Schon als Kind war die Ölmühle Jochen Hättigs Paradies
Seine Großmutter hat als Angestellte in der Oberkircher Ölmühle gearbeitet, seine Mutter ebenfalls und diese dann
später von der Familie Walz übernommen. Jochen Hättig kennt den
Traditionsbetrieb deshalb schon von Kindesbeinen an: „Für mich war
damals das Größte, wenn ich meine Mutter begleiten durfte“, erinnert
sich der heute 32-Jährige. Dann marschierte der Dreikäsehoch immer
gleich zu den Mühlenarbeitern, denen er mit leuchtenden Augen zusah, wie
sie geschäftig hantierten. Besonders faszinierten ihn die Gerüche –
Mohn, Walnuss, Traubenkerne oder was auch immer gerade verarbeitet
wurde. Wenn er dann sogar noch etwas helfen durfte, war das Glück für
den kleinen Jochen perfekt. Heute ist er Assistent der Geschäftsführung,
wird die Mühle aber bald gemeinsam mit seiner Schwester Sylvie
übernehmen.
„Ölmüller als Ausbildungsberuf gibt es, meines Wissens, gar nicht mehr“, erklärt Jochen Hättig. Er selbst ist von Haus
aus Landschaftsarchitekt. Aber da er als Gymnasiast regelmäßig in der
Mühle jobbte, hat er die Arbeit dort von der Pike auf gelernt. Als seine
Mutter 1998 Geschäftsführerin wurde, stand er kurz vor dem Abitur und
erklärte spontan: „Da will ich auch mal einsteigen.“
„Es spukte mir immer im Kopf herum, aber erst wollte ich etwas eigenes machen“,
erzählt der Oberkircher. Er wollte sich mit Pflanzen und Umweltschutz
beschäftigen und entschied sich für Landschaftsarchitektur. Nach einer
praktischen Ausbildung schloss er ein Studium mit der zweiten
Vertiefungsrichtung Landschaftsplanung an. Zentrales Thema für Jochen
Hättig war und ist der Einklang zwischen Ökonomie, Belangen der Umwelt
und der Bevölkerung in der Region. So erzeugt die Mühle ihren eigenen
Strom, verarbeitet Naturprodukte und die Rückstände aus den Pressungen
können beispielsweise als Düngemittel verwendet werden. „Wir haben
keinen Abfall“, betont er.
Nach dem Studium arbeitete Jochen Hättig drei Jahre in einem Landschaftsbauunternehmen, war dort als Planer für Privatgärten zuständig und lebte in Nürnberg. Dort erreichte
ihn der Anruf seiner Mutter Brigitte, die sich langsam aus der
Geschäftsführung der Mühle zurückziehen wollte und anfragte, ob der Sohn
wirklich ernsthaftes Interesse daran habe, in ihre Fußstapfen zu
treten. Inzwischen verheiratet und Vater eines kleinen Sohnes, sagte
Hättig aber nicht sofort ja, sondern dachte über den Schritt mit seiner
Ehefrau Sonja gründlich nach.
Die Mühle besteht seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Ein solches Traditionsunternehmen zu führen, ist eine große Verantwortung, zumal darin nicht nur die Familienmitglieder
arbeiten, sondern auch drei festangestellte Mitarbeiter und sechs
Teilzeitkräfte. Außerdem fühlte sich das Paar in Nürnberg sehr wohl.
Doch nach zwei Monaten reiflicher Überlegung war der Entschluss gereift:
Wir ziehen nach Oberkirch. „Meine Eltern haben sich riesig gefreut,
wären mir aber auch nicht böse gewesen, wenn ich abgelehnt hätte“, weiß
Jochen Hättig.
Seit April 2011 ist er nun wieder im Renchtal und wird bald mit seiner Schwester die ganze Verantwortung tragen. Wer eine
Ölmühle betreibt, muss sich um unzählige Dinge kümmern: Beschaffung der
Samen und Ölfrüchte, Produktion, Vermarktung, Verkauf und vieles andere
mehr. In der Ölmühle Walz wird das Öl immer noch auf traditionelle Art
in absoluter Handarbeit gewonnen. „Es ist das schonendste Verfahren“,
erklärt der Oberkircher. Auf diese Art bleiben die wertvollen
Inhaltsstoffe erhalten.
Wie zu seiner Zeit als Gymnasiast springt Jochen Hättig auch bei der schweren Arbeit ein, schleppt Säcke
und schwere Pressplatten. „Ich brauche diese körperliche Arbeit, sonst
kann ich nachts nicht schlafen“, sagt er lachend. Der Betrieb fasziniert
ihn nach wie vor. Wenn er sein Reich zeigt, die Abläufe erklärt und von
den gewonnenen Ölen schwärmt, leuchten seine Augen immer noch. Sein
Söhnchen Jonathan ist mit seinen dreieinhalb Jahren übrigens ebenfalls
lieber in der Mühle als im Kindergarten. Und wie er seinem Papa schon
erklärte: „Ich will auch mal eine Mühle haben!“
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