Würdigung besonderer Sanierung
Reithalle erhält Denkmalschutzpreis

Die Reithalle Achern von innen | Foto: Thomas Eicken
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Achern (st) Auch 2024 dürfen sich fünf private Denkmaleigentümer wieder über die Auszeichnung mit dem Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg freuen. Darunter sind auch Astrid und Gerold Weber aus Achern für die Sanierung der ehemaligen Reithalle auf den Illenauwiesen. Mit diesem Preis, der bereits 1978 als Peter-Haag-Preis für Württemberg gegründet wurde und seit 2000 vom Schwäbischen Heimatbund und dem Landesverein Badische Heimat gemeinsam landesweit vergeben wird, werden Privatleute geehrt, die bei der Sanierung und Umnutzung ihres historisch bedeutsamen Hauses besonders vorbildlich vorgegangen sind und damit einen wichtigen Beitrag zur Weitertradierung der vielfältigen Baukultur im Land geleistet haben. Der Preis steht unter der Schirmherrschaft von Wohnungsbau-Staatssekretärin Andrea Lindlohr und wird bereits seit 2006 ermöglicht durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Wüstenrot Stiftung, teilt der Schwäbische Heimatbund mit.

Astrid und Gerold Weber machten sich schon vor über zehn Jahren einen Namen, als sie mit kreativen Ideen, Innovationsgeist, aber auch mit sehr viel Verantwortung gegenüber dem Kulturdenkmal das Heiz- und Maschinenhaus der früheren Heil- und Pflegeanstalt Illenau in Achern zu Wohnzwecken umbauten. Dafür erhielten sie bereits 2012 den Denkmalschutzpreis. Wenige Jahre später ließen sie sich auf ein noch viel sperrigeres Kulturdenkmal ein, das in ihrer Nachbarschaft seit der Mitte der 1990er-Jahre ohne Nutzung in einen immer problematischeren Zustand verfiel. 2019 kauften sie eine frühere Reithalle von gewaltigen Dimensionen, die Wände unverputzt mit einem sichtbaren Skelett in einfachem Stampfbeton, ausgemauert mit groben Backsteinen, das Innere stützenlos überspannt von einem gewaltigen offenen Dachwerk aus Bretterbindern.

Eine gewisse Ruppigkeit zeichnet den Bau aus. Deutlich wird das Diktat der Sparsamkeit bei der Entstehung. Tatsächlich macht dieser Charakter einen wichtigen Teil der Denkmalaussage aus. Errichtet wurde das Bauwerk nämlich im Notjahr 1946, als die Illenau von der französischen Armee beschlagnahmt war. Die Krankenanstalt diente als Offizierschule, und für diesen Zweck wurde eine Reithalle benötigt. In einer Zeit des Materialmangels wurde dieser Großbau von der sich erst wieder formierenden deutschen Bauverwaltung für das französische Militär realisiert – ein Teil der Reparationsforderungen der Alliierten, ein bauliches Geschichtszeugnis von Rang und ein letzter Rest der Illenau als Kaserne bis zum Abzug der Franzosen 1994.

Markthalle

 Das Konzept einer Mischnutzung, mit der die Webers den Zuschlag zum Kauf erhielten und das trotz Pandemie-Umständen mit dem Offenburger Architekten Michael Welle rasch umgesetzt werden konnte, führte zu einer die originale Bausubstanz außergewöhnlich schonenden Lösung. Der Großteil der Innenfläche nimmt nun eine Markthalle mit Dauerständen für regionale Bioprodukte ein, ergänzt durch eine Buchhandlung und ein Café, das im Außenbereich auch eine ehemalige Militärtankstelle aus den 1950er-Jahren nutzt. Drei großzügige zweigeschossige Einfamilienhäuser in Holzbauweise sind wie Container in den hinteren Teil der Halle eingestellt, ebenso zwei Einbauten für Büros, geschickt beleuchtet durch neue Fensterelemente in den seitlichen Hallentoren, die offenstehend auch erhalten blieben. Weitere Büros fanden Platz in schon früher vorhandenen Räumen auf einer Empore über dem Hauptzugang.

Die Jury zeigte sich begeistert darüber, wie die ursprünglichen Bauteile originalgetreu und handwerklich hochwertig instandgesetzt wurden: die durch eindringenden Regen geschädigten Brettbinder des Dachwerks, die bis hin zum Abstand der Nagelungen wiederhergestellt wurden; die historischen Tore und die vielen einfachverglasten Fenster mit ihrem hellgrauen Anstrich; das vorsichtig sanierte Mauerwerk oder das Dach, das nach einer nicht ins Auge fallenden Außendämmung wieder seine bisherigen Ziegel erhielt. Der karge Nachkriegs-Charakter blieb bei all diesen Maßnahmen gewahrt. Eine Veränderung bildet der firstnahe Einbau von Lichtbändern in die beiden riesigen Dachflächen. Sie wurden bündig einsetzt und mit in das Glas integrierten Photovoltaikmodulen ausgestattet – Elemente, die dem Gesamtbild angemessen sind und nicht störend ins Auge fallen. Energetisch und im Hinblick auf Nachhaltigkeit ist die Halle ein Vorzeigeobjekt geworden, nicht zuletzt dank der Profession des Bauherrn als Fachmann für Solartechnik. Das Raumvolumen des Inneren muss aufgrund der Funktion als Markthalle nicht geheizt werden, was die Erhaltung der Fenster ermöglichte. Heizung und Warmwasser der Wohnungen und Büros werden dagegen von einer zentralen Holzpelletanlage geliefert, die ein für alle sichtbares gestalterisches Element inmitten der Markthalle geworden ist. Die Jury war überzeugt von der erneuten besonderen denkmalpflegerischen Leistung der Eheleute Weber, die überdies als ungewöhnlich engagierte Privatpersonen der Stadt Achern zu einem neuen bürgernahen Mittelpunkt verholfen haben.

Als Zeichen der Anerkennung erhalten die Eigentümer einen Geldpreis in Höhe von 5.000 Euro sowie eine Bronzetafel zur Anbringung an ihrem Gebäude. Zudem ist die Auszeichnung mit Urkunden für die Eigentümer sowie die beteiligten Architekten, Restauratoren und Handwerker verbunden.

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