Keine Zukunft für kleine Grundschulen?
Landesrechnungshof will Beteiligung der Kommunen

Die Moscherosch-Schule in Willstätt hat in Sand und in Eckartsweier Außenstellen. | Foto: Gemeinde Willstätt
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Willstätt/Ettenheim (gro). "Kurze Wege für kurze Beine", so lautet das Credo der baden-württembergischen Kommunen in Bezug auf die Grundschulen. Wenn möglich sollen selbst kleine Schulen aufrechterhalten werden, damit die Kinder nicht am Morgen in den Bus steigen müssen. Der Landesrechnungshof kommt in einem Gutachten zum Lehrereinsatz zu einem anderen Ergebnis: Er verlangt, Kommunen, die an kleinen Grundschulen festhalten wollen, stärker an den Kosten dafür zu beteiligen. Der baden-württembergische Gemeindetag lehnte diese Forderung in einer ersten Reaktion bereits ab.

Situation in Ettenheim

"Das Gutachten speziell wird nicht bei uns diskutiert", so Bruno Metz, Bürgermeister von Ettenheim. Allerdings sei die Schulorganisation ein Dauerthema. Vor Jahren habe man im Münstertal zwei Grundschulen zusammenlegen müssen. "Für die Orte Wallburg, Ettenheimmünster und Münchweier gibt es eine Grundschule in Münchweier, die geografisch in der Mitte liegt", erklärt Metz.

Stand heute gebe es drei Grundschulen in Ettenheim, die von rund 440 Schülern besucht würden. "Derzeit sehen wir die Standorte stabil und deswegen keine Notwendigkeit, über weitere Zusammenlegungen nachzudenken", so Metz. Wie in vielen Kommunen in der Region stiegen auch in Ettenheim die Geburtenzahlen leicht, so dass potentiell auch die Schülerzahlen in Zukunft steigen würden. Rund 900.000 Euro kosteten die Grundschulen die Stadt Ettenheim im Jahr. "Die Standorte in Münchweier und der Kernstadt wurden in den vergangenen Jahren mit einem Millionenaufwand saniert", erklärt Metz. "Sie sind auf einem guten Stand. In Altdorf beginnt in den nächsten Monaten eine grundlegende Sanierung, die besonders energetische Aspekte umfasst und das Gebäude fit machen soll für die kommenden Jahre."

Für Metz sind nicht nur die kurzen Schulwege entscheidend: "Es geht auch um wichtige Treffpunkte für junge Familien, die sich über die Grundschulen zum Beispiel in der Elternarbeit begegnen. Das hat etwas Integratives für Menschen, die hier geboren sind, für Menschen, die innerhalb der Region umziehen und für Menschen, die einen weiten Weg hinter sich haben." Die Grundschule Ettenheim sei eine Ganztagsschule. An den beiden anderen Standorten würden laut Metz differenzierte Angebote gemacht.

Situation in Willstätt

"Die Moscherosch-Schule in Willstätt hat weitere Standorte in Sand und Eckartsweier", beschreibt Hauptamtsleiter Andreas Leupolz die Schulsituation vor Ort. Im Ortsteil Legelshurst komme noch die selbstständige Eichenwaldschule hinzu. Die Standorte in Sand, Eckartsweier und Legelshurst seien einzügig, die Moscherosch-Schule in Willstätt werde zweizügig geführt. Die dazugehörigen Schülerzahlen: 124 Kinder besuchten den Standort Willstätt, 75 gingen in Sand zur Schule, 65 erhielten in Eckartsweier Unterricht und 75 Grundschüler lernten in Legelshurst. "Es sind kleine Schulen, die alle aus vier Klassen bestehen", so Leupolz. Zur Zeit gebe es keine Überlegungen für Zusammenlegungen. "Der Schul-standort Willstätt hat im Gemeinderat eine hohe Präferenz", betont Leupolz. Es werde zur Zeit stark darin investiert.

Ein Thema, das die Gemeinde allerdings beschäftige, sei die Ganztagsgrundschule. "Wir beginnen im September mit öffentlichen Informationsveranstaltungen zu dem Thema", kündigt Leupolz an. Denn es gebe verschiedene Formen: Die offene, bei der die Eltern entscheiden könnten, ob sie in Anspruch genommen werde, und die gebundene, die für alle Schüler verpflichtend sei. "Beide Formen haben Vor- und Nachteile", so Leupolz. Es sei wichtig, die Eltern umfassend zu informieren und mitzunehmen. "Experten gehen zwar davon aus, dass im ländlichen Raum die offene Form bevorzugt wird, wir sehen allerdings einen hohen Bedarf für eine Ganztagsbetreuung in Zukunft auch in der Grundschule", betont Leupolz.

Situation in Kapplerodeck

„Das wäre bei steigenden Geburtenzahlen und prosperierenden Gemeindeentwicklungen wie bei uns nicht nur fahrlässig, sondern auch eine klare Abkehr vom Bekenntnis zum ländlichen Raum“, meint dazu Kappelrodecks Bürgermeister Stefan Hattenbach, der mit der Gemeinde Kappelrodeck die Schulträgerschaft für zwei Grundschulen verantwortet. "Kultusministerin Susanne Eisenmann sieht im Gutachten wohl wichtige Impulse für die Debatte und kann sich eine regionale Schulentwicklung auch für Grundschulen vorstellen, man will wohl Handlungsspielräume prüfen", befürchtet Hattenbach. "Richtig geärgert" habe er sich deshalb über dieses Gedankenspiel, das nicht nur hohe Fahrtkosten, sondern auch weite Schulwege für die Kleinsten mit sich bringe.

Gleichzeitig wolle die Regierung wohl aber kein Schließprogramm aus finanziellen Erwägungen und weiter am Grundsatz „kurze Beine, kurze Wege“ festhalten, versucht er die Anzeichen zu deuten. Es spreche sicher nichts gegen Kooperationen und Weiterentwicklungen der Grundschulen, Schließungen seien aber der falsche Ansatz und eine klare Schwächung von kleineren Gemeinden und des ländlichen Raums.

Derzeit besuchen 50 Schüler in Waldulm und 200 in Kappelrodeck die beiden Schulen bei steigenden Schülerzahlen. "Alleine schon hinsichtlich der Raumkapazitäten brauchen wir beide Schulstandorte", betont Hattenbach. Er sei der Überzeugung, man sollte „die Schule im Dorf lassen“. Für Lehrer sieht Hattenbach im ländlichen Raum "tolle Arbeitsplätze". "Die Entlohnung der Schulleitungen von kleinen Grundschulen hingegen ist nicht angemessen", kritisiert Hattenbach. Randzeitenbetreuung und verlässliche Grundschule betreibe die Gemeinde in Zusammenarbeit mit beiden Schulen "mit großem Erfolg".

Situation in Berghaupten

Berghauptens Bürgermeister Philipp Clever ist ebenfalls von der Existenzberechtigung der ortsansässigen Grundschule überzeugt: "Nach derzeitigem Stand sind die Schülerzahlen relativ stabil, weshalb eine Schließung aus unserer Sicht fernliegt." Zumal die Grundschule am Eingang zum Kinzigtal eine stabile Einzügigkeit vorweisen könne. Das Motto "kurze Beine, kurze Wege" sei für die Gemeinde "ein ganz zentrales Thema, insbesondere auch, weil andere Standorte derzeit keine Alternative bieten".

Zuletzt wurde das Gebäude im Jahr 2009 umfangreich saniert. Zudem habe die Gemeinde Berghaupten jährlich rund 190.000 Euro an Kosten, darunter, so Clever, fielen auch die Ausgaben für die verlässliche Grundschule. Für die Betreuung der Kinder würden Gemeinde und Vereine mit der Schule und den gemeinsamen Angeboten kooperieren. So beginne die Betreuung im Rahmen der verlässlichen Grundschule an den fünf Wochentagen bereits um 7 Uhr und endee um 16 Uhr. Ein Mittagessen für die Schüler sei dazu optional.

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