Bundestagsabgeordnete und ihre Nebeneinkünfte
Ortenau. "abgeordnetenwatch" hat Anfang der Woche die Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten
thematisiert. 156 von 631 haben laut der Liste des Internetportals
solche angegeben. Wie Redaktionsleiter Martin Reyher gegenüber dem
Guller erklärt, müssten offiziell weder Einkünfte aus Tätigkeiten
angegeben werden, wenn diese monatlich unter 1000 oder jährlich unter
10.000 liegen noch Gewinne aus Unternehmensbeteiligungen. Während von
den Ortenauer Abgeordneten Elvira Drobinski-Weiß (SPD), Kordula Kovac
(CDU), Peter Weiß (CDU) und Wolfgang Schäuble (CDU) keine
veröffentlichungspflichtigen Nebeneinkünfte ausgewiesen sind, steht
Johannes Fechner (SPD) mit Einkünften in der Einordnungsstufe von 77.000
und 196.500 Euro an 34. Stelle.
"Neben meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Mitglied des Emmendinger Kreistages mit einer jährlichen Entschädigung von rund 3000 Euro kommen meine Nebeneinkünfte aus meiner
Anwaltstätigkeit", erklärt Johannes Fechner auf Anfrage der
Guller-Redaktion. "Die bisherigen Nebeneinkünfte stammen überwiegend aus
Mandaten, die ich vor meiner Wahl in den Bundestag im Oktober 2013
begonnen und bis ins Jahr 2014/2015 zu Ende geführt habe. Meine Wahl in
den Bundestag war nicht sicher, so dass ich bis zur Wahl im Oktober 2013
voll durchgearbeitet und Mandate angenommen habe."
Die Schätzung der Obergrenze von "abgeordnetenwatch", die nach seinem
Verständnis die Gesamtsumme ab Oktober 2013 darstellen soll, übertreffe
die tatsächlichen Einkünfte bei weitem. "Im ersten Halbjahr 2015 hatte
ich exklusive Mehrwertsteuer einen Umsatz von 41.000 Euro, was bei
Betriebsausgaben wie Personal, Raummiete et cetera von rund 20.000 Euro
einen monatlichen Bruttogewinn von rund 3400 Euro abzüglich Steuer von
geschätzt mindestens 25 Prozent und Sozialversicherungsbeträgen somit
einen monatlichen Nettogewinn von rund 2200 Euro ergibt. Dies wird noch
weiter zurückgehen, wenn alle Mandate, die ich vor meiner Wahl in den
Bundestag begonnen habe, abgearbeitet und abgerechnet sind", so der
Abgeordnete.
Auf die Frage, ob er neben seiner Arbeit als Anwalt denn noch genügend Zeit für seine Tätigkeit als Abgeordneter habe,
betont Fechner: "Meine frühere anwaltliche Vollzeittätigkeit wäre
unvereinbar mit dem Mandat." Deshalb habe er diese deutlich reduziert
und sei nur noch für Bekannte und Stammkunden tätig. "Ich arbeite in der
Woche rund 70 Stunden als Mitglied des Bundestags und 20 Stunden als
Anwalt", so der Abgeordnete. Durch Letzteres habe er den direkten Draht
zur juristischen Praxis, was für einen Rechtspolitiker große Vorteile
habe. Vor allem aber gebe ihm dies Unabhängigkeit: "Ich kann immer frei
entscheiden, ohne Sorge haben zu müssen, vor der Arbeitslosigkeit zu
stehen, wenn ich abgewählt werden sollte. Außerdem ist es sinnvoll, dass
Politiker den Bezug zur Arbeitswelt nicht verlieren."
Hinsichtlich Forderungen, Bundestagsabgeordneten Nebentätigkeiten ganz zu verbieten,
erklärt der Abgeordnete für den Wahlkreis Emmendingen-Lahr: "Wenn die
Tätigkeit wie bei mir nur einen untergeordneten Anteil der Arbeitszeit
umfasst, sollte dies nicht verboten sein. Dies gibt Unabhängigkeit und
wichtige praktische Erfahrungen." Viele Bundestagsabgeordnete seien
Beamte und hätten deshalb keine Nebeneinkünfte, wohl aber die sichere
Rückkehrmöglichkeit in den Staatsdienst für den Fall der Abwahl. Was die
Transparenz anbelangt, meint Johannes Fechner: "Allerdings sollten die
Gesamtbeträge der Nebentätigkeiten offengelegt werden, nicht erst ab
1000 Euro und nicht im derzeitigen unübersichtlichen Stufenmodell."
Weit unter dieser Mindestgrenze liegen nach eigenen Angaben die Einkünfte
der Wolfacher Bundestagsabgeordneten Kordula Kovac als Geschäftsführende
Gesellschafterin der Mineralienhalde Grube Clara UG. Aus diesem Grund
seien diese auch nicht aufgeführt. "Ich stehe da nicht jeden Tag im
Betrieb", erklärt sie auf Anfrage der Guller-Redaktion. Für den
Saison-Betrieb zwischen April und Oktober gebe es zwei
Halbtagsangestellte, sie selbst sei nicht mehr im operativen Geschäft.
Was Nebeneinkünfte von Abgeordneten anbelangt, müsse man differenzieren.
Selbstständige wie Rechtsanwälte oder auch Landwirte könnten für ihr
Mandat nicht einfach alles aufgeben, schließlich gebe es keine Garantie,
wiedergewählt zu werden. Dann stünden sie vor dem Nichts. "Ein Beamter
wird dagegen seinen Job wiederbekommen", gibt sie zu bedenken. Aus
diesem Grund wäre es nach Ansicht von Kordula Kovac nicht richtig, würde
man Bundestagsabgeordneten generell Nebentätigkeiten verbieten.
Diese Meinung teilt auch Elvira Drobinski-Weiß, die selbst weder Einkünfte
aus Nebentätigkeiten noch Gewinnbeteiligungen habe, sondern nur
ehrenamtlich tätig sei. "Man darf nicht alle über einen Kamm scheren",
so ihre Meinung. Für Selbstständige sei es sicherlich sinnvoll, einen
Fuß im Beruf zu behalten. Gleichzeitig plädiert sie für größere
Transparenz bei der Offenlegung.
Peter Weiß erklärt im Gespräch mit dem Guller, dass er als Beiratsmitglied der PAX-Bank 250 Euro im Jahr erhält, wenn er an den Sitzungen teilnimmt. Die liegt unter der
Offenlegungsgrenze. Auch wenn er selbst lediglich ehrenamtlich tätig
ist, spricht er sich gegen ein Verbot von Nebentätigkeiten aus: "Das
wäre ja ein Berufsverbot. Landwirte müssten beispielsweise ihren Hof
abgeben und wären erst recht von der Politik abhängig."
Darüber hinaus hieß es auf Guller-Anfrage aus Berlin: "Bundesfinanzminister Dr.
W. Schäuble MdB hat keine anzeigepflichtigen Einkünfte erzielt."
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.