Die Rolle der Philippine
Billy Sum-Herrmann als Hansjakobs Schwester
Haslach (gru). "Als ich neulich wieder emol d´ Philippine im Freihof in Hasle besucht hab, war sie schun wieder in dere Hauskapell und het für ihren verstorbene Bruder Heiner gebetet. Vor allem dodefür, dass ihm de Herrgott sinni Sünde verzeiht, die er gege de Bischof un s´Bistum begange het." So ging mancher Brief von ihm schon einmal absichtlich an das "Erzbischäfliche Ordinarriat“.
Für Besucher schlüpft Schwarzwald-Guide Billy Sum-Herrmann regelmäßig in die Rolle von Philippine Hansjakob. 1840 geboren, hatte Philippine drei Brüder und drei Schwestern. Schon in jungen Jahren musste sie ihren Eltern, dem Bäckermeister Philipp und seiner Frau Zäzilie, geborene Kaltenbach, versprechen, ihren Bruder Heinrich ihr Leben lang zu begleiten und ihm den Haushalt zu führen. Dies war für sie nicht immer leicht, im Gegenteil, denn Heinrich Hansjakob war ein sehr gläubiger und religiöser Mensch, lebte allerdings nach seinen eigenen Gedanken wie: „Es ist an der Zeit, die Frauen wieder aus den Straßen und Gassen, aus Gymnasien und Universitäten, von den Zweirädern, vom Klavierspielen und vom Malen weg…zurückzutreiben…in die Kinderstuben, an die Waschzüber, in die Küchen, zu den Stricknadeln und Spinnrädern.“
Er war von stattlicher Figur – fast zwei Meter groß und aufgrund Philippines Kochkunst gut genährt, dazu noch sein Hecker-Hut als Zeichen, dass er gerne gegen die Obrigkeit antrat. Seine Schwester berichtete, dass er auf einer Viehwaage gewogen werden musste, denn eine normale genügte für ihn nicht mehr.
Das einfache Volk galt
Höher gestellte Persönlichkeiten wie der Erzbischof oder auch der Großherzog bedeuteten ihm nichts. Für ihn galt das einfache Volk, das oftmals kein Einkommen und nicht ausreichend zu Essen hatte. Großherzog Friedrich I. wollte ihm im Jahre 1899 das Ritterkreuz 1. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen verleihen. Heinrich Hansjakob lehnte ab. Seine Begründung: Der Orden sei „ein höchst lächerliches Ding“, es sei das „billigste Mittel“ einer Regierung, sich "loyale, hurra- und hochfreudige Untertanen zu schaffen“. Seinen einzigen Orden nahm er acht Jahre später an, den Hans Kuoni Orden des grobgünstigen Stockacher Narrengerichts. Dadurch wurde er Ehrenlaufnarr.
Pfarrer oder Revoluzzer?
Philippine blieb ruhig und erfüllte das Versprechen an ihre Eltern, Heinrichs Haushalt sehr gut zu führen. Beschäftigt hat sie jedoch immer die Frage: Hat er wirklich eigene, uneheliche Kinder? Er ist doch Pfarrer! Nachweisen konnte man Heinrich Hansjakob drei „Uneheliche“, Gerüchten nach, die Philippine immer wieder vernahm, könnten es mehr gewesen sein. Sie beschäftigte auch: Was macht er immer wieder im Kartäuserkloster in Freiburg? Gibt es da auch Nachkommen vom Pfarrer? War er wirklich überzeugter Pfarrer? Eher war er ein Revoluzzer, denn er stellte auch die Unfehlbarkeit des Papstes in Frage und bekannte 1911 seinem Freund Richard Reinhard in einem Brief, dass er am liebsten „seinen Austritt aus dem römischen Zuchthaus nähme“.
Im Jahre 1913 zog Philippine mit ihrem Bruder Heinrich Hansjakob in den Freihof in Haslach, heute ein sehenswertes Museum. Leisten konnte er sich dieses für damalige Zeiten riesige Anwesen durch seine Bücher. Heute wäre er mehrfacher Bestseller-Autor. Doch für Philippine bedeutete dies nur unheimlich viel mehr Arbeit im Haushalt.
Der Freihof in Haslach ist für Besucher zugänglich und es werden unter anderem Führungen mit Billy Sum-Herrmann als Philippine angeboten. Natürlich gibt es auch sehr viele andere Veranstaltungen und Gästeführungen in Trachten und Kostümen in Haslach.
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