Kriminalpolizei macht mobil gegen Cyberkriminelle
Ortenau. Spam-Mails, Trojaner, Hacker, Kinderpornoseiten – Cyberkriminalität ist auf dem
Vormarsch. Dem hat auch die Polizeireform Rechnung getragen. In einem
Pressegespräch stellten nun Kripochef Roland Haug und Otmar Hertwig,
Leiter der neu eingerichteten Inspektion 5, die allgemeinen
Entwicklungen und Trends sowie die Neuorganisation dieses Bereiches
innerhalb der Kriminalpolizeidirektion beim Polizeipräsidium Offenburg vor.
Die zunehmende Bedeutung des Tatorts Internet stellte die Polizei vor neue Herausforderungen. „Da mussten wir reagieren“, machte
Roland Haug deutlich. In der neuen Inspektion 5 kümmern sich sieben
Sachbearbeiter um die Bearbeitung von Cyberkriminalität, wenn besonderes
Fachwissen oder technische Beweisführungsmethoden erforderlich sind.
Außerdem stellen sie laut dem Kripochef ihr Know-how auch anderen
Abteilungen zur Verfügung und unterstützen diese bei Bedarf bei
Ermittlungen. Schon seit Jahren sei eine spezielle Cybercrime-Gruppe in
Offenburg ein Erfolgsmodell. Sie besteht aus 18 speziell ausgebildeten
Beamten, die in den einzelnen Polizeirevieren und Kriminalinspektionen
arbeiten, sowie drei Staatsanwälten.
„Die digitalen Spurensucher waren früher organisatorisch bei der Kriminaltechnik angesiedelt“, so
Haug. Jetzt gehören sieben Beamte zur Inspektion 5, vier sind in
Offenburg, drei in Rastatt. Weiter gibt es jeweils einen Sachbearbeiter
für Datenanalyse und Massendaten an beiden Standorten. „Seit dem 1.
April darf jede Direktion“, so der Kripochef, „einen Cyberkriminalisten
einstellen.“ Diese Sonderlaufbahn sei beispielsweise für Informatiker
interessant. In Offenburg sei die Stelle derzeit noch offen.
Hervorragende Erfahrungen habe man mit solchen Fachleuten aber schon bei der
Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität gemacht. So seien in dem
entsprechenden Dezernat zwei Steuerberater tätig und wie Haug betonte:
„Die sind Gold wert.“ Darüber hinaus wurden landesweit 1,3 Millionen
Euro in die technische Ausstattung investiert. „Es hat sich viel getan,
um dem Phänomen entgegentreten zu können“, so das Fazit des
Kriminalpolizeidirektors.
Otmar Hertwig erläuterte die Fallzahlen für den Bereich des Polizeipräsidiums. Diese sind 2013 im
Vergleich zum Vorjahr von 1439 auf 1232 gesunken. Wie der
Inspektionsleiter jedoch betonte: „Der Schein trügt.“ Aufgrund des
Tatortprinzips seien keine Fälle erfasst, in denen der Täter von
außerhalb Baden-Württembergs angriff. Oft werde gar keine Anzeige
erstattet – teilweise, weil es beim Versuch bleibt und kein Schaden
entsteht oder oft aus Scham. Die Dunkelziffer sei enorm.
Hertwig betonte, wie wichtig es sei, kritisch mit dem Internet umzugehen.
Außerdem sei es wichtig, die Passwörter möglichst häufig zu wechseln.
Tipps, wie sich Bürger vor Betrug schützen können, gibt es unter anderem
unter www.polizeiberatung.de.
Tatort Internet
Erpressungen im Chatroom:
Über Chat und Webcam erfolgt ein Anbahnungsgespräch. Das Opfer wird
aufgefordert, vor einer Webcam sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen.
Unmittelbar danach erhält es eine erpresserische Nachricht mit einer Geldforderung.
Ausspähen von Daten:
Millionen Mails mit Zugangskennung wurden durch Sicherheitslücken bei Routern
verschiedenster Provider ausgespäht und zum Versenden von Spam-Mails
verwendet. Ohne Änderung des Passwortes erhält der Täter weiter Zugriff
auf den Router. In einem anderen Fall wurden sämtliche Rechner einer
Firma im südlichen Ortenaukreis mangels Sicherheitstechnik mit Trojanern
infiziert. Ein Mitarbeiter hatte mit seinem Firmenrechner im Internet gesurft.
Phishing:
Ein Täter manipuliert den Rechner des Geschädigten durch Schadsoftware. Bei Aufruf seiner Homebanking-Website
wird der Geschädigte auf eine „gefakte“ Website umgeleitet und von ihm
verlangt, vor dem eigentlichen Online-Bankingverfahren eine „TAN“ für
eine angebliche „Sicherheitsüberprüfung“ einzugeben. Die Daten werden
dem Täter übermittelt, der sofort eine missbräuchliche Geldüberweisung
durchführt. In der Regel auf ein Konto eines Geldwäschers.
Telefonhacking:
Durch Angriff auf Telefonanlagen von Firmen, die in fast allen Fällen
ungenügend abgesichert waren, erhielten die Täter Zugriff auf die Anlage
und stellten Verbindungen zu kostenintensiven Rufnummern her. Pro
Angriff entstand zum Teil ein Schaden von über 10.000 Euro.
Computersabotage in Verbindung mit Erpressung:
Ein angeblicher Microsoft-Mitarbeiter weist telefonisch auf angebliche
Rechnerproblem hin und leitet den Geschädigten an, eine
Fernwartungssoftware zu aktivieren. Dadurch erhält der Täter Zugriff auf
den Rechner und sperrt diesen. Die Sperrung will er erst dann aufheben,
wenn Geld überwiesen wird.
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