Von Sitten und Bräuchen an Silvester und Neujahr im Kinzigtal und anderswo
Gesang, Karpfen, Böller und auch neue Unterwäsche
Mittleres Kinzigtal. „Keine Wäsche ‚zwischen den Jahren‘ aufhängen, das bringt Unglück“, sagen
manche. Auch heißt es, dass das in dieser Zeit Geträumte einen Blick in
die Zukunft freigebe. Um dem Unglück zu trotzen, gibt es viele Bräuche
nicht nur im Kinzigtal. In den Silvesterabenden wird bei manchen ein
glücksbringender Karpfen aufgetischt. Eine Schuppe von ihm in der
Geldbörse bedeutet, dass dieser das ganze Jahr über nicht leer wird. Mit
Raketen und Böllern, Lärm und Feuer wird das neue Jahr begrüßt, um die
bösen Geister zu vertreiben.
Einen schönen Silvesterbrauch zelebriert man alle zwei Jahre in Mühlenbach. So findet dort auch heuer wieder das Neujahrsansingen statt. Die Sänger des katholischen
Kirchenchors von der Pfarrei St. Afra treffen sich am Silvesterabend um
21 Uhr zum Ansingen. In der Dorfmitte vor dem Christbaum werden dann
gegen 22 Uhr die beiden alten, überlieferten Mühlenbacher Lieder „Freut
Euch nun ihr lieben Leut“ und „Vor acht Tagen war Gott geboren“
gesungen. Wie es der alte Brauch will, ziehen die Sänger in kleinen
Gruppen von vier bis fünf Leuten in die Täler. „Wir fangen oben an und
hören unten auf, das kann schon bis in die frühen Morgenstunden gehen“,
berichtet Kirchenchor-Vorsitzender Claus Matt.
Ganz früher seien die Bauern aufgestanden und haben ihren Nachbarn das neue Jahr
angesungen, erklärt er. Wie lange es diesen schönen Brauch schon gibt,
kann er nicht genau sagen. Mitte der 1960er-Jahre sei er durch den
„Rumpele -Sepp“, Josef Matt, den damaligen Vorstand wieder eingeführt
worden. „Manche bitten die Sänger in die Stube und versorgen sie mit
Getränken und je nach Uhrzeit noch mit Essen. „Da gibt es auch mal den
einen oder anderen Schnaps“, erklärt er schmunzelnd. „Es kam auch schon
vor, dass früh morgens gegen fünf Uhr der frühere Dirigent Siegfried
Laumont das Umspannhäuschen im Bärenbach angesungen hat“, fügt Matt
lachend hinzu.
Kerim Kuyuncu vom Türkischen Kulturverein in Hausach berichtete einmal bei einer Neujahresserenade, wie Silvester in der Türkei gefeiert wird. „Heutzutage genauso wie hier“, erklärte er, obwohl die Türkei islamisch geprägt sei und Neujahr immer zehn Tage
vorrücken würde. Der Weihnachtsbaum gelte dort als Neujahrsbaum und der
Nikolaus käme zu Neujahr, um die Kinder zu beschenken.
In Portugal gibt es das Januarsingen „janeiras“. Vielerorts treffen sich
Freunde und bringen diese musikalischen Neujahrswünsche von Haus zu
Haus, erklärt Carlos Fernandes, portugiesischer Wirt der Burgschänke in
Hausach. Porzellan werde dann aus den Fenstern geschmissen und
traditionell neue Unterwäsche und blaue Kleidung getragen. „Das soll
Glück bringen“, berichtet er. Die Türen und Fenster der Häuser würden
sich öffnen und drinnen seien die Musiker zum Vesper eingeladen. Bei
allen Unterschieden haben doch alle Bräuche eines gemeinsam: Sie sollen
im neuen Jahr Glück bringen.
Autor: cao
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