Nachgefragt in Achern und Kehl: Ist die Zeit der kleinen Kinos endgültig vorbei?

Im "Tivoli" fällt Ende des Jahres der letzte Vorhang

Bühl/Achern/Kehl (ds). Am 18. Dezember 1953 wurde die "Blaue Königin" in Bühl mit der österreichischen Komödie "Ich und meine Frau" eröffnet. Und genau mit diesen Film fiel am Freitag dort der letzte Vorhang. Ab sofort gehört die "Blaue Königin" der Geschichte an – unwiderruflich.
"Mein Pachtvertrag lief aus und aus wirtschaftlichen Gründen mache ich jetzt eine Strich drunter", sagt Uwe Bauer mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das gleiche Schicksal wird das "Tivoli" in Achern – ebenfalls ein Ein-Saal-Haus – ereilen, das Bauer Ende des Jahres aufgeben wird. 1998 hat Bauer beide Kinos von seinen Eltern übernommen. "Ich habe zwar den Kfz-Meister gemacht, aber ich kannte ja alles von meinen Eltern und war schon als Zwölfjähriger mit dabei", erzählt Bauer.

Unzählige tolle Filme und viele schöne Zeiten hat Uwe Bauer erlebt. "Die schönsten Momente waren, wenn viele Leute und viele Kinder aus dem Saal kamen und gestrahlt haben", so Bauer. Manchmal sei es auch vorgekommen, dass sich Kinobesucher mit einem Handschlag für einen Film bedankt haben. Aber auch weniger Schönes hat Bauer aus den vergangenen Jahrzehnten zu berichten: "Mancheiner meinte, den Sitz mit einem Messer aufschlitzen oder sein Essen selbst mitbringen, den Müll aber zurücklassen zu müssen." Es ist nicht nur die Konkurrenzsituation in der Region, die Uwe Bauer dazu veranlasst aufzuhören. "Das Internet oder Video-on-Demand lassen einen Kinobesuch für viele uninteressant werden", so Bauer. Allerdings habe er in den vergangenen Jahren oft von seinen Gästen gehört, wie schön es sei, dass es noch ein so kleines Kino gebe". "Die Generation, die diese Nostalgie liebt, ist aber so alt wie ich", bedauert der 60-Jährige. Jetzt käme langsam die Zeit, in der mit den kleinen Kinos auch die Kultur der Lichtspieltheater verloren gehe.

Uwe Bauer wird wieder in seinen ursprünglichen Beruf zurückgehen und sich hauptsächlich Oldtimern widmen. Die "Blaue Königin" in Bühl wird abgerissen, das Architekturbüro Wilhelm in Achern plant hier eine Wohnbebauung. Siegfried Stinus, Besitzer des "Tivoli" in Achern, hat andere Pläne: "Wir, meine Frau und ich, sind bestrebt, das Kino für Achern zu erhalten. Wir sind auf der Suche nach einem Nachfolger", erklärt der Acherner Unternehmer auf Anfrage. Vorstellbar sei auch die Einrichtung eines Kommunalen Kinos, für das es Fördergelder vom Land geben könnte.

Ganz anders die Situation in Kehl: Dort betreibt Joachim Junghans seit 1978 das Kino. 1957 wurden die "Kammerlichtspiele" als Einzelhaus eröffnet. Pächter Junghans hat schon 1980 "den wichtigen Schritt gemacht" und das Einzelhaus in ein Drei-Saal-Kino-Center umgebaut. "Durch die drei Säle und unsere Lage in der Innenstadt können wir alle Genres anbieten und die Filme spielen, die wir auch spielen wollen. Sehr beliebt sind Kinder- und Familienfilme mit den Familientickets und natürlich unsere ausgesuchte Filmkunstreihe ,Charlot', für die wir schon seit 1988 jedes Jahr Auszeichnungen für ein besonderes Jahresfilmprogramm erhalten", betont Junghans. So müsse er über eine Schließung erst gar nicht nachdenken.