Tätowierungen wollen gut überlegt sein
Ortenau. „Autolack, was für ein Quatsch“, empört sich Anke. Sie ist Tätowiererin im Pain Department
in Offenburg und kennt die Vorurteile nur zu gut, mit denen ihre Branche
immer wieder zu kämpfen hat. Längst sind Tattoos in der Gesellschaft
angekommen, fernab vom schmuddeligen Gefängnis-Image zieren sie den
Rücken einer Anwältin oder den starken Oberarm des Zimmermanns.
Die Klientel im Tattoo-Studio könnte tatsächlich unterschiedlicher nicht
sein. Doch tätowiert wird nur, wer über 18 Jahre alt ist oder das
schriftliche Einverständnis der Eltern mitbringt. Auch längst nicht
jedes Motiv wird in die Haut gestochen. „Selbstverständlich gehen wir
auf die Wünsche der Kunden ein, raten aber auch ab, insbesondere wenn es
um Machbarkeit und Haltbarkeit geht“, sagt Anke. Manchmal muss sie auch
ganz schön Überzeugungsarbeit leisten, etwa dass der Hals nicht gerade
der beste Platz für das erste Tattoo ist. „Schließlich trägt man es ein
Leben lang“, betont Anke.
Verwendet werden nur spezielle geprüfte Farben. An oberster Stelle steht die Hygiene, steriles
Arbeitsmaterial und ein sauberer Arbeitsplatz. Mindestens einmal im Jahr
werden die Bedingungen vor Ort auch vom Gesundheitsamt überprüft. „Kein
Problem für die Tätowierer im Pain Department“, versichert Anke. Sie
und ihre Kollegen bereiten ihre Kunden intensiv vor auf die manchmal
mehrstündigen Sitzungen. Ein Merkzettel führt alles Wichtige auf, etwa,
dass man keine blutverdünnenden Medikamente nehmen oder unbedingt schon
am Tag zuvor auf Alkohol verzichten sollte. Auch eine Pflegeanleitung
für „danach“ gibt es. „Wer diese nicht befolgt, läuft Gefahr, dass sich
das Tattoo entzündet. In der Regel dauert die Abheilzeit ein bis zwei
Wochen – sofern man alle Vorsicht walten lässt.
Das weiß auch Dr. Andreas-Johannes Degen, Hautarzt in Oberkirch. Er rät dazu, sich das
Studio vor dem Besuch genauestens anszuschauen. Unsauber dürfte es
keinesfalls sein, dann drohten nämlich Infektionen. „Beispielsweise wird
Hepatitis C oft übertragen“, so Degen. Eine weitere Gefahr bergen die
verwendeten Farben. Denn auf diese kann man allergisch reagieren. „Das
passiert allerdings recht selten“, berichtet Degen aus seiner
langjährigen Praxis-Erfahrung. Er betont weiter, dass ein vorsorglicher
Allergietest rein gar nichts bringe, denn: „Allergien werden erworben.“
Hin und wieder werden bei ihm in Oberkirch Patienten vorstellig, die sich
ihr Tattoo entfernen lassen wollen. „Den vollmundigen Versprechungen der
Laserindustrie ist unbedingt mit Skepsis zu begegnen. Selbst nach zehn,
20, 30 oder 50 Sitzungen, je nach Größe des Tattoos, bleiben oft noch
ein Schatten und Restpigmentierungen zurück. Dass alles sehr gut klappt,
ist äußerst selten“, betont der Hautarzt. Er selbst hätte Angst davor,
sich ein Tattoo per Laser entfernen zu lassen. Warum, ist schnell
erklärt: „Der Laser zerstört in der Haut das Pigment nicht, er verändert
es. In kleinen Partikeln werden die Pigmente dann vom Lymphsystem
abtransportiert. Und diese Abbauprodukte könnten Krebs erregen. Sicher
wissen wir es aber nicht.“ Als Alternative zeigt Dr. Andreas-Johannes
Degen die operative Entfernung auf – sofern das Tattoo die Ausmaße eines
fingernagelgroßen Marienkäfers hat.
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