Christa Šerić-Geiger-Preis 2024
Zwei besondere Fotokünstlerinnen
Kehl (st) Nomi Baumgartl und Jana Erb sind die Preisträgerinnen des Christa-Šerić-Geiger-Preises 2024. Beide Frauen schaffen mit ihrer Fotokunst Bewusstsein für Klimawandel und Vergänglichkeit – und dokumentieren gleichzeitig die schützenswerte Schönheit der Natur.
Mit großer Mehrheit stimmte die Jury für die international renommierte Fotografin Nomi Baumgartl (73) sowie die junge Münchner Outdoor-Fotografin Jana Erb (35). „Um deutlich zu machen, dass jede Generation gefragt ist, sich den voranschreitenden Klimawandel bewusst zu machen und entsprechend zu handeln, hat sich die Jury in diesem Jahr für zwei Preisträgerinnen unterschiedlicher Generationen entschieden“, erklärt Stiftungs-Vorstand Fadil Šerić: „Frau Baumgartl stellt sich in faszinierender künstlerischer Art ihrer Verantwortung und nutzt dazu ihre internationale Strahlkraft. Frau Erb dokumentiert, was Generationen nach ihr wahrscheinlich nicht mehr werden sehen können – und anerkennt gleichzeitig den Gegensatz, dass auch ihre Arbeit Teil des Problems ist.“
Berührende Lebensgeschichte
Eine berührende Lebensgeschichte und Bilder, die einen nicht mehr loslassen: Das ist Nomi Baumgartl, eine in Donau-Ries geborene freie Fotografin, die zu Beginn ihrer Karriere für internationale Modemagazine wie die Vogue oder Vanity Fair fotografierte. Berühmt wurde sie mit ihren Porträts von Joseph Beuys, Jane Goodall oder Papst Johannes Paul II. Ein schwerer Unfall riss Baumgartl 1996 fast aus dem Leben, ließ sie ihr Gedächtnis zu großen Teilen verlieren. Während ihres eigenen Heilungsprozesses begab sie sich unter anderem in Delphintherapie, lernte die Kraft von Natur und Tieren ganz neu zu schätzen – und fotografierte die Tiere unter Wasser. Heute ist sie Botschafterin von Dolphin Aid, die Delphintherapie für Kinder mit Behinderung anbietet. Seit 2009 fokussiert
sich Baumgartl mit ihrer Arbeit auf das Abschmelzen der Gletscher in der Arktis und den Schutz der Alpen. Ihr Filmprojekt „Stella Polaris* Ulloriarsuaq – The Luminous Memory of the Earth“ zieht Zuschauer mit atemberaubenden Lichtinstallationen auf dem Gletschereis von Grönland in seinen Bann. Die Bilder schockieren und berühren zugleich – weil Bewusstsein für den Wert der Natur nur durch Emotionen entsteht, so der Ansatz beider Preisträgerinnen.
Baumgartls Projekt „Eagle Wings – Protecting the Alps“ dokumentiert die Schönheit und Fragilität der Alpen unter anderem mit einer Kamera auf dem Rücken eines Adlers. „Wir müssen den Blick des Adlers annehmen, um für die nächsten Generationen die richtigen
Entscheidungen zu treffen“, so Baumgartl.
Orte und Naturphänomene
Der Blick von oben auf den zerbrechlichen Zauber unberührter Naturphänomene ist auch der von Fotografin Jana Erb. Zu ihrem Durchbruch führte eine Luftaufnahme über einer isländischen Gletscherlandschaft, in der Erb selbst bei minus 15 Grad im Badeanzug auf einem pinken Schwimmring treibt. Die Aufnahme provoziert, indem sie einen möglichen Ausblick auf die Zukunft gibt: Baden, wo einst eisiges Gletscherwasser floss. Weil das Bild aufrüttelt, regt es auch zum Gespräch über den Klimawandel an, sagt Jana Erb:
„Kommunikation ist immer der erste Schritt“. Vor allem aber will Erb dokumentieren, was für ihre und nachfolgende Generationen auf dem Spiel steht: Für „This is not to be seen *by future generations“ hat sie überwältigende Naturaufnahmen an einem ihrer
Herzensorte gemacht. „Meine Fotoarbeit zeigt Orte und Naturphänomene vor allem in Island, die mit großer Sicherheit schon in wenigen Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr existieren werden“, erklärt Erb. Gleichzeitig weiß Erb, dass auch ihre Arbeit –
beispielsweise die Reisen in unberührte Teile Islands – Spuren hinterlässt, die der Natur schaden. In diesem Spannungsfeld bewegt sie sich ebenso wie Nomi Baumgartl – allerdings als Vertreterin einer Generation, die mit den Folgen des Klimawandels leben
lernen und einen Weg für ihre Nachkommen ebnen muss.
Beide Preisträgerinnen haben sich der Jury zufolge des Christa-Šerić-Geiger-Preises 2024 verdient gemacht. Er ist mit 20.000 Euro dotiert. Die feierliche Preisverleihung mit Ausstellung der Bilder und Projekte findet statt am 9. März 2024 im Kulturhaus in Kehl.
Infos zum Preis
Mit dem Christa-Šerić-Geiger-Preis ehrt die Carl-Friedrich Geiger Stiftung seit 2021 jährlich Frauen, die sich auf herausragende Weise in der medizinischen Forschung, in Kunst und Kultur, in kulturellen und sozialen Einrichtungen wie auch für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern verdient gemacht haben. Das Kuratorium kann jährlich wechselnde Schwerpunkte benennen. Der Preis ist dotiert mit 20.000,00 Euro sowie einer Skulptur des Künstlers Alija Resic. Für den Preis 2024 konnten sich in diesem Jahr Frauen bewerben, die in Kunst und Kultur tätig sind. Die Ausschreibung fokussierte sich dabei auf künstlerische Leistungen, die sich in Zeiten der allgegenwärtigen Debatte um den Klimawandel in einer optimistischen Herangehensweise der schützenswerten Schönheit der Natur und des Lebens widmen.
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