Auch die Ambulanzen des Ortenau-Klinikums werden stark frequentiert
Wer einen Schnupfen hat, braucht keine Notaufnahme
Ortenau. Die Krankenhäuser in Deutschland schlagen Alarm: Immer mehr Menschen gehen in die
Klinikambulanz anstatt zum Allgemeinmediziner. „Die Notaufnahmen der
Krankenhäuser sind deutschlandweit vielerorts stark belastet und absolut
unterfinanziert“, bilanziert Christian Keller, Geschäftsführer des
Ortenau-Klinikums. „Dabei leistet das Personal in den Notaufnahmen aller
Standorte des Ortenau-Klinikums sehr gute Arbeit. Dies wird auch von
der überwiegenden Mehrzahl der Patienten anerkannt. Kritisiert werden
die teilweise langen Wartezeiten.“
Notaufnahmen gibt es an den Standorten Achern und Oberkirch, Kehl, Offenburg – hier wird gerade dieser Bereich an den Standorten Ebertplatz, St. Josefsklinik und
Gengenbach neu organisiert –, Lahr, Ettenheim und Wolfach. „Die
Notaufnahmen sind teilweise durchgehend an 24 Stunden pro Tag geöffnet“,
erklärt Keller. „Es werden pro Jahr weit über 100000 Patienten betreut.
Allein in Offenburg werden es in diesem Jahr 46000 sein.“ Dabei steigt
die Zahl der Patienten von Jahr zu Jahr an den Kliniken im Ortenaukreis.
„Ein Hauptproblem dabei ist, dass viele Menschen mit Beschwerden in die
Notaufnahmen kommen, die als ambulante Patienten von einem
niedergelassenen Arzt, vorzugsweise dem Hausarzt, zu behandeln sind“,
beschreibt Keller das Problem. „So gibt es beispielsweise mehr und mehr
junge Menschen, die gar keinen Hausarzt mehr haben.“ Auch sei das
Patientenaufkommen sehr unterschiedlich und könne nicht gelenkt werden.
„Patienten kommen vermehrt nach der eigenen Arbeitszeit oder am
Wochenende in die Notaufnahmen, um ein gesundheitliches Problem
abzuklären“, so Keller. Dies würde zu starken Auslastungsschwankungen
und entsprechenden Wartezeiten führen.
Hinzu kommen die Kosten, auf denen das Klinikum sitzenbleibt. „Von den 100000 Patienten in der
Notaufnahme rechnen wir 64000 mit der Kassenärztlicher Vereinigung ab“,
sagt Keller. Pro Notfall gibt es 32 Euro, tatsächlich liegen die Kosten
laut dem Geschäftsführer bei rund 120 Euro. „Es ergibt sich eine
Deckungslücke von rund fünf Millionen Euro im Jahr.“
An den Klinikstandorten Achern, Offenburg, Lahr und Wolfach sind Notfallpraxen
der niedergelassenen Ärzte angedockt. Keller zieht ein positives Fazit:
„Während der Sprechzeiten der Notfallpraxen ist eine Entspannung der
Situation in der Notaufnahme der entsprechenden Kliniken festzustellen.“
Patienten mit leichteren Erkrankungen würden sich dann eher an die
Notfallpraxis wenden oder durch die Notaufnahme dorthin verwiesen
werden.
Keller betont, dass die Zusammenarbeit sehr gut sei: „Gemeinsam müssen wir erreichen, dass die Notfallpraxen der
niedergelassenen Ärzte noch stärker in das Bewusstsein der Menschen
gerückt und die Angebote häufiger genutzt werden. In Offenburg werden
wir demnächst so verfahren, dass alle fußläufigen Patienten zuerst von
den niedergelassenen Ärzten der Notfallpraxis gesichtet werden.“
Nach Keller gehören grippale Infekte, Halsschmerzen, Schnupfen auch in
Verbindung mit Fieber, Schnittverletzungen, die allein aufhören zu
bluten, oder Gelenkschmerzen auf jeden Fall in die Notfallpraxen.
Während Knochenbrüche, Krampfanfälle, blutende Verletzungen und
Ähnliches ein Fall für die Notaufnahme sind.
Autor: Christina Großheim
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