat das Mädchen in eine Krise gestürzt, sie kann sich vor lauter Angst nicht mehr auf die Anforderungen in der Schule konzentrieren. Auch ihr jüngerer Bruder kann kaum noch schlafen, er leidet unter Panikattacken, weil er ständig fürchtet, dass sie nachts abgeholt werden.

„Die Kinder haben sich hier bei uns sicher gefühlt und sind jetzt erneut traumatisiert“, sagt Toni Vetrano, der solche Fälle aus eigenem Erleben und aus fachlicher Sicht als Diplom-Sozialpädagoge kennt. Er werde alles in seiner Macht stehende versuchen, um ein Bleiberecht für „diese gut integrierte und bescheidene Familie“ zu erwirken. Ein Schreiben zur Unterstützung des Härtefallantrags habe er bereits verfasst.

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