Getrennt leben, aber gemeinsam entscheiden
Ortenau. Sommerferien, Urlaub und unter Umständen ein Schulwechsel oder Einschulung: Für manche
Kinder und Jugendliche stehen spannende Wochen bevor. Leben die Eltern
zusammen oder sind sogar verheiratet, werden solche Entscheidungen in
der Familie gemeinsam besprochen und entschieden. Doch wie geht es, wenn
die Eltern geschieden sind oder - weil nicht verheiratet - sich
getrennt haben? Hier sagt der Gesetzgeber ganz klar: Das gemeinsame
Sorgerecht beider Elternteile gilt als Regelfall, ob verheiratet oder
nicht. Das Recht von Vätern, die mit der Mutter des Kindes nicht
verheiratet sind, wurde erst 2013 durch eine Auflage des europäischen
Gerichtshofs gestärkt und dem der verheirateten Väter gleich gestellt.
Das Sorgerecht ist aufgeteilt in verschiedene Bereiche - Vermögens-,
Gesundheits- und Alltagsfürsorge sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht
-, die richterlich zugeteilt werden. Damit entscheidet der zuständige
Elternteil, welchen Arzt ein Kind aufsuche, ob es in einem Verein aktiv
sei auch, ob es schulische Nachhilfe benötige. Muss die weitere
Schullaufbahn des Kindes entschieden werden, hätten sich beide
Elternteile abzustimmen, erklärt die Offenburger Fachanwältin für
Familienrecht, Ulrike Schwarz, anhand eines Beispiels. Grundsätzlich
dürfe ein Elternteil allein mit dem Kind in Urlaub fahren, erklärt
Schwarz. Erst, wenn etwa eine mehrstündige Flugreise geplant ist oder
eine Reise in tropische Länder mit mögliche gesundheitlichen Folgen für
den Nachwuchs, müsse wieder die Zustimmung des zweiten Elternteils
eingeholt werden, so Schwarz' zweites Beispiel. Gegen das gemeinsame
Sorgerecht würden Gerichte dann entscheiden, wenn etwa Gewalt, Drogen
oder psychische Probleme bei einem Elternteil im Spiel sind. Träten die
Einschränkungen im Nachhinein auf, könne ein Familiengericht ein
Sorgerecht auch ruhen lassen, der andere Elternteil übernimmt das
alleine Sorgerecht.
Der Kindeswunsch, bei welchem Elternteil es leben wolle, spiele eine zentrale Rolle, so Schwarz, schränkt aber ein,
dass der abhängig vom Alter des Kindes Berücksichtigung finde. Äußere
eine 16-Jähriger, bei welchem Elternteil er leben wolle, habe das
anderes Gewicht als bei einem Zehnjährigen. Denn gebe es zwischen Vater
und Mutter anhaltende Konflikte, würden gerade jüngere Kinder zum
Spielball und würden für die eigenen Ziele benutzt, so ihre anwaltliche Erfahrung.
In jedem Fall habe zu jedem Zeitpunkt ein Elternteil die Möglichkeit, die Zuteilung des Sorgerechts gerichtlich überprüfen zu
lassen, so Ulrike Schwarz. Dann werde auch wieder das Jugendamt aktiv,
dass im übrigen bei jeder Trennung, auch einvernehmlichen, von Beginn
als Fachbehörde involviert sei, betont Schwarz. Es biete Gespräche an,
vermittle zwischen den Parteien, schaue nach dem Rechten und gebe
Empfehlungen für den Familienrichter.
Mit der Gesetzesänderung 2013 bräuchten Väter, die nicht mit der Mutter des gemeinsamen Kindes verheiratet gewesen seien, lediglich einen Antrag auf gemeinsames
Sorgerecht beim Gericht stellen. Diese Möglichkeit hatten sie zuvor
nicht, erklärt Schwarz. Das gelte natürlich auch anders herum.
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