Nicholas Reed leitet ab Mai die Lahrer Stadtkapelle
Lahr. Ob London, Paris, Japan, Südostasien oder die Mongolei – „Die Musik hat mich in alle Teile
der Welt gebracht“, erzählt Nicholas Reed, der ab Mai die Leitung der
Lahrer Stadtkapelle übernehmen wird. „Es ist die Vielfalt des Berufs,
die mich reizt.“
Geboren wurde Reed 1984 in Reading bei Oxford. Dann ging es weiter: Über Southport bei Liverpool, wo er die Schule
besuchte, nach London an das Royal College of Music. Bis er es an die
renommierte Musikhochschule geschafft hatte, war es allerdings ein
langer und ab und zu auch harter Weg. „Wenn man sich durchsetzen möchte,
muss man sich relativ früh für die Musik entscheiden“, berichtet der
30-Jährige. „Man muss ihr sein Leben widmen. Ob bewusst oder unbewusst,
der Entschluss, die Musik zum Beruf zu machen, muss früh fallen.“
Das wussten auch Reeds Eltern. Beide sind selbst Musiker. Sie erkannten das
Talent des Sohnes früh und förderten ihn bereits in jungen Jahren. „Sie
haben mich nie zu etwas gezwungen, mir jedoch die nötige Motivation
gegeben.“ Das war ab und zu auch nötig: Während sich Reeds
Schulkameraden morgens im Bett noch einmal umdrehten, übte er bereits
Trompete, Schlagzeug oder Klavier. „Die Schule begann gegen acht“,
erinnert er sich. „Ich bin schon um sechs Uhr aufgestanden, um 90
Minuten zu üben.“ Dann ging es bis gegen 15.30 Uhr in die Schule, danach
Hausaufgaben und weitere 90 Minuten Instrumententraining. „Samstags
habe ich am Junior Royal Northern College of Music in Manchester, einer
Musikschule für talentierte junge Musiker, Unterricht genommen.“ Hinzu
kamen Fußball und Leichtathletik – zum Ausgleich. „Die Tage waren sehr
voll“, erzählt Reed. „Mit den Kumpels chillen oder shoppen, das habe ich
nicht gemacht. Der Freundschaft hat das jedoch nicht geschadet.“
Reed spricht von zwei Welten, in denen er während seiner Schulzeit gelebt
hat. An deren Ende stand im Jahr 2003 das Royal College of Music und
damit der Umzug vom 90.000 Einwohner zählenden Southport in die
Millionenmetropole London. „Man hasst die Menschenmengen in der Stadt
oder man liebt sie“, erzählt Nicholas Reed und bekommt noch immer ein
Leuchten in den Augen, wenn er sich zurück erinnert. „Ich habe das
riesige Multikulturelle geliebt.“ Ob tagsüber während des Studiums von
Klavier, Schlagzeug und Orchesterleitung oder morgens um drei Uhr in
einer Bar in Soho oder der Oxfordstreet – Reed hat das Leben in vollen
Zügen ausgekostet: „Ich habe die Stadt genossen, aber auch verdammt hart
gearbeitet. Als Musiker macht man nicht um 17 Uhr den Laptop zu und hat
Feierabend.“
Die Arbeit begleitet ihn ständig, bringt ihn aber auch in viele Teile der Erde. „Während meines Studiums bin ich für ein
Jahr als Stipendiat nach Paris gegangen und meine Konzertauftritte
führen mich auch heute noch über die Grenzen Europas hinaus. „Paris hat
mir viele neue Arten des Musizierens eröffnet“, erzählt Reed. Den
größten Einfluss hatte jedoch Bernhard Wulff auf ihn. „Ein toller
Mensch. Er leitet die Schlagzeugklasse an der Hochschule für Musik
Freiburg und förderte mich im Dirigieren.“
Nach seinem Abschluss in London war für Nicholas Reed klar, dass er noch mehr lernen wollte.
Er entschloss sich für ein weiteres Studium in Freiburg: „Ich kam
hierher, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, habe die Sprache aber
schnell gelernt.“ Dabei half ihm vor allem seine Offenheit gegenüber
Neuem. „Ich bin ungern allein, der menschliche Kontakt ist mir sehr
wichtig.“ Ohne je einen Sprachkurs besucht zu haben, spricht Reed heute
fließend Deutsch. „Das hat für mich auch etwas mit Respekt zu tun. Wenn
man Teil einer Gesellschaft sein und diese verstehen möchte, dann muss
man ihr etwas zurückgeben.“
Das schafft der Engländer einerseits über die Sprache, andererseits ist es sein musikalisches Wissen, das er
weitergibt. Sei es als Mitglied des Freiburger Ensemble Aventure, als
Dozent im Rahmen von Workshops in Großbritannien, als Lehrer im Lahrer
Musikum oder als Leiter der Stadtkapelle. „Momentan pendele ich noch
zwischen Freiburg und Lahr.“ Das ändert sich vielleicht mit seiner
Anstellung bei der Stadtkapelle. „Dann habe ich zwei Anstellungen in der
Stadt, daher kann es gut sein, dass ich bald ganz hierherziehe.“
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