Aussortiert und abgelehnt: Junge Mütter suchen weiter
Afög und Agentur für Arbeit wollen Bewerberinnen Ausbildung ermöglichen

Vier junge Mütter, die gern eine Ausbildung machen würden: (v.l.) Melanie Ganter, Joyce Mill, Drageica Rasiti und Bianca Müller mit den Projektbetreuerinnen Beate Hoedemacher und Irene Freudl. | Foto: Foto: Breuer
  • Vier junge Mütter, die gern eine Ausbildung machen würden: (v.l.) Melanie Ganter, Joyce Mill, Drageica Rasiti und Bianca Müller mit den Projektbetreuerinnen Beate Hoedemacher und Irene Freudl.
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Ortenau. Die Arbeitsagentur und die Kommunale Arbeitsförderung versuchen in den Projekten „Carpo" und „Diana+" junge Mütter in eine Teilzeitausbildung zu bringen. Doch
das ist gar nicht so leicht. Es fehlen Stellenangebote.

In der Küche der Afög in Offenburg sitzen vier junge Frauen. Joyce Mill, 22,
hat eine zweijährige Tochter, Drageica Rasiti, 24, hat drei Söhne,
Melanie Ganter, 23, ist Mutter einer dreijährigen Tochter und Bianca
Müller, 19, hat einen dreijährigen Sohn. Außer ihrer Jugend und den
Kindern haben sie eines gemeinsam: Sie suchen einen Ausbildungsplatz in
Teilzeit.

Joyce hat Mittlere Reife und war zwei Jahre auf einer Sprachenschule. Sie würde gern im Bürobereich oder in der Verwaltung
arbeiten. Drageica hatte vor der ersten Schwangerschaft eine Ausbildung
im Lebensmitteleinzelhandel begonnen. Ein Bereich, in den sie gern
wieder zurückkehren würde. Auch Melanie möchte gern im Einzelhandel
arbeiten. Ihr Bereich wäre Mode. Bianca strebt in eine ganz andere
Richtung: Sie mag die Hauswirtschaft.

Obwohl sie Bereiche anstreben, in denen es Ausbildungsstellen gibt, haben sie kaum eine
Chance überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. „Da
wird gleich aussortiert. Und wenn die sehen, dass man Kinder hat...".
Joyce ist frustriert. Sie alle würden gern arbeiten – wenn man sie nur
ließe.

Dabei haben die jungen Frauen durch ihre Kinder gelernt, was Pünktlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit
bedeuten, betonen die beiden Projektleiterinnen Irene Freudl und Beate
Hoedemacher. Drei Mal pro Woche treffen sich die jungen Frauen in der
Afög in Offenburg, bekommen Unterricht in Mathe und Deutsch, um Lücken
zu füllen, schreiben Bewerbungen und bereiten sich mit den beiden
Sozialarbeiterinnen auf Vorstellungsgespräche vor – wenn es denn mal
welche gibt.

Aber es gibt auch Erfolgsmeldungen. Mirjam Almaz ist zweifache Mutter und seit zwei Jahren in Ausbildung zur Rechtsanwalts-Fachangestellten. „Ich habe zuerst ein Praktikum gemacht.
Danach wurde mir gleich eine Ausbildung angeboten." Die Arbeit in der
Rechtsanwaltskanzlei Große-Wächter in Kehl mache ihr sehr viel Spaß. Und
die Kinderbetreuung sei für sie kein Problem. Fünf Stunden täglich ist
sie in der Kanzlei. Beatrice Watter, Anwältin in der Kanzlei, zeigt sich
sehr zufrieden mit ihrer Auszubildenden. „Sie ist Klassenbeste", lobt
sie die junge Mutter.

Die Arbeitsrechtlerin sieht die Probleme und auch die Zwickmühle, in der junge Mütter stecken. „Auszubildende machen Arbeit und dürfen nicht als billige Arbeitskraft gesehen werden",
sagt die Anwältin. „Die jungen Frauen sind in der Regel zuverlässig und
würden sich ein Bein rausreißen, wenn sie eine Chance bekämen." Und
wenn sie dann mal eine Stunde wegen des Kindes fehlen würden, sei das
auch nicht so schlimm.

„Ein Betrieb muss nur wollen", sagt sie. Die Juristin sieht das Problem aber nicht nur im mangelnden Willen der Betriebe. „Es würde besser laufen, wenn es mehr Kooperationen zwischen
Unternehmen und Kinderbetreuungseinrichtungen gäbe", ist sie sich
sicher. Wenn eine Mutter ihr Kind gut versorgt weiß, gehe sie auch mit
ruhigem Gewissen arbeiten.

Joyce, Drageica, Melanie und Bianca hoffen jedenfalls, dass sich irgendwo ein Arbeitgeber findet, der ihnen die Chance auf eine Ausbildung gibt. Denn: „Wir möchten unseren Kindern
eine Zukunft bieten und wollen, dass sie stolz auf uns sein können." Sie
wünschen sich einen Chef, der Verständnis zeigt und nicht von
vornherein ablehnt, wenn sich eine junge Mutter bewirbt.

Autor: Christine Breuer

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