Alemannischer Brauch soll den Winter vertreiben
Scheibenschlagen
Haslach-Schnellingen (cao). Geschleuderte, glühende Holzscheiben und ein mächtiges Feuer lodern am kommenden Samstag vom Scheibenbühl herunter. Denn dort zelebriert die katholische Landjugend Schnellingen-Bollenbach einen der ältesten alemannischen Frühlingsbräuche, das Scheibenschlagen.
Brennendes Strohrad
"Bei diesem Brauch werden glühende Holzscheiben über eine Rampe ins Tal geschlagen, der Höhepunkt stellt ein brennendes Strohrad dar, das den Berg hinunterrollt", fasst Vorsitzende Jana Läufer zusammen. Es diene dazu, den Winter zu vertreiben. Um so weiter das brennende Rad am Vorabend des Lätare – aus der lateinischen Sprache als Freudensonntag übersetzt – ins Tal rollt, desto besser soll die Ernte für das kommende Jahr ausfallen.
Historiker Alois Krafczyk
Der Haslacher Historiker Alois Krafczyk beschreibt das alljährliche Schauspiel bei einbrechender Dunkelheit gar als gespenstisches Treiben. "Tief im Volke verwurzelt ist das Scheibenschlagen, ein Brauch, der im deutschen Südwesten weit verbreitet und sowohl am Sonntag nach Fasnacht als auch am vierten Fastensonntag üblich ist. Wie vielen Aktionen in dieser Zeit zwischen Dreikönig und Ostern haftet auch dem Scheibenschlagen die alte Sehnsucht des Menschen nach dem Frühling an", erklärt der Historiker. Deshalb findet dieser Volksbrauch immer im März an der Schwelle vom Winter zum Frühling statt.
Katholischen Landjugend
"Mit dem Betzeitläuten von der Schnellinger Kirche nimmt dieser eigenartige Volksbrauch seinen Lauf. Nach dem Gebet des 'Vaterunser' und des 'Englischen Grußes' sowie des gemeinsam gesungenen 'Marienliedes' treten die ledigen Schiibeburschen der katholischen Landjugend in Aktion", ist von Manfred Hildenbrand in der Haslach Chronik festgehalten. Demnach werden von ihnen im Laufe des Abends vom Scheibenbühl einige hundert glühende Holzscheiben mehr oder weniger gekonnt zu Tal geschlagen. "D’Schiibe goht de Rain ab, d’Kirchlipfann het a Bei ab, wem soll die Schiibe g’here? Goht sie nit, so gilt sie nit!", so oder ähnlich lauten die zahlreichen Schiibesprüche und manchmal werden auch lustige Geschehnisse aus dem Haslacher Stadtteil Schnellingen vorgetragen. Nicht überall, wo dieser Brauch um Feuer, glühende Holzscheiben und gar noch dazugehörendem Feuerrad üblich war, hat er die immer wieder erlassenen Verbote überdauert. So wurde er Ende des 18. Jahrhunderts auch in Schnellingen verboten.
Im Jahr 1980 wurde das Scheibenschlagen dort aber wiederbelebt. Seither gibt es auch die von den Mädchen der Landjungend lecker zubereiteten, in Fett gebackenen Schiibekichli, eine Art Hefeküchlein.
Samstag auf dem Scheibenbühl
Der Weg auf den Scheibenbühl lohnt sich am Samstagabend vor dem Lätare ab 19 Uhr allemal. Dort sorgen die Schiibebursche für Unterhaltung. "Zu dieser traditionellen Veranstaltung ist die Bevölkerung auch diesmal wieder herzlich eingeladen", betont Jana Läufer.
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