Die Glosse im Guller
Arschgeweihe, Tamagotchis sowie Bubibands
Nein, ich habe kein Arschgeweih. 1997 war das zwar der Tattootrend. Glücklicherweise ging diese Mode aber spurlos an mir vorbei. Gerne würde ich das auf meinen guten Geschmack schieben. Tatsächlich habe ich einfach nur Angst vor Nadeln. Wer weiß, ob ich sonst heute nicht auch eine der Frauen wäre, die im Fitnessstudio beschämt nur mit dem Popo zur Wand duschen.
Sündige Gedanken
Dabei ist es mitunter schon bemerkenswert, wer sich alles so ein Steißbeintattoo hat stechen lassen. Als ich vor Jahren auf dem Jakobsweg Richtung Santiago de Compostela unterwegs war, gehörte eine Frau Mitte 50 zu unserer Gruppe. Sie sah ein bisschen aus wie ein weiblicher Peer Steinbrück, hatte aber mehr Haare auf dem Kopf. Eigentlich war sie wirklich nett, aber halt nicht gerade der Typ, mit dem man spontan eine Flasche Schampus köpfen möchte. Sie gehörte eher zu der Sorte Mensch, die an trockenes Toastbrot erinnern. Jedenfalls bückte sie sich einmal, um etwas aufzuheben. Dabei rutschte ihr weißes Feinripp-Unterhemd aus der Trekkinghose und alle konnten besagtes Tattoo sehen. Tja, alten Jugendsünden ...
Doch zurück zu 1997. Damals war ich 31, die Jugend hatte sich bereits verabschiedet, das Interesse an der Sünde blieb jedoch groß. Und für sündige Gedanken sorgte damals Pierce Brosnan als James Bond in "Der Morgen stirbt nie". Andere gerieten bei Leonardo DiCaprio in "Titanic" ins Träumen. Der war mir jedoch zu bubihaft.
"Backstreet Boys"
Apropos, die "Backstreet Boys" und andere Bubibands eroberten die Charts. Es gab aber auch weibliche Pendants wie die "Spice Girls". Sie machten kurze Röckchen und bauchfreie Shirts populär, dazu Plateau-Sneakers. Das sah aber nur an Fieberthermometer-Figuren cool aus.
Ich galt als altmodisch. Deshalb verweigerte ich meiner damals fünfjährigen Tochter einen Tamagotchi. Das waren Plastikeier mit Bildschirm, die als Haustierersatz dienten und ständig gepampert werden mussten. Das arme Kind hatte nur echte Meerschweinchen: Josefine und Anna. Letztere wurde immer dicker. Als dann eines morgens vier kleine Baby-Meerschweinchen im Käfig saßen, erkannten wir, dass Josefine ein Josef war.
Und dann gab es den Guller
Na, und dann flatterte uns plötzlich jeden Sonntagmorgen Der Guller ins Haus. Auch wenn ich damals noch bei einer anderen Zeitung arbeitete, fand ich das toll. Und wie man nach 25 Jahren sieht, war der Guller keine flüchtige Modeerscheinung im Jahr 1997.
Anne-Marie Glaser
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