Angedacht: Thomas Stiebitz
Ein zu selten gesagter Satz: "Du fehlst mir"

Thomas Stiebitz | Foto: privat

Wenn zwei Menschen frisch verliebt sind und sich nicht sehen können, fühlen sie genau das: Der andere fehlt einem. Und die beiden sagen sich diesen Satz, wenn sie telefonieren, chatten oder skypen immer wieder. Und wenn sie sich dann endlich wieder sehen und in den Arm nehmen können, ohne Bildschirm oder andere Medien, dann sagen sie: "Du hast mir gefehlt."

Aber nicht nur Verliebte sagen diesen Satz. Wenn ich einen Freund schon länger nicht mehr gesehen habe und ihn wieder treffe, meine Kinder nach längerer Zeit wieder nach Hause kommen oder ich nach langer Zeit wieder mit guten Bekannten telefoniere, dann sage ich auch: "Du hast mir gefehlt."

In der Zeit, in der ich meine Familie, Freunde, Bekannte nicht sehe, vermisse ich sie natürlich auch, aber beim Wiederzusammentreffen fällt dieser Satz. Und es tut auch mir gut, diesen Satz zu hören, wenn jemand ernsthaft sagt, dass er oder sie mich vermisst hat. Das zeigt mir, dass ich dieser Person wichtig bin und ich für diese Person jemand bin, der ihr am Herzen liegt.

Vielleicht sagen wir diesen Satz viel zu selten, gerade den Menschen, die immer um uns herum sind: unserem Partner, unserer Partnerin, unseren Kolleginnen und Kollegen, unserer Familie. Überlegen Sie mal, wem Sie mal wieder sagen könnten: Du bist mir wichtig. Oder beim wem Sie sich mal wieder melden könnten, weil Sie die Person vermissen.

Auch Kirche sagt das viel zu selten

Auch die Kirche sagt das viel zu selten. Die Kirche, das ist nicht nur die Institution, das ist nicht nur das Gebäude. Die Kirche, das ist in erster Linie die Gemeinschaft der Glaubenden. Und in dieser Gemeinschaft fehlen immer mehr Menschen, weil sie ihr den Rücken zukehren, aus den unterschiedlichsten Gründen. Und die Institution Kirche bietet leider viele Gründe an, sie zu verlassen, schließlich sind in ihr alle nur Menschen mit Fehlern und Schwächen. Aber dennoch fehlt jeder und jede Einzelne, die diesen Schritt macht. All diese Menschen fehlen der Kirche, fehlen mir, und sie fehlen auch Gott.

Ja, Du fehlst uns. Genau Du, mit Deinen Stärken und Schwächen, mit Deinen Fehlern und Deinen Talenten, mit Deiner Meinung und Deiner Sicht der Dinge. Ob Du noch Mitglied der Kirche bist oder nicht: Wir brauchen Dich. Du fehlst uns. Wir vermissen Dich.
Thomas Stiebitz, Pastoralreferent Kirchengemeinde Renchen

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.