Offenburger Exponat in Ausstellung "Gier"
Hornloses Nashorn auf Reisen
Offenburg (st). Das hornlose Nashornpräparat des Offenburger Museums im Ritterhaus ist durch einen spektakulären Diebstahl überregional bekannt geworden. 2012 hatten vier auf Nashornraub spezialisierte Diebe das historische Präparat beschädigt und die beiden Hörner entwendet. Diese wurden zunächst in Straßburg versteckt, bevor sie – höchstwahrscheinlich zu Pulver zermahlen – nach China oder Vietnam geschafft wurden. Auf dem Schwarzmarkt dürften sie dort einen Kilopreis von bis zu 50 000 Euro erzielt haben.
Nashornpulver gilt in der traditionellen chinesischen Medizin als Blut kühlend und entgiftend. Es war immer ein seltenes und teures Mittel und avancierte in den vergangenen Jahrzehnten zum prestigekräftigen Geschenk an wohlhabende asiatische Geschäftsleute und Parteifunktionäre. Die Nachfrage stieg und damit auch der Preis.
Dead Zoo Gang
Eine Gruppe der Irish Travellers spezialisierte sich vor einigen Jahren auf den Diebstahl von Rhinozeros-Hörnern aus europäischen Museen und Universitätssammlungen. Sie führte den Namen "Dead Zoo Gang". Allein in der Bundesrepublik zählte die Polizei im Jahr 2011 insgesamt 21 Nashorndelikte. 30 Rhinozeros-Hörner wurden entwendet. Auch im Offenburger Museum schlugen die Diebe am Fasnachtssamstag, am 18. Februar 2012 zu. Alle vier konnten jedoch aufgrund der detaillierten Beschreibung des Museumspersonals später gefasst und verurteilt werden, die Hörner blieben jedoch verschwunden.
Das Museum im Ritterhaus ging damals offensiv mit dem Diebstahl um und arbeitete die Thematik 2013 in der viel beachteten Ausstellung „HORNLOS – Nashornraub in deutschen Museen“ auf. Seither hängt das beschädigte Präparat wieder an seinem angestammten Platz in der neu gestalteten kolonialgeschichtlichen Abteilung.
Ausstellung "Gier"
Dort wurde auch Christopher Dowe vom Haus der Geschichte in Stuttgart auf das Ausstellungsstück aufmerksam. Auf der Suche nach einem geeigneten Exponat für die dort geplante Ausstellung „Gier“ empfahl Kuratorin Anne Junk das hornlose Nashorn. Es steht zum einen für die Gier der Kolonialherren, Militärs und Großwildjäger nach Trophäen, zum anderen für die Geldgier der Nashorn-Diebe und schließlich für die Gier nach teuren prestigeträchtigen Geschenken, die sich in den Eliten Chinas und Vietnams etabliert hat. Nicht nur historische Nashorn-Trophäen, sondern auch lebende Nashörner fallen dieser Gier zum Opfer. Das Rhino ist heute akut von der Ausrottung bedroht!
Jetzt ist das hornlose Nashornpräpart auf Reisen gegangen. Vom 6. Dezember 2020 bis zum 30. Juni 2021 wird es im Haus der Geschichte in Stuttgart zu sehen sein - sofern die Corona-Pandemie den Ausstellungsmachern keinen Strich durch die Rechnung macht.
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