Landessynodalin Rosemarie Kienzler ist eine Macherin
Es gab eine Zeit, da haderte sie mit Gott

Rosemarie Kienzler möchte etwas bewirken und engagiert sich deshalb seit vielen Jahren in verschiedenen Bereichen ehrenamtlich. | Foto: Michael Bode
  • Rosemarie Kienzler möchte etwas bewirken und engagiert sich deshalb seit vielen Jahren in verschiedenen Bereichen ehrenamtlich.
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Friesenheim-Oberweier. Eigentlich hat Rosemarie Kienzler gar keine Zeit. Es steht eine Menge an. Die 54-Jährige ist neben ihrer Arbeit als Team-Assistentin in der Verwaltung im Traumazentrum in Durbach stark in vielfältige Ehrenämter eingebunden. Trotzdem kommt sie in der Redaktion vorbei. Und da sitzt dann nicht etwa eine abgehetzte Frau. Im Gegenteil strahlt sie bei aller Energie eine wohltuende Ruhe aus.

Rosemarie Kienzler ist eine Macherin, die zudem packend erzählen kann – beispielsweise von ihrer Bildungsreise nach Indonesien, wo sie mit einer Gruppe Projekte von "Brot für die Welt" besuchte. Unter anderem ist sie Kirchengemeinderätin, Mitglied im Ortenauer Kirchenrat und Landessynodalin der evangelischen Landeskirche Baden. "Die Landessynode ist quasi eine Art Länderparlament der evangelischen Kirche", erklärt Rosemarie Kienzler. Sie findet es sehr spannend, hier mitarbeiten zu können. Denn wie sie betont: "Ich will etwas bewirken."
Dass sie sich einmal in der Kirche derart stark engagieren wird, war nicht abzusehen. Es gab eine Zeit, in der Rosemarie Kienzler mit Gott sehr gehadert hat. Denn das Schicksal machte sie bereits mit 28 Jahren zur Witwe.

Ihr erster Ehemann hatte ein winziges Muttermal, alles schien damals mit einer Operation erledigt zu sein. Ein halbes Jahr später stellte sich jedoch heraus, dass der Hautkrebs gestreut hatte, Metastasen wurden in seiner Lunge entdeckt. Sechs Wochen später war er tot. Dreieinhalb Jahre waren sie verheiratet gewesen, hatten ein Haus gebaut und die Witwe saß dementsprechend auf einem Berg Schulden. "Über allem stand ein großes Fragezeichen. Ich fragte mich: und jetzt?", so Rosemarie Kienzler. Ihre Schwiegermutter und sie stützten sich gegenseitig. Doch die große Leere, die der geliebte Mensch hinterlassen hatte, blieb.

"Du bist noch so jung, du findest jemanden"

"Ich kannte niemanden in meinem Alter, der etwas ähnliches durchlebt hat" und mit Schaudern erinnert sich Rosemarie Kienzler daran, wie bei Friedhofbesuchen ihr ältere Witwen vermeintlich gut zusprachen: "Du bist noch so jung, du findest wieder jemanden." Das war nicht böse gemeint, aber die Trauernde war entsetzt über diese Art des Trostversuches. In dieser Zeit gründete sich gerade in Lahr der Hospizverein. Die Witwe nahm Kontakt auf. Suchte sie dort zuerst selbst Begleitung, machte die gelernte Industriekauffrau und geprüfte Sekretärin bald eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizhelferin. Manchmal hatten die Sterbenden niemanden mehr, aber waren Angehörige vorhanden, hatte Rosemarie Kienzler auch diese im Blick: "In der Begegnung habe ich mich wieder gefunden. Ich stellte fest, ich kann Angehörigen helfen. Deshalb bot ich Trauerbegleitung an und habe diese im Verein integriert." Später übernahm sie die Leitung einer Trauerbegleitergruppe in Friesenheim. In dieser Funktion wurde der evangelische Pfarrer auf Rosemarie Kienzler aufmerksam und schlug ihr vor, doch für den Kirchengemeinderat zu kandidieren.

Tatsächlich war durch die Hospizarbeit ihr Glaube wieder gewachsen. "Ich erlebe es in meinem Alltag, da wirkt etwas", sagt sie heute über Gott. Inzwischen ist sie wieder verheiratet, hat zwei Kinder, den 18-jährigen David und die 22-jährige Sofia. Noch immer spielt die Mutter ihres verstorbenen Mannes eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Diese unterstützte Rosemarie Kienzler beispielsweise bei der Kinderbetreuung, sonst wäre es sehr schwierig gewesen, das vielfältige berufliche und ehrenamtliche Engagement sowie die Familie unter einen Hut zu bekommen. Auch so ist es schon erstaunlich, was die 54-Jährige in den vergangenen Jahren auf die Beine gestellt hat. Alles aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen.

Aber sie bekommt auch viel zurück, wie Rosemarie Kienzler betont: "Durch die Erfahrungen, die ich bei meiner ehrenamtlichen Arbeit mache, nehme ich mein eigenes Leben intensiver wahr und genieße es viel stärker." So schafft sie sich Alltagsinseln – bewusst einen Cappuccino trinken oder ein Kapitel in einem Buch lesen, obwohl sie eigentlich keine Zeit hat. Vielleicht strahlt Rosemarie Kienzler deshalb neben Energie auch diese wohltuende Ruhe aus.              ag

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