Wird das Elsass Hochinzidenzgebiet?
Kostenfreie Tests für Grenzpendler
Ortenau/Stuttgart (gro). Frankreich hat vor einer Woche seine Grenzen für Länder außerhalb der Europäischen Union (EU) dicht gemacht. Außerdem werden an den Grenzen die Auflagen stärker überwacht. Wer ins Nachbarland einreisen möchte, der muss einen negativen Corona-Test vorlegen. Ausgenommen sind Pendler, die in dem einen Land leben und in dem anderen arbeiten. Wenn sie sich nicht weiter als 30 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen, müssen sie keinen negativen PCR-Test mit sich führen. Es muss ein Formular, das auf der Seite des französischen Innenministeriums heruntergeladen werden kann, ausgefüllt werden.
Am Oberrhein werden aber weitere Beschränkungen gefürchtet: "Wenn tatsächlich das Robert-Koch-Institut Frankreich zum Hochrisikogebiet erklärt, dann würde auch die 24-Stunden-Regelung wegfallen", macht Landrat Frank Scherer in einem Pressegespräch deutlich. Er fordert eine kohärente Regelung im Grenzgebiet: Idealerweise würden die Pandemiemaßnahmen zwischen den Nachbarländern abgestimmt. Da dies aber nur schwer zu erreichen sei, sollten wenigstens die Regelungen in den drei an Frankreich angrenzenden Bundesländern – Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland – gleich sein. Scherer hält den Grenzverkehr nicht für einen Pandemietreiber. "In einer Region, die so zusammengewachsen ist wie unsere, spielt es keine Rolle, ob aus Rheinau oder Gambsheim gependelt wird", so Scherer.
Wirtschaft braucht Grenzpendler
"Wir brauchen die Pendler an ihren Arbeitsplätzen", so Scherer. Vor allem in der Pflege sei man auf sie angewiesen. So arbeiten derzeit 150 Menschen, die im nahen Elsass leben, im Ortenau Klinikum.
In einem Brandbrief an die Landesregierung hat der Kehler Oberbürgermeister Toni Vetrano auf die besondere Lage am Oberrhein hingewiesen. 4.000 Grenzpendler arbeiten in Kehl, viele davon in der Pflege, der Diakonie Kork, in den Kindertagesstätten und in Schulen. Schon im Frühjahr habe Kehl früher als vorgeschrieben Kitas und Schulen schließen müssen, weil durch die Grenzschließung das Personal gefehlt habe.
Auch der Lahrer Oberbürgermeister Markus Ibert betrachtet die Entwicklung mit Sorge: "In den Unternehmen und Einrichtungen auf dem Gebiet der Stadt Lahr sind alleine rund 600 Beschäftigte tätig, die aus Frankreich über die Grenze an ihren Arbeitsplatz pendeln", schreibt er in einem Brief an das Gesundheitsministerium in Stuttgart, der auch an die Landtagsabgeordneten ging. Am südlichen Oberrhein würden insgesamt über 12.000 Grenzpendler aus dem Nachbarland arbeiten. "Unsere Wirtschaft ist in hohem Maße abhängig von Fachkräften aus Frankreich", so Ibert.
Freie Tests falls Hochinizidenzgebiet
Am Mittwoch teilte das Gesundheitsministerium mit, dass im Fall der Einstufung von Nachbarländern als Hochinzidenz- oder Virusvarianten-Gebiet das Land Baden-Württemberg die Kosten für die dann erforderlichen Tests für Grenzpendler übernimmt. Dies gilt laut Pressemitteilung für Personen, die in Baden-Württemberg wohnen und eine Arbeitsstelle im Ausland aufsuchen und für Personen, die zwar im Ausland wohnen, aber in Baden-Württemberg arbeiten. Auch Pendler zu Studien- oder Ausbildungszwecken sind darin erfasst. Gesundheitsminister Manne Lucha: "Wir wollen gewährleisten, dass Einreisen aus beruflichen Gründen weiterhin möglich bleiben. Das ist nicht nur im Interesse unserer heimischen Wirtschaft in Baden-Württemberg, sondern auch für den gemeinsamen europäischen Lebens- und Wirtschaftsraum von großer Bedeutung."
Sollte diese Einstufung erfolgen, dann dürften sich in Baden-Württemberg Pendler kostenlos testen lassen, wenn sie eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorlegen, dass die Anwesenheit am Arbeitsplatz zwingend nötig ist und kein Homeoffice oder vergleichbare Regelung möglich sind. Als Nachweis gilt laut Sozialministerium ein Schnelltest, der in Hausarztpraxen und Corona-Schwerpunktpraxen gemacht werden kann. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg betreibt in der Englerstraße in Offenburg eine zentrale Teststelle. Laut Gesundheitsministerium ist geplant, dass auch die grenznahen Apotheken kostenfreie Testungen für Grenzpendler anbieten.
IHK fordert Ausnahme von Testpflicht
Die IHK Südlicher Oberrhein fordert in einem gemeinsamen Brief mit den Kammern aus Karlsruhe und Hochrhein-Bodensee sowie der CCI Alsace Eurométropole an Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut und Gesundheitsminister Manne Lucha, die Grenzpendler von einer möglichen Testpflicht an den Grenzen auszunehmen, um die Wirtschaft aufrechtzuerhalten.
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