Die andalusische Provinz Jaén strotzt mit wilden Naturschutzgebieten, fantastischen Kleinstädten und jeder Menge Olivenöl
Gekämmtes Land: Reich an flüssigem Gold und Naturoasen
Die Costa Brava in Katalonien kennt jeder, die Costa de la Luz am Golf von Cádiz dürfte ebenfalls den meisten ein Begriff sein. Doch Spanien, eines der touristischen Lieblingsländer der Deutschen, hat mehr zu bieten als Badestrände, Flamenco und weltberühmte Städte wie Sevilla und Granada: Eine völlig andere Welt offenbart sich dem Reisenden in den wilden Naturparks der iberischen Halbinsel, die zu den größten in Europa zählen wie den Sierras de Cazorla, Segura y Las Villas im Nordosten der andalusischen Provinz Jaén. Wer das zerklüftete Quellgebiet des Río Guadalquivir mit Höhen über 2000 Metern und UNESCO-Biosphärenreservat-Status auf gut markierten Wanderwegen durchstreift, bekommt Gänsegeier, Adler, Hirsche, Mufflons und Steinböcke, eindrucksvolle Wasserfälle, pittoreske Lagunen und ein Pflanzen-Refugium mit Welt-Raritäten zu Gesicht.
Als Einstiegstour in diese noch weitgehend intakten Ökosysteme und extrem artenreiche Bergwelt mit ihren riesigen Waldgebieten, die einst das Holz für die spanische Armada lieferten, empfiehlt sich der „Sendero Rio Borosa“ im Herzen des Parks. Entlang eines Flussbettes, eingerahmt von imposanten Felswänden, über Stege und Hängebrücken lässt sich die komplette Route inklusive Bad in kristallklarem Wasser gemütlich in sechs Stunden schaffen. Schon die ersten Schritte hinein in den grünen Canyon führen einem vor Augen, was für den ganzen Naturpark gilt: Cazorla ist eine Gegenwelt, eine Oase, ein von Leben wimmelndes Refugium im weithin verdorrten Süden Spaniens. Vom gleichnamigen Gebirgsstädtchen Cazorla aus sind die besonders geschützten Gebirgsketten, die sich gestaffelt über 100 Kilometer weit hinziehen, gut zu erreichen. Agenturen vor Ort bieten dazu geführte Touren mit dem Geländewagen oder dem Wanderstock an, wer die schroffe Schönheit der Natur noch aktiver erleben möchte, kann dies auf dem Pferderücken, beim Kanufahren auf einem der Stauseen oder mit Wildwasser-Rafting tun. Und wer als Ausgleich zu den Outdoor-Abenteuern ruhigere Tage mit Kultur-Abstechern sucht, findet in Jaén attraktive Ziele, darunter die Renaissance-Städte Úbeda und Baeza mit ihren einmaligen Architektur-Ensembles an Kirchen, Adelspalästen und Profanbauten.
Vieles, was nach der Vertreibung der Mauren in dieser Region Ende des 15. Jahrhunderts an Bauten im italienischen Stil errichtet wurde, ist das Werk von Andrés de Vandelvira, der mit dem wuchtigen Bau der Kathedrale von Jaén, der Provinzmetropole, sein Meisterstück ablieferte. Dass auf dem Kirchenvorplatz ein Olivenbaum steht, ist natürlich kein Zufall, denn der geschichtsträchtige Ort rühmt sich selbst als Welthauptstadt des Olivenöls, von wo aus auf gleich mehreren Themen-Routen die Geschichte und Kultivierung der einträglichen Kulturpflanze zu entdecken ist. Regelrecht erfahren lässt sich das Universum der Oliven auf dem Via Verde del Aceite. Der 55 Kilometer lange Radwanderweg auf einer stillgelegten Eisenbahnstrecke von Jaén bis Alcaudete führt mitten durch die Tierra peinada (gekämmtes Land), so nennt man die akkurat gepflanzten Baumreihen, und über Viadukte. Er vermittelt die zivilisatorische Bedeutsamkeit der knorrigen Bäume und zeigt zugleich die Qualitätsrevolution beim „flüssigen Gold“, dessen Resultate in den letzten Jahren die internationale Riege der Top-Speiseöle anführen.
„Aber nicht nur hier weht ein frischer Wind. Er betrifft das ganze Hinterland Andalusiens, das mit neuen spannenden Tourismus-Konzepten lockt“, macht Cazorla-Nationalpark-Ranger Jésus Sanchez Lust, die kontrastreiche Welt zwischen Europa und Afrika auf fesselnde Weise zu erkunden.
Reiseinfos: www.spain.info/de und zu den „Grünen Wegen“ in Spanien unter www.viasverdes.com
Text/Fotos: Daniel Basler
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