Sepp Herrmann lebt als „Mann in den Bergen“ in den Brooke Ranges
Den ersten Winter fast mit dem Tod bezahlt

Ein Leben in der Wildnis: Josef „Sepp“ Herrmann lebt mit seinen Hunden in Alaska.
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Einen Winter in Deutschland, den hat es für Sepp Herrmann seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Der 90. Geburtstag seiner Mutter zog ihn wieder von Alaska nach Hause, nach
Unterharmersbach. 30 Jahre lebt er jetzt in Alaska, im Sommer bei
Fairbanks und über den Winter in den Brooke Ranges, was ein bisschen an
die Fernsehserie „Der Mann in den Bergen" erinnert – wobei seine
Begegnungen mit Grizzlys nie freundschaftlicher Natur waren.

Bereits während seiner Lehre als Industriemechaniker ging Sepp Herrmann gerne
trampen. Wochenendtripps führten in mal in die Niederlande und dann
wieder in andere Länder. 1974 ging es erstmals nach Skandinavien. „Dort
habe ich dann gleich vier Mal hintereinander den Sommer verbracht", sagt
Sepp Herrmann. Dass er sein Leben anders gestalten will war damals
schon für ihn klar. „Nach meiner Lehre habe ich den Beruf nie ausgeübt.
Mir war einfach klar, nie wieder in einer Fabrik arbeiten zu wollen."

Die erste große Tour stand 1978 an. „35000 Kilometer bin ich durch Nord-
und Mittelamerika gereist. Zuerst bin ich nach London getrampt und habe
dann für 99 Dollar einen Flug nach New York genommen." Von dort ging es
hoch in den Norden und nach Alaska. Dem Norden fühlte er sich seit
seiner Skandinavienreisen verbunden. Von Fairbanks aus folgte er der
Trans-Alaska-Pipeline. Der Anblick der Brooke Ranges sollte sein Leben
endgültig verändern. „Nördlich dieser Berge verläuft die Baumgrenze. Elf
Tage bin ich durch die Berge gewandert." Und Sepp Herrmann sagt: „Diese
Wanderung hat mir mehr bedeutet als mein ganzes Leben zuvor."

Die Reise quer durch Amerika ging weiter, führte ihn nach Mexico und
Guatemala. „Dort waren die Grenzen geschlossen, denn in Nicaragua war
Krieg. Allerdings haben sie mich in Guatemala ausgeraubt und ich musste
umkehren." Zurück in Deutschland hatte er nur noch einen Gedanken: „Ich
möchte wieder in die Berge." Mit seinen ersten Diavorträgen verdiente er
sich bereits etwas Geld. 1979 wiederholte er seinen Tripp. Vier Sommer
zog es ihn in die Brooke Ranges.

1981 war es dann für ihn soweit. 90 Kilometer entfernt von der Straße neben der Pipeline hatte er
einen Platz gefunden, an dem er seine Blockhütte baute. Das nächste
Dorf, Wisemann, damals hatte es 15 Einwohner, lag gut 100 Kilometer
südlich. „Meinen ersten Winter habe ich fast mit dem Tod bezahlt." Sein
Fuß war erfroren. Das Thermometer zeigt dort teils unter minus 50 Grad
Celsius. Den sich ausbreitenden Wundbrand musste er selbst bekämpfen.
„Daran erinnere ich mich gar nicht gerne. Es waren unglaubliche
Schmerzen." Sepp Herrmann musste sich das abgestorbene Fleisch selbst
entfernen. Gut gegangen ist es letztlich nur, weil er sich einem
Buschpiloten bemerkbar machen konnte. Er baute sich eine zweite
Blockhütte auf halbem Weg zur Straße an der Pipeline. Da hatte er sich
aber schon einen Namen gemacht, als der Mann, der sich mit seiner
Eigen-OP das Leben gerettet hat.

Seine Fallen fährt der Unterharmersbacher mit Schlittenhunden ab. „Andere sind mit
Motorschlitten oder Flugzeugen unterwegs. Was die an einem Tag
zurücklegen, dafür brauche ich drei." Als er ein gutes Team zusammen
hatte, nahm er mit seinen Schlittenhunden am Iditarod teil, einem Rennen
über mehr als 1800 Kilometern. Später wollte er auch am Yukon Quest
teilnehmen. Noch zuvor stellte sich ihm und seinen Hunden ein alter
ausgehungerter Grizzly entgegen. Herrmann wollte seine Hunde schützen
und der Bär griff an. Als ein Hund von hinten angriff, nutzte Herrmann
dann doch die Chance zur Flucht. Nur Zula überlebte schwerverletzt.

Eine Hilfswelle ermöglichte ihm dann doch den Start am Yukon Quest. Von
verschiedenen Züchtern bekam er Hunde ausgeliehen. Hilfe bekam er auch
aus den USA und Deutschland. Das Rennen beendete er als 15. und bekam
noch den „Aleyska Vet Choice Award", weil er der Musher war, der sich am
besten um die Hunde gekümmert hatte.

Im wesentlichen lebt Sepp Herrmann heute in Alaska vom Verkauf von Fellen, Schmuck den er aus
abgeworfenen Geweihen herstellt hat, Waldbeeren und -pilzen.
„Hoffentlich kann ich noch lange so leben", sagt der 56-Jährige.

Autor: Daniel Hengst

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