Ihr Begleiter durch die Woche
Die Verantwortung beginnt bei uns
Nun ist der Sonntag der Bundestagswahl also da. Endlich, meinen vor allem diejenigen, denen dieser Wahlkampf zu langweilig war. Nun ist die politische Arena ja aber auch nicht dazu da, um vor nägelkauendem Publikum wüste Gladiatorenkämpfe zu inszenieren. Im Gegenteil: Gerade angesichts einer politischen Kultur, wie man sie neuerdings in den USA, der Türkei oder einigen osteuropäischen EU-Ländern erlebt, ist es wohltuend, dass dieser Wahlkampf eher arm war an Skandalen und Schlammschlachten. Das ist nicht nur eine Frage des Stils, sondern bewahrt auch vor einer Vernebelung der Inhalte, um die es doch in erster Linie gehen muss. Zweitens möge, wer über Wahlkämpfe die Nase rümpft, bedenken, dass der Wettstreit der Parteien sowie Demokratie, Bürgerrechte und Rechtsstaatlichkeit zwei Seiten der gleichen Medaille sind: Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Welchen politischen Inhalten soll man indes – über diese Grundwerte hinaus Vorrang einräumen? Aus christlicher Sicht gibt hier der sogenannte konziliare Prozess, der 1983 vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Gang gesetzt wurde, klare Hinweise: "Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung". Christen werden prüfen müssen, welche Parteien diesen Kriterien am ehesten gerecht werden. Sie werden zum Beispiel fragen müssen, wie – um ein prägnantes Wort von Papst Franziskus zu zitieren – ein Wirtschaftssystem gestaltet sein muss, das im Gegensatz zu unserem nicht "tötet". Und sie werden auch die deutlichen Sätze aus dem gemeinsamen Wort der Kirchen zur diesjährigen interkulturellen Woche bedenken müssen: "Politik, die Fremdenfeindlichkeit schürt, von Angst gegen Überfremdung lebt, einseitig nationale Interessen betont, ein nationalistisches Kulturverständnis pflegt und Grundfreiheiten in Frage stellt, ist mit einer christlichen Haltung nicht vereinbar. Ausländerfeindlichkeit, Diffamierung anderer Religionsgemeinschaften, die Überhöhung der eigenen Nation, Rassismus, Antisemitismus, Gleichgültigkeit gegenüber der Armut in der Welt – all das führt nicht in eine gute Zukunft.“ Und: „Die Verantwortung für das Gemeinwohl beginnt bei uns.“
Patrick Hillenbrand-Detzer
katholischer Schuldekan
Acher-Renchtal
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.