Delegation aus Ettenheim
Zu Gast in ukrainischer Partnerstadt
Ettenheim (st) Eine Delegation aus Ettenheim ist auf Einladung der ukrainischen Partnerstadt Vilkhovetska über das vergangene, verlängerte Wochenende in die Ukraine gereist. Bürgermeister Bruno Metz, Hauptamtsleiterin Julia Zehnle und der frühere Gemeinderat Kristian Herdick konnten sich so selbst ein Bild davon machen, wie die Spenden aus Ettenheim und Deutschland eingesetzt werden. Ebenfalls mitgereist war Emiliia Krychfalushi, als Übersetzerin und Ansprechpartnerin der Partnerstadt. Bei der Zusammenkunft mit politisch und kulturell Verantwortlichen im Ort wurde sehr deutlich, dass die direkte Hilfe sehr wichtig ist und dringend benötigt wird. Durch persönliche Begegnungen insbesondere auch mit Bürgermeister Mykhailo Tsiryk, der seit 2015 im Amt ist, wurde aus der solidarischen Städtepartnerschaft mittlerweile auch ein freundschaftliches und sehr herzliches Verhältnis beider Städte.
Seit April 2023 besteht eine Solidaritätspartnerschaft mit der westukrainischen Stadt, die rund 1.500 Kilometer entfernt von Ettenheim liegt und mit 13.500 Einwohnern eine ähnliche Größe hat. Die Städtepartnerschaft wurde eingegangen, um sich mit den Menschen in der Ukraine solidarisch zu zeigen und Hilfsgüter und wichtige Gerätschaften in dieser humanitären Notsituation für die Partnerstadt zu beschaffen. Wie notwendig diese Unterstützung ist und wie viele Einzelschicksale durch den Krieg betroffen sind, wurde Bürgermeister Bruno Metz und den anderen Teilnehmern in den drei Tagen immer wieder deutlich. „Annähernd alle, mit denen wir zusammentrafen, haben Verwandte, Freunde oder Bekannte im Krieg und viele haben auch schon Angehörige verloren,“ berichtet Bürgermeister Metz.
Der Direktor eine österreichischen Firma für Möbelbau in der Ukraine, ein 42 Jahre alter Familienvater, habe sich freiwillig für den Kriegsdienst gemeldet und sei nach neun Monaten an der Front umgekommen, so der Rathauschef. In einem der Gymnasien erinnert eine Tafel, an einen 21-jährigen ehemaligen Schüler. Er sei der sportlichste Schüler gewesen und habe sich sofort freiwillig gemeldet und sei nach knapp zwei Jahren Kriegseinsatz an der Front umgekommen. Auf Friedhöfen und in Innenstädten erinnern Tafeln an im Krieg getötete Soldaten.
Hilfsgüter in die Ukraine
Als erstes Unterstützungsprojekt für die westukrainische Stadt hat Ettenheim bereits im vergangenen Jahr ein Feuerwehrfahrzeug, gefördert von Engagement Global mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erworben und in die Ukraine überführt. Hilfsgüter wie medizinisches Material und Geräte sowie Powerbanks wurden mit Unterstützung weiterer Akteure in die Ukraine gebracht.
In der ukrainischen Stadt wird viel unternommen, um das Gemeinschaftsleben aufrechtzuerhalten, sich auch um die Schwächeren zu kümmern, zum Beispiel im Inklusions- und Rehabilitationszentrum für Menschen und Kinder mit Behinderung. Die Einrichtung in Vilkhovetska hat ebenso wie die Stadt selbst zahlreiche traumatisierte Kinder und durch den Krieg verletzte Menschen aufgenommen und behandelt. In der Reha-Einrichtung werden vor allem Kindern mit körperlichen Beeinträchtigungen betreut und deren sensorische und motorische Fähigkeiten gefördert. „Der Umgang mit ihnen ist rührend, von hoher Empathie geprägt“, berichtet Julia Zehnle. „Der Einsatz der Pfleger ist enorm. Auch aus dieser Therapeutenrunde musste ein junger Mann in den Krieg. Für ihn und seine Kameraden wurden teilweise Powerbanks, warme Kleidung und Thermoskannen im vergangenen Herbst geliefert“, so die Hauptamtsleiterin. Als Dank bekam die Ettenheimer Gruppe eine Flagge des Bataillons mit den Unterschriften und Dankesworten aller Soldaten überreicht.
Als neuestes Unterstützungsprojekt wurde ein interaktiver Boden zur 3D-Spiel-Therapie an das Rehazentrum im Rahmen des Besuchs offiziell übergeben. Mit Hilfe einer speziellen Technologie des interaktiven Bodens wird die erstellte Projektion berührungsempfindlich, was eine Interaktion mit dem Bild ermöglicht und Kinder besonders fasziniert. Mit dem 3D-Boden können unter anderem das Gleichgewicht und die Bewegungskoordination, die Kommunikationsfähigkeit sowie die Flexibilität des Denkens trainiert werden.
Da viele kommunale Fahrzeuge und auch teilweise Schulbusse von der Armee eingezogen worden sind, wurde mit Fördermitteln des Bundes und Spendenmittel aus Ettenheim ein Bagger und ein Grader für den Bevölkerungsschutz angeschafft. Der Grader soll unter anderem zum Wegebau und Freiräumen von Bächen und Flüssen dienen. Zahlreiche Baustellen ruhen seit Kriegsbeginn, zum Beispiel bei Privathäusern, Straßenprojekten, Schulen und sonstiger Infrastruktur. Alle Ressourcen gehen in die Kriegswirtschaft. Umso wichtiger und wertvoller ist die Unterstützung aus Deutschland. Die Kosten für den Grader und den Bagger in Höhe von je 48.000 und 49.000 Euro werden zu 90 Prozent vom Bund getragen, die restlichen zehn Prozent werde über Spendenmittel finanziert.
Bundesprojekt
Durch die Teilnahme am Bundesprojekt „Bevölkerungsschutz und Wiederaufbau der Ukraine“ der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wurde außerdem ein Bauhoffahrzeug, ein Baumaschinenanhänger sowie eine Scherenarbeitsbühne beantragt, das komplett von der GIZ finanziert werden soll.
„Jede Einrichtung, die bei uns geschlossen wird, weil sie nicht mehr den Standards entspricht, wäre für diese Menschen purer Luxus“, stellt Bürgermeister Metz fest. „Pflegeheime, Rehakliniken, Krankenhäuser und selbst die ältesten Kindergärten bei uns sind meist über dem neuesten, was wir dort gesehen haben. Trotz der begrenzten Möglichkeiten ist alles gepflegt und die Geräte und Häuser, die wir sahen, in Schuss gehalten.“
„Mich hat am meisten beeindruckt, dass die Menschen trotz den Kriegsereignissen und den vielen schlechten Nachrichten sich ihre Lebensfreunde und Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit und Frieden in einem demokratischen Staat bewahrt haben“, stellt Kristian Herdick fest.
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